"Ich wollte eine magische Welt aus Bildern und Poesie erschaffen, die sich an eine neue Generation von Kindern richtet." | 09.09.2020
Eine wilde Symphonie ist Ihr erstes Bilderbuch! Können Sie uns etwas darüber erzählen?
Als Kind liebte ich die Bilderbücher von Dr. Seuss mit ihren verrückten Figuren und lustigen Gedichten. Mit Eine wilde Symphonie wollte ich eine ähnliche magische Welt aus Bildern und Poesie erschaffen, die sich an eine neue Generation von Kindern richtet, und ich hoffte, damit auch noch einen Schritt weiterzugehen. Es ist ganz klar ein Bilderbuch zum Vorlesen, doch es hat auch einen überraschenden musikalischen Twist. Für jedes Tier in der Geschichte habe ich ein eigenes und modernes klassisches Musikstück komponiert – eine kurze, lustige Komposition, die den besonderen Charakter des jeweiligen Tieres widerspiegelt. Und mithilfe einer aufregend neuen Technik ist es möglich, die Musik beim Lesen der Gedichte und Betrachten der Bilder abzuspielen, um so ein umfassendes Erzähl- und Leseerlebnis zu schaffen.
Musik spielt in diesem Buch eine äußerst wichtige Rolle. Wann und wie ist Ihre Leidenschaft für Musik entstanden?
Ich bin mit klassischer Musik aufgewachsen. Meine Eltern waren ausgebildete Musiker, die sich dazu entschlossen, keinen Fernseher zu haben, also spielte ich stattdessen Klavier, sang in Chören und besuchte zahlreiche Konzerte. Musik war für mich als Kind ein geheimer Zufluchtsort. Sie beruhigte mich, wenn ich frustriert war, sie war eine vertraute Freundin, wenn ich mich allein fühlte, sie half mir, meine Freude auszudrücken, wenn ich glücklich war, und das Beste: Sie weckte meine Kreativität und meine Vorstellungskraft. Noch heute spiele ich jeden Tag Klavier – meist nach einem langen Tag des Schreibens.
Eine wilde Symphonie hat eine eigene App, mit der man die Musik, die mit jeder Seite verknüpft ist, abspielen kann. Warum war Ihnen dieser Zusatz wichtig, und wie funktioniert die App?
Ich wollte ein Buch erschaffen, das Kinder dazu ermutigt, die Kraft (und den Spaß!) zu erleben, die klassische Musik einem geben kann. Mithilfe der App und einer Form von Augmented Reality kann man beim Lesen von Eine wilde Symphonie auf „magische“ Weise zu jedem Tier ein Stück abspielen – ganz gleich, ob die Musik fröhlich und spaßig ist wie bei den Springenden Kängurus, nachdenklich und ruhig wie beim Unglaublichen Wal oder verrückt und lustig wie bei den Tanzenden Wildschweinen oder den Fleißigen Käfern. Darüber hinaus ist die Musik auch über verschiedene Streaming-Dienste zugänglich, sodass Kinder sie überall, und wann immer sie wollen, hören können. Idealerweise soll das Buch dabei helfen, die Wertschätzung von klassischer Musik auch bei einer jüngeren Generation zu fördern.
Derart vielschichtige Bilderbücher sind sehr selten! Wie haben sich Erzählung, Kunst und Musik weiterentwickelt, während Sie das Buch geplant haben?
Ich liebe vielschichtiges Erzählen, und meine Romane versuchen immer verschiedene Themen miteinander zu verknüpfen. Mit diesem Buch wollte ich unbedingt darauf aufbauen und ein wahrhaft vielschichtiges Leseerlebnis schaffen, indem ich drei verschiedene Sprachen zeitgleich verwende: die Sprache der Kunst, der Musik und der Poesie. So wie eine Oper ihre Zuhörer einfängt, indem sie ihnen wunderschöne Sätze, dramatische Musik und lyrisches Drama präsentiert, will auch Eine wilde Symphonie ein Fest für Augen, Ohren und Geist gleichzeitig sein.
Das ist so ein einzigartiges Projekt. Wie ist die Idee dazu entstanden?
Ich habe schon immer gern Musik gemacht und komponiert. Vor ein paar Jahren ging ich einmal in der Nähe eines Sumpfes spazieren und hörte verschiedene Arten von Fröschen, die offenbar gemeinsam ein Lied sangen – Feuerkröten, Laubfrösche, Ochsenfrösche –, und es klang wie eine klassische Fuge für mich. Als ich wieder zu Hause war, komponierte ich ein kleines Stück namens Glückliche Frösche und schrieb ein passendes Gedicht dazu. Ich liebte diesen kreativen Prozess so sehr, dass ich einfach weitermachte. Zwanzig Tiere später war Eine wilde Symphonie geboren!
Haben Sie eine Lieblingsfigur in Eine wilde Symphonie?
Es ist leicht, gute Laune zu bekommen, wenn man den Springenden Kängurus oder den Tollpatschigen Kätzchen zuhört, aber mein persönlicher Liebling ist der Schwan. Als Autor verbringe ich sehr viel Zeit allein, und ich empfinde diese Einsamkeit als sehr erfüllend. Wir leben heutzutage in einer digitalen Welt, in der wir alle das Gefühl haben, über unsere elektronischen Geräte ständig miteinander verbunden sein zu müssen. Und der Schwan erinnert einen daran, wie wichtig es ist, auch Zeit mit sich selbst verbringen zu können.
Warum ist es so wichtig, Kindern schon in jungen Jahren Musik nahezubringen?
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Musik schon in jungen Jahren dafür sorgen kann, die Kreativität, die Konzentration und die emotionale Intelligenz bei Kindern zu fördern. Meine Eltern haben mich schon sehr früh mit ganz viel Musik in Kontakt gebracht (selbst als ich noch im Mutterleib war), und ich glaube, dass das sehr geholfen hat, meine Vorstellungskraft und Kreativität zu fördern, und beides war für mich in meinem späteren Leben ausgesprochen wichtig.
Wie hat Musik Ihr Leben beeinflusst?
Meine Mutter war Organistin in der Kirche, und sonntagsmorgens saß ich immer neben ihr und blätterte für sie die Noten um. Ich erinnere mich noch gut an die wundervolle Verbindung, die ich spürte, als ich der Musik auf dem Papier folgte und auf den richtigen Moment wartete, um die Seite umzublättern. Mein Vater sang den Tenor in einem Close-Harmony-Quartett, und ich erinnere mich daran, wie ich ihm bei den Proben zuhörte und erstaunt war, dass nur vier Stimmen solche komplizierten und schönen Harmonien erschaffen konnten. Im Laufe meines Lebens habe ich gelernt, dass Musik tatsächlich eine universelle Sprache ist; Rhythmen und Melodien berühren uns alle auf eine ähnliche Weise, egal welche Nationalität wir haben, welches Geschlecht, welche Kultur oder welches Alter.
In diesem Buch soll es auch einige Rätsel geben. Können Sie uns etwas darüber erzählen?
Als Kind habe ich Rätsel geliebt – jede Art von Rätsel. Möglicherweise liegt das daran, dass meine Eltern sich am Weihnachtsmorgen immer Rätsel für mich ausgedacht haben, die ich lösen musste, um meine Geschenke zu finden. Diese frühen Schatzsuchen und Spiele haben wohl meine Liebe fürs Rätsellösen geweckt, und die möchte ich durch Eine wilde Symphonie mit anderen teilen. Deshalb habe ich auf jeder Seite Buchstaben in den Bildern versteckt, die der Leser entdecken und entschlüsseln kann, um den Namen eines Musikinstruments herauszufinden. Außerdem gibt es eine kleine Hummel, die sich gern an lustigen Orten versteckt (z.B. im Nasenloch eines Wildschweins!). Und auch noch ein paar andere Codes und Geheimnisse habe ich über das gesamte Buch verteilt, aber ich werde nicht verraten, wo, denn dann würde ich ja nur den ganzen Spaß verderben.
Mit jedem Musikstück vermitteln Sie Ihren Lesern eine kleine Weisheit. Würden Sie ein paar mit uns teilen? Und gibt es welche, die Ihnen besonders wichtig sind?
Jedes Tier im Buch hält eine kleine Weisheit für den Leser parat – so was wie einen Rat fürs Leben. Diese Tipps sollen Kinder anregen, um über positive menschliche Eigenschaften nachzudenken – wie Mitgefühl, Geduld, Respekt, Selbstvertrauen, aber auch über größere Themen wie Achtsamkeit, Entschleunigung, Gemeinschaft und vor allem darüber, seinen eigenen Gefühlen treu zu bleiben. Am liebsten mag ich den Ratschlag der Fleißigen Käfer, die uns daran erinnern, dass wir uns neben all der harten Arbeit auch immer wieder Zeit zum Spielen nehmen sollten. (Daran arbeite ich noch immer.)
Was für eine Wirkung wird Eine wilde Symphonie auf junge Leser und ihre Familien haben?
Wir leben in einer Zeit der Kopfhörer und Ohrstöpsel, und Musik wird meist allein gehört. Meine Hoffnung ist, dass Familien das Buch gemeinsam genießen, entweder beim Lesen des Buches oder beim Hören der Musik, wenn sie nebenbei möglicherweise etwas ganz anderes tun. Und ein paar Familien kommen vielleicht auch zu einem der vielen weltweiten Live-Konzerte, die es von Eine wilde Symphonie geben wird.