Interview mit Jessica Firlej zu ihrem Buch "Im Namen der Venus" | 02.03.2023
Du bist erfolgreiche TikTokerin mit über 133.000 Follower:innen. In deinen Videos redest du über das, was dich als Frau beim Dating bewegt und sprichst aus, was andere vielleicht nur denken oder sich nicht trauen, den Männern direkt zu sagen. Jetzt greifst du den Männern mit deinem Buch „Im Namen der Venus“ unter die Arme und übersetzt für sie das, was Frauen ihnen sagen wollen. Wieso ist dir das ein Anliegen?
Um einen Krieg zwischen den Geschlechtern zu vermeiden. Dating ist ein Kampf geworden und da braucht es mehr denn je Verständnis und Humor bei der Partnersuche. Meine Message ist: Bemüht euch um eine offene Kommunikation, so vermeidet ihr Beziehungsstress. Männer haben es verlernt, die Signale von Frauen richtig zu deuten, und Frauen sagen nicht deutlich genug, was sie wollen und was nicht. Die Verunsicherung ist größer denn je. Daher rate ich allen, überlegt euch vorher: Wer bin ich? Was will ich? Will ich überhaupt eine Beziehung oder lieber nur unverbindlichen Sex? Ich möchte Frauen empowern – wobei: eigentlich Frauen und Männer –, Verantwortung zu übernehmen für das, was sie in Sachen Liebe wollen und tun.
Wie bist du zur Liebesexpertin geworden?
Nach dem Abi wollte ich eigentlich Schauspielerin werden. Ich fand die Vorstellung spannend, mehrere Leben neben meinem eigenen ausleben zu können. Ich habe mich an Schauspielschulen beworben, bin aber nicht genommen worden. Macht aber nichts: Heute habe ich als Influencerin auch mein Publikum, das mir zuhört. Zur Liebesexpertin bin ich durch schlechte Beziehungs-Erfahrungen geworden. Wäre in Sachen Liebe bei mir alles immer glatt gelaufen, hätte ich mich nie so sehr mit dem Thema und mir selbst beschäftigt. Mein Buch ist ein Mix aus eigener Erfahrung, Literatur, die ich dazu gelesen habe und unfassbar vielen Gesprächen. Menschen plaudern gern mit mir über dieses Thema. Das liegt sicher daran, dass mich alles rund um die Liebe ehrlich interessiert. Vielleicht studiere ich später Psychologie und werde Paar-Therapeutin.
In gewissem Sinne bist du das schon jetzt. Warum klappt es so oft nicht mit der ewigen Liebe?
In unserer heutigen Konsumgesellschaft konsumieren wir auch Menschen. Das finde ich unendlich schade, denn dadurch geht das Zusammenspiel der Seelen verloren, das die Liebe ja ausmacht. Aber natürlich sind oberflächliche Bekanntschaften für viele einfacher, da muss man sich nicht mit dem anderen auseinandersetzen – und auch nicht mit sich selbst.
Du selbst bist Single.
Ich bin 31 und bin, was mein privates Glück angeht, zwar entspannt, aber offen für die große Liebe. Natürlich habe ich mich nach gescheiterten Beziehungen oft gefragt: Liegt es an mir selbst? Was stimmt nicht mit mir? Ich habe deswegen auch eine Therapie gemacht, denn ich bin der Meinung, dass jeder seinen Dämonen auf die Schliche kommen sollte. Inzwischen weiß ich: Ich habe Beziehungen zu sehr in die Länge gezogen, war nicht selbstbewusst und stark genug, um die Sache frühzeitig zu beenden. Und das beobachte ich bei vielen: Wir halten oft viel zu lange an einer Beziehung fest, ohne zu prüfen, ob der Partner wirklich zu uns und unseren Wünschen passt – aus Angst, keinen mehr abzubekommen. Dadurch bleiben wir auch in toxischen Beziehungen.
Glaubst du nach wie vor an die Liebe?
Ja, ich glaube extrem an die Liebe, an Beziehungen, selbst wenn es immer wieder Rückschläge gibt, die einen frustrieren, selbst wenn man auf jemanden reinfällt, der es nicht ernst meint mit einem. Ich werde niemals aufgeben und bin sicher: Jeder kann am Ende des Tages einen Partner finden, mit dem es klappt.
Von was für einer Beziehung träumst du?
Ich möchte die Welt meines Partners kennenlernen und mich dort willkommen fühlen. Meine Checkliste für eine Traumbeziehung: „Beziehen“ wir uns aufeinander? Bin ich mir dessen bewusst, was meinen Partner verletzt, was ihm wichtig ist und was er braucht? Schmieden wir gemeinsame Pläne für die Zukunft? Kann ich ihn anrufen, wenn es mir schlecht geht? Kann ich mit ihm intim werden? Heißt: Mich mit ihm über Gedanken, Ängste, Pläne, Wünsche und Bedürfnisse austauschen? Fühle ich mich so sicher, dass ich weiß, ich kann mich auch mal danebenbenehmen und werde trotzdem geliebt? In einer Beziehung wird es zwangsläufig passieren, dass man sich auch mal enttäuscht, aber wollen beide einen Weg finden, das zu reparieren? Und: Mein Partner sollte mein bester Freund sein. Ich will mit ihm lachen können.
Wünschst du dir eine eigene Familie?
Ich weiß nicht, ob ich überhaupt Kinder möchte, da müsste sich der Mann schon vor mir auf die Knie werfen. Für ein Kind muss man als Team funktionieren. Meine Eltern haben sich scheiden lassen, da war ich sieben Jahre alt. Das war nicht leicht für mich. Ich habe einen kleinen Bruder, der auf die Welt gekommen ist, als ich 17 war, ich habe ihn gewickelt, auf ihn aufgepasst. Es fühlt sich ein bisschen so an, als wäre ich durch ihn schon mal Mama. Damals habe ich hautnah miterlebt, wie ein Kind eine Ehe auf die Probe stellen kann. Ein Kind ist definitiv keine Rettung für einen selbst oder die Beziehung, und deshalb muss man sich das gut überlegen.
Wie würdest du dein Rollenverständnis beschreiben?
Ich habe nichts gegen traditionelle Rollenverteilung, bin konservativ aufgewachsen und genieße es, meine weibliche und großherzige Seite in die Partnerschaft einzubringen. Wenn mein Partner mich bitten würde, ihm die Hemden zu bügeln, hätte ich damit kein Problem. Ich versuche einem Mann tatsächlich sehr entgegenzukommen, fordere das aber auch im Gegenzug ein. Wenn beide Seiten zufrieden sind und sich gegenseitig unterstützen und aufeinander eingehen, kann man Wunderbares zusammen aufbauen.