Merit Niemeitz - Autor
© Barbara Dietl

Autorin

Merit Niemeitz

Merit Niemeitz wurde 1995 in Berlin geboren und lebt noch immer dort, in einer Wohnung mit unzähligen Flohmarktschätzen, Pflanzen und Büchern. Seit ihrer Kindheit liebt sie Worte und schreibt ihre eigenen Geschichten. Während und nach ihrem Studium der Kulturwissenschaft arbeitet sie seit Jahren in der Buchbranche und möchte eigentlich auch nie etwas anderes tun.

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Interview

Merit Niemeitz im Interview zu ihrem neuen New-Adult-Roman "Delicate Dream" | 10.07.2024

Der erste Band deiner neuen Reihe, Delicate Dream, erscheint am 23. Juli und erzählt von Odell Evergreen, dem Erben eines alteingesessen Parfümimperiums. Kannst du in drei Sätzen beschreiben, was deine Leser:innen erwarten wird?Wie das Setting schon verrät, geht es in der Reihe natürlich viel um Düf...

Der erste Band deiner neuen Reihe, Delicate Dream, erscheint am 23. Juli und erzählt von Odell Evergreen, dem Erben eines alteingesessen Parfümimperiums. Kannst du in drei Sätzen beschreiben, was deine Leser:innen erwarten wird?
Wie das Setting schon verrät, geht es in der Reihe natürlich viel um Düfte und Parfüms – darum, sie zu kreieren und zu verkaufen, aber vor allem auch darum, die Magie hinter dieser einzigartigen Kunstform zu verstehen. Jeder Band lebt darüber hinaus nicht nur von einer eigenen romantischen Liebesgeschichte, sondern auch auf unterschiedliche Weise von Geschwisterbeziehungen und der Bedeutung von Familie generell – also von Liebe in allen möglichen Facetten. So zeitüberdauernd, wie Evergreen Empire als Unternehmen sind dabei auch die Geschichten: Sie verbinden Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und stellen immer wieder die Frage, wie diese Ebenen miteinander verknüpft sind – was vom Damals muss man loslassen, um das Jetzt genießen zu können, was davon darf man fürs Morgen behalten?

Wie kam es zu der Idee für dieses ausgefallene Setting?
Mich hat von Anfang an ganz besonders der Gegensatz fasziniert, den ein solches Imperium mit sich bringt. Natürlich ist das Geschäft rund ums Parfüm eine kopfkalkulierte, rational strukturierte Angelegenheit, aber das ändert nichts daran, dass sein Kern – die Düfte selbst – etwas Hochemotionales ist. Es gibt schließlich gute Gründe dafür, dass Riechen als der Sinn gilt, der am engsten mit unseren Gefühlen, Erinnerungen und dem Unterbewusstsein verknüpft ist. Dieser Kontrast aus kühler Geschäftswelt und empfindungsgesteuerter Duftwelt bietet in meinen Augen viel Spielraum für interessante Charaktere, komplexe Beziehungen und die Möglichkeit, eine weitere, tiefgehende Bedeutungsebene in Liebesgeschichten einzuflechten.
Im Buch spielen Gerüche und Duftnoten eine zentrale Rolle. Hast du eine besondere Verbindung zu diesem Thema? Wie hast du dafür recherchiert?
Ich habe Düfte schon früher als etwas sehr Interessantes wahrgenommen. Meistens denken wir gar nicht darüber nach, wie stark uns Gerüche beeinflussen – eben auch, weil sie oftmals unterbewusst wirken. Das fand ich schon immer spannend, habe das Wieso dahinter aber auch erst so richtig begriffen, als ich mit der Recherche angefangen habe.
Dafür habe ich viele Bücher gelesen, sowohl zum Parfümwesen als auch zu der Psychologie hinter Düften generell. Außerdem habe ich mir einige Dokumentationen angesehen, die visuelle Einblicke in diese Welt geben, und war zum Beispiel in Paris in einem Parfümmuseum. Ich kann ehrlich sagen, dass die Recherche für diese Reihe mein Verständnis für die Welt und mich selbst sehr bereichert hat.
Nach deinem Erfolg beim LYX-Pitch hast du 2022 mit No Longer Yours dein erstes Buch bei LYX veröffentlicht. Wie fühlt es sich für dich an, mit Delicate Dream nun eine ganz neue Reihe zu beginnen?
Der Abschied von einer Reihe, die einen so lang begleitet und das eigene Leben nachhaltig geprägt hat, ist natürlich nie ganz leicht. Für mich fühlt es sich aber nicht wie ein endgültiger Abschluss an, eher so, als würde ich eine Tür anlehnen, um durch eine andere zu treten – das bedeutet ja nicht, dass die Geschichten dahinter nicht noch weitergehen.
Evergreen Empire ist vom Setting und der Ausgangslage her etwas ganz anderes als die Mulberry Mansion, gleichzeitig hat sich diese neue Welt für mich von Anfang an sehr vertraut angefühlt. Ich hoffe natürlich, dass das den Lesenden auch so geht.
Wie auch bei Mulberry Mansion sind die Orte der Handlung und ihre Atmosphäre sehr prominent, und du beschreibst sie mit großer Liebe zum Detail. Hast du eine bestimmte Vorgehensweise, um solche Orte beim Schreiben zu konstruieren?
Für mich ist Atmosphäre so wichtig, um beim Schreiben wie auch beim Lesen ganz in der Geschichte versinken und mitfühlen zu können. Die Empfindungen und Gedanken von Menschen sind ja immer auch geprägt von der Umgebung, in der sie sich bewegen – ebenso wie ihre Wahrnehmung dieser Umgebung davon geprägt ist, wie sie selbst ticken.
Ich arbeite in der Vorbereitung viel mit dem Zusammenstellen von Moodboards, dem Hören von Musik, die mich in die richtige Stimmung versetzt, und dem Ansehen von Filmen, die einen Vibe versprühen, den ich mir auch vorstelle. Anschließend verbringe ich viel Zeit damit, die Orte gedanklich auszumalen, bis ich sie aufschreibe. Dabei gebe ich mir immer Mühe, ein Setting nie nur visuell zu begreifen, sondern mit allen Sinnen zu erkunden und vor allem für andere erkundbar zu machen. Schreiben bedeutet letztlich ja, in eine Welt hineinzuschlüpfen, die nur in mir selbst existiert – und dann zu versuchen, anderen genau denselben Zugang zu ihr zu verschaffen.
Am Anfang des Buches erzählt Emmeline welcher Ort sie wäre. Wie sieht es bei dir aus? Welcher Ort wärst du?
Womöglich schreibe ich so gern über ein bisschen eigenwillige Anwesen, weil ich mich ihnen verbunden fühle. Ich stelle mir gern vor, dass ich ein verwinkeltes Haus mit vielen Zimmern wäre, die ich nicht mal selbst schon alle geöffnet habe – vielleicht, weil sich hinter jeder Tür eine neue Geschichte verbirgt, von denen ich noch nicht alle kenne. Das Innere wäre ein Sammelsurium aus diversen Erinnerungsstücken, die anderen unwichtig erscheinen, für mich aber Bedeutung haben. Ein gemütliches Chaos.
Odell kämpft viel mit Erwartungen, die ihm andere, aber vor allem er sich selbst auferlegt hat. Wie war es für dich darüber zu schreiben?
Eigentlich erschreckend einfach, weil mir vieles davon bekannt vorgekommen ist. Der Wunsch, andere nicht zu enttäuschen, ist wahrscheinlich grundsätzlich etwas sehr Menschliches. Natürlich bedeutet er aber auch permanenten Druck, den man auf Dauer unmöglich aushalten kann. Vielleicht ist es manchmal auch einfach leichter, sich auf die Erwartungen anderer zu konzentrieren, statt sich darüber klar werden zu müssen, was man für sich selbst möchte. Insbesondere, wenn man dafür Dinge tun müsste, die von anderen nicht verstanden oder begrüßt werden würden. Odells Geschichte hat auch dabei geholfen, mir klarzumachen, wie wichtig es ist, dass man dieses Leben für sich selbst lebt. Dafür muss man sich manchmal eben auch trauen, seine eigenen Wünsche und Gefühle über die Meinung oder Erwartungen anderer zu stellen.
Zwischen Odell und Emmeline herrscht eine spürbare Spannung. Was macht ihre Beziehung zueinander so besonders?
Emmeline und Odell haben sich als Kinder kennengelernt und sind miteinander aufgewachsen, sie haben sich also über eine lange und prägende Zeitspanne hinweg begleitet und waren sich – bis zu ihrem Zerwürfnis – immer sehr vertraut. Dadurch kennen sie das reine Ich des jeweils anderen und können es von dem unterscheiden, was sie nur anderen zuliebe aus sich gemacht haben oder glauben, sein zu müssen.
Für mich war es von Anfang an schwierig, ein passendes Wort für die Beziehung der beiden zu finden, weil sie so viel sind, vor allem aber »mehr«: mehr sie selbst als sie es allein oder mit allen anderen sind. Ich glaube, wenn man den Kern eines anderen Menschen auf diese Art kennt, versteht und liebt, ist das die purste Form von Liebe – unabhängig von der Bezeichnung, die man dafür wählt.
Und eine letzte Frage: wenn die Bände dieser Reihe Parfüme wären, welche wären sie?
Delicate Dream wäre auf jeden Fall ein sehr sanftes, sinnliches und blumiges Parfüm, das eine verträumte Sommerleichtigkeit vermittelt, trotzdem aber auch eine gewisse Schwermut in sich trägt. Die Herznote bestünde definitiv aus Nachtviolen. Pure Promise wäre passend zu seinen Charakteren um einiges frischer, lebhafter und spritziger. In der Herznote dieses Parfüms wäre trotzdem etwas Blumiges, nämlich Tagetes, ebenjene Studentenblume, von der Marigold ihren Namen hat. Eternal Ending als Parfüm wäre etwas holziger, würziger und wärmer als seine Geschwisterbände. Ich glaube, es würde riechen, wie sich Samt anfühlt: schwer und weich, ohne zu erdrücken. Als Herznote dieses Dufts würde ich die Mairose wählen.
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