Autor

Norman Stark

Norman Stark ist das Pseudonym eines erfolgreichen Autors, der vor allem für zahlreiche deutschsprachige TV-Produktionen als Head-Autor, Storyliner, Plot-Entwickler und Drehbuchautor tätig ist. Er lebt gemeinsam mit seinem Partner in Köln und kennt sich in der bunten schwulen Welt bestens aus.

Interview

"Schwule gibt es überall: in Köln, in Buxtehude und vielleicht irgendwann auch mal auf dem Mond." | 09.06.2015

Die schwulen Zwillingsbrüder Colin und Tom sind die Protagonisten von "different boys". Worum genau geht’s in der Serie?Tom und Colin sind Zwillinge. Und sie sind beide schwul. Aber da enden auch schon die Gemeinsamkeiten. Colin hält Monogamie für den größten Betrug an der Menschheit und stürzt sich...

Die schwulen Zwillingsbrüder Colin und Tom sind die Protagonisten von "different boys". Worum genau geht’s in der Serie?
Tom und Colin sind Zwillinge. Und sie sind beide schwul. Aber da enden auch schon die Gemeinsamkeiten. Colin hält Monogamie für den größten Betrug an der Menschheit und stürzt sich von einem erotischen Abenteuer ins nächste. Sein Job als Flugbegleiter führt ihn dabei rund um die Welt zu den angesagtesten Gay-Hot-Spots und heißesten Kerlen. Tom ist eher ortsverbunden und hat in Köln seinen eigenen Designladen eröffnet. Doch zwischen all den schönen Accessoires vermisst er eins mehr als alles andere: den perfekten Mann fürs Leben. Das ist die Mischung, aus der in den sechs Folgen eine Menge Witz, Drama und Romantik entsteht – eben Gay Romance.
Was macht Colin und Tom so sympathisch?
Die Persönlichkeiten der beiden Zwillinge stehen für die gegensätzlichen Facetten, die wir in uns allen spüren. Auf der einen Seite der abenteuerlustige, extrovertierte Colin. Auf der anderen Seite der häusliche, introvertierte Tom. In unterschiedlichen Ausprägungen können wir etwas von Tom und Colin in uns allen finden. Sie stehen für die zwei Seelen, die in unserer Brust schlagen. Und wir können nachvollziehen, warum zwischen ihnen ab und zu die Fetzen fliegen, sie sich am Ende jedoch immer wieder zusammenraufen und einander helfen.
Welchen von Beiden würden Sie selbst lieber Daten oder mit wem wären Sie privat wohl besser befreundet – mit Colin oder mit Tom?
Ich haben meinen Mann fürs Leben schon gefunden, daher kann ich den beiden leider kein Date anbieten. Aber ich könnte mir gut vorstellen, mit ihnen befreundet zu sein. Mit Tom könnte man ausgiebig durch Museen schlendern oder ins Theater gehen, während Colin eher die Anlaufstelle zum Partymachen und Abtanzen wäre.
Gibt es Vorbilder aus dem wahren Leben für die Charaktere in "different boys"?
Tom, Colin und ihre Freunde existieren zwar nicht in der Realität, aber ich habe mich schon von den vielen Menschen, die mir in meinem Leben begegnet sind, inspirieren lassen, um glaubwürdige und vielschichtige Charaktere zu entwickeln.
Wie haben Sie die Welt von "different boys" entworfen? Und was hat Sie beim Schreiben, beim Ausgestalten von Figuren und Geschichten, beeinflusst?
Die Zwillinge sind in Köln zu Hause – genau wie ich. Und Köln ist eine pulsierende und lebensfrohe Stadt, in der immer wieder faszinierende und überraschende Dinge erlebt, wenn man ausgeht, sich mit Freunden trifft oder einfach nur durch die Straßen läuft. Diese kleinen und großen Geschichten sind die Puzzlesteine, aus denen ich die Welt von Tom und Colin zusammengesetzt habe.
(Warum) fehlt es in Deutschland an Literatur speziell für Homosexuelle?
Auch Schwule hatten immer das Bedürfnis, ihre Geschichten und Erfahrungen niederzuschreiben. Man sagt Schwulen ja nach, sie hätten eine künstlerische Ader. Somit gibt es schon ein Buchsegment mit schwulen Themen. Doch viele ranken sich noch um problembehaftete Erfahrungen durch gesellschaftliche und gesetzliche Unterdrückung, HIV und AIDS oder sie ironisieren das schwule Leben mit überzeichneten Klischees. Klar: bis zur vollkommenen Gleichberechtigung ist es noch ein weiter Weg, HIV ist bis heute eine unheilbare Infektion und man muss auch über sich selbst lachen können. Aber es gibt heutzutage auch glücklicherweise die andere Seite: die Möglichkeit, als Schwuler ein Leben zu führen, in dem die sexuelle Orientierung keine größere Rolle spielt als die Haarfarbe oder der Musikgeschmack. Und das schenkt uns die Freiheit, fröhliche und romantische Geschichten aus einer schwulen Perspektive zu erzählen – so wie die "different boys".
Bestimmt haben schon ein paar Freunde vorab in die Geschichten um Colin und Tom reinlesen dürfen – wie waren die ersten Reaktionen?
Ich wollte den Leserinnen und Lesern ja nicht schon die ganzen Überraschungen verraten und habe nur ganz wenigen einen Vorgeschmack auf die "different boys" gegeben. Colin und Tom durchstreifen in den sechs Folgen jedoch alle Höhen und Tiefen des schwulen Lebens und ich wünsche mir, dass sich alle dort auch ein Stückweit wiederfinden und Spaß an den Abenteuern der Twins haben.
Was braucht eine Story unbedingt, um bei Schwulen gut anzukommen? Gibt es da Genre-typische Elemente, die auf keinen Fall fehlen dürfen? Oder muss man sich als Autor von Stereotypen unbedingt fernhalten?
Schwule brauchen weder eine geheime Rezeptur, noch besondere Zutaten, damit ihnen eine Geschichte gefällt. Die Bausteine jeder Story sind immer starke, authentische Charaktere, die die Leserinnen und Leser in ihren Bann ziehen, und deren vielschichtige Persönlichkeit so viel Kraft in einen dramaturgischen Plot bringt, dass er auch über sechs Folgen nicht an Schwung verliert. Stereotype bergen immer ein Körnchen Wahrheit und sind ein tolles Mittel, um Figuren ein klares Profil zu geben. Aber trotzdem muss sich ein bestimmtes Verhalten schlüssig aus der Biographie eines Charakters erklären, sonst wirkt es aufgepfropft und platt.
Mit Colin jetten wir in der Serie an die coolsten Gay-Hot-Spots – klingt nach angenehmer Recherche…?
Ja, es war herrlich! Und das Tollste: Ich kann die ganzen Reisen von der Steuer absetzen. Nein, Spaß beiseite… Mein Mann und ich reisen gerne, aber so ein Frequent-Flyer-Dasein wie Colin führen wir dann doch nicht. Außerdem schreibt sich eine sechsteilige Buchreihe nicht wirklich optimal auf einem Klapptisch im Flugzeug, sondern viel besser zu Hause am Schreibtisch. Colins Abenteuer rundum den Globus habe ich aus eigenen Reiseerlebnissen sowie denen von Bekannten und Freunden zusammengetragen und am Ende alles mit etwas Fantasie auf Colin zugeschnitten.
Bislang haben Sie vor allem Drehbücher geschrieben. War es schwierig, für "different boys" sich nun auf ein neues Parkett zu wagen?
Als Drehbuchautor lernt man, die Gedanken und Gefühle der Figuren durch Dialoge und Metaphern an die Oberfläche zu holen. In einem Buch ist das Spektrum der Möglichkeiten, in die Figuren hineinzuschauen, viel breiter. Man kann Gedanken und Gefühle beschreiben und so tiefer in das Innenleben eines Charakters eintauchen. Das war schon eine Umstellung. Aber andererseits empfand ich es beim Entwickeln des Plots und der Handlung eher hilfreich, bereits als Drehbuchautor gearbeitet zu haben, weil es in dem Job darauf ankommt, immer einen klaren Fokus auf die Geschichte zu halten und nicht in Details abzuschweifen.
Köln feiert sich gern als Schwulenhauptstadt, spielt die Serie deshalb genau da? Oder hätte das Setting auch genau so Buxtehude sein können?
Schwule gibt es überall: in Köln, in Buxtehude und vielleicht irgendwann auch mal auf dem Mond. Aber das Umfeld prägt das Leben eines Menschen. Köln feiert gerne und IST die Hauptstadt der Schwulen, Lesben und aller anderen Menschen, deren Gender-Identität nicht ins klassische Männer/Frauen-Schema passt. Nirgendwo sonst gibt es so ein dicht gewebtes Netz zwischen den Menschen innerhalb der Community, das sich weit über das Kneipen- und Nachtleben hinaus erstreckt. Ob Sport, Kultur oder Business: überall ist die LGBT-Community präsent. Daher ist Köln die perfekte Spielfläche, um eine Gay-Romance-Reihe zu erzählen.
Zunächst ist die Serie auf 6 Folgen angelegt. Bleibt es dabei oder soll es mehr Geschichten über Colin und Tom geben – oder vielleicht lernen wir noch mehr "different boys" kennen in einer weiteren Gay Romance-Serie?
Das Leben von Tom und Colin geht selbstverständlich auch nach den sechs Folgen genauso aufregend weiter. Zu Weihnachten wird es ein Wiedersehen mit den Zwillingen und ihren Freunden geben. Und auch von Colin werden wir noch einige heiße Abenteuer zu lesen bekommen. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Markt für Gay Romance in den nächsten Jahren weiter wächst. Je selbstbewusster die Community ihr Recht einfordert, ihre Liebe auch offiziell durch die "Ehe für alle" anerkennen zu lassen, desto größer wird auch der Wunsch, romantische Geschichten aus der Sicht von Schwulen zu lesen.
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