Autor

Tom Roth

Tom Roth lebt nahe der Küste und liebt die Berge. Er arbeitete als Journalist, TV-Experte, Dozent und ist heute tätig als Rechtsanwalt und Notar. An der Universität forschte er zum Thema Klimawandel und CO2-Zertifikate. Seine bislang unter anderem Namen veröffentlichten Thriller sind weltweit übersetzt und erfolgreich.

Interview

„Man kann nicht über Klimaschutz schreiben, und dann an den Grenzen Deutschlands haltmachen“ | 17.12.2020

In Ihrem Thriller „CO2 – Welt ohne Morgen“ geht es um ein hochaktuelles und zugleich existentielles Thema – den Klimawandel. Zwölf Kinder aus zwölf Nationen werden aus einem internationalen Klima-Camp entführt. Die Entführer drohen damit, jede Woche vor laufenden Kameras eines der entführten Kinder ...

In Ihrem Thriller „CO2 – Welt ohne Morgen“ geht es um ein hochaktuelles und zugleich existentielles Thema – den Klimawandel. Zwölf Kinder aus zwölf Nationen werden aus einem internationalen Klima-Camp entführt. Die Entführer drohen damit, jede Woche vor laufenden Kameras eines der entführten Kinder zu töten, sollten ihre Forderungen zum Klimaschutz von der internationalen Staatengemeinschaft nicht erfüllt werden. Wie weit darf man gehen, um dem Erreichen eines „guten“ Zieles zu dienen?
Der Klimawandel ist das dominierende Thema bei den 14- bis 28-Jährigen. Besonders in dieser Altersgruppe herrscht sowohl Angst um unseren Planeten als auch konkret um die eigene Zukunft.
Es gibt ja die Redewendung, „Der Zweck heiligt die Mittel“. Ein solcher Satz ist in der Geschichte der Menschheit allerdings schon häufig als Rechtfertigung für allerlei Grausamkeiten missbraucht worden. Tatsächlich müssen Zweck und Mittel stets sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Es liegt allerdings in der Natur der Sache, dass unterschiedliche Interessensgruppen hier zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, gerade wenn bestimmte Ideologien im Spiel sind, und das ist der Bereich, wo Thriller, wie meiner, stattfinden.
Ihr Thriller heißt im Untertitel „Welt ohne Morgen“. Hat unsere Welt, wie wir sie kennen, keine Zukunft?
Wie die Zukunft aussieht, weiß ich nicht und mein Buch malt diesbezüglich auch keineswegs ein düsteres Bild. In meinem Thriller geht es aber um eine Gruppe von Menschen, die offenbar bereit ist, alles zu tun, um den Klimawandel zu stoppen. Diese Menschen rechtfertigen ihre Taten damit, dass wir, wenn wir jetzt nicht massiv handeln, in einer „Welt ohne Morgen“ leben werden. Die Frage ist aber nicht, ob unser Planet das am Ende alles übersteht, sondern ob wir als Menschheit den Klimawandel überleben werden. Unsere Mutter Erde kann auch ohne uns weiter existieren.
Welche Position nehmen Sie beim Thema Klimawandel ein?
Tatsächlich scheint das Thema Klimawandel immer mehr zu einer Glaubensfrage zu werden. Die einen glauben an einen Klimanotstand auf unserem Planeten und gehen auf die Straße, die anderen halten das alles für übertrieben. Zum Teil ist dies leider auch ein Generationskonflikt. Die globale Erderwärmung ist aber keine Meinung, sondern ein Fakt. Klimawandel ist etwas, was wissenschaftlich belegt werden kann. Insofern sollten wir wohl besser nicht weiter darüber streiten, ob es überhaupt einen Klimawandel gibt, sondern, was wir dagegen tun können.
Ihr Roman führt den Leser unter anderem nach Kanada, Deutschland, Schweden, Ostafrika und Australien. Haben Sie die Handlungsorte alle besucht?
Es gibt nichts Schöneres für einen Autor, als zur Recherche für ein Buch um die Welt zu reisen. Zu vielen Handlungsorten habe ich eine persönliche Beziehung. Die Erfahrungen, die ich bei meinen Recherchen mache, versuche ich an die Leser weiterzugeben. Erst reise ich, dann schicke ich die Leser auf Reisen. Bei diesem Buch war es aber so, dass der Klimawandel ein globales Problem ist. Man kann nicht über Klimaschutz schreiben, und dann an den Grenzen Deutschlands haltmachen. Daher war mir von Anfang an klar, dass dies ein internationaler Thriller wird.
Gibt es etwas, dass Sie bei Ihren Zukunftsbeschreibungen inspiriert hat? Woher haben Sie die Anregungen für technische Erfindungen und Geräte wie den Multicopter, die Projection-24Wall, den BetterMe, den PIA (Personal Intelligent Assistent) genommen?
Dies sind alles Ergebnisse meiner Recherchen, gewürzt mit einer Portion Fantasie. Es war das erste Mal, dass in einem Buch von mir Szenen in der Zukunft spielen, auch wenn es nur sehr wenige sind. Es ist also kein Science-Fiction-Buch. Für dieses Thema fand ich eine ergänzende Zukunftshandlung angemessen, schließlich geht es beim Klimaschutz ja um unsere Zukunft. Bislang habe ich für meine Bücher nur in der Vergangenheit recherchieren müssen, was ein ganz anderes Herangehen erfordert. Aber es macht einen riesengroßen Spaß, sich mit Studien zu beschäftigen, die wissenschaftlich fundiert orakeln, was in der Zukunft sein wird. Das inspiriert sehr.
In Ihrem Thriller spielt auch die Geschichte von Peter Pan eine Rolle. Was fasziniert Sie an dieser Figur?
Die meisten Menschen kennen die Figur Peter Pan. Dass die Geschichte von „Peter und Wendy“ von James Matthew Barrie stammt, weiß hingegen kaum jemand. Das zeigt, welche Strahlkraft diese Figur hat, die sogar ihren eigenen Schöpfer in den Schatten stellt. Peter Pan verkörpert als Märchenfigur die Unschuld und Sorglosigkeit der Kindheit, jene Sorglosigkeit, derer sich heute viele Teenager durch den Klimawandel beraubt fühlen. Gleichzeitig ist Peter Pan ein Kämpfer. Peter Pan selbst kommt in meinem Buch natürlich nicht vor, denn es ist ein extrem wirklichkeitsnaher Thriller, aber er wirft seinen berühmten Schatten auf eine der Hauptfiguren.
Eine Schlüsselfigur in Ihrem Buch ist der ehemalige Kriegsreporter Marc Behringer, der sich auf die Suche nach den entführten Kindern macht, unter denen sich auch seine Nichte Hannah befindet. Sehen Sie in Behringer eine Hauptfigur des Buches?
Marc Behringer ist ganz klar eine der Hauptfiguren. Er hält das Warten nicht länger aus und macht sich mit Hilfe seiner journalistischen Verbindungen auf die Suche nach seiner Nichte. Dabei kommt ihm seine Vergangenheit als erprobter Kriegsreporter zugute. Ein Job, an dem er beinahe zerbrochen wäre.
Welche Figur stellte beim Schreiben die größte Herausforderung für Sie dar?
Das waren mit Sicherheit Hannah und ihre Freunde. Es gibt wohl keine größere Herausforderung, als sich in den Kopf eines Teenagers zu versetzen (lacht). Im Ernst: Mir war wichtig, die Gedankenwelt der Jugendlichen möglichst realistisch darzustellen. Auch was die Sprache angeht. Hier habe ich mir fachmännischen Rat bei Familienmitgliedern geholt (lacht erneut).
Wie konzipieren Sie eine derart komplexe Story?
Dies erfordert genaue Planung, aber auch ein gutes Stück Intuition. Wenn man stets von einem Talent zum Schreiben spricht, sollte man den Blick vielleicht einmal weg vom eigentlichen Akt des Schreibens auch darauf lenken: die Fähigkeit, Geschichten zu konstruieren und diese beim Schreiben zu beherrschen. Ich denke, das macht einen guten Autor aus und ist genauso wichtig, wie mit Worten umgehen zu können. Das ist im Übrigen ein wenig wie Komponieren: Man erschafft viele kleine Werke und am Ende, wenn alles zusammenspielt, muss es harmonieren.
Wussten Sie von Anfang an, wie die Geschichte ausgehen wird, oder haben die Figuren ab einem gewissen Zeitpunkt eine Art Eigenleben geführt?
Ich gestehe meinen Figuren immer auch ein Eigenleben zu, dies macht sie erst lebensnah. Allerdings erlaube ich ihnen nicht zu bestimmen, wie die Geschichte endet. Dies sollte allein der Autor entscheiden.
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