Ich mag das Ruhrgebiet. Wenn ich mir überhaupt vorstellen könnte, in den Westen zu ziehen, dann wäre der Ruhrpott, ja gar Essen meine erste Wahl.
Ich sehe schon eure fragenden Gesichter. Wieso zur Hölle ...
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Ich mag das Ruhrgebiet. Wenn ich mir überhaupt vorstellen könnte, in den Westen zu ziehen, dann wäre der Ruhrpott, ja gar Essen meine erste Wahl.
Ich sehe schon eure fragenden Gesichter. Wieso zur Hölle denn Essen, wieso der Pott? Ganz einfach: Weil wir Vogtländer wie auch unsere Nachbarn, die Erzgebirgler mit dem Pott etwas gemeinsam haben: Unsere Bergbautradition. Bei Zeiten wurde uns im Musikunterricht das Steigerlied beigebracht, weshalb ich es beim Lesen vom ersten Teil von Eva Völlers Ruhrpottsaga mehr mitgesungen als gelesen habe. Und dann mag ich die Geradlinigkeit der Ruhrgebietler sowie ihren Dialekt. Da gibts ne Ansage direkt ins Gesicht, ohne viel Aufhebens. Nach Essen möchte ich auch mal, weil da eine gute Freundin wohnt, mit der ich zwar schon viel geschrieben, sie aber bisher leider nie persönlich getroffen habe und weil da eine meiner Lieblingsserien spielt: Der letzte Bulle. Ja, ich oute mich als großer Mick-Brisgau-Fan. 😁
Katharina, die Hauptprotagonistin im ersten Band von Eva Völlers Ruhrpottsaga sieht das etwas anders. Die will am liebsten wieder raus aus Essen. Denn die Stadt steht für sie vor allem für den Essengeruch, den ihre Schwiegermutter beim Kochen produziert, den Kohlestaub, der die Bettwäsche auf der Leine schwarz färbt und sich im Flur des Hauses absetzt und spießige Nachbarn, die über sie lästern, weil sie die geschminkte Schickse aus Berlin ist, die sie angeblich für was Besseres hält. Dabei will Kathi bloß unabhängig sein. Zu Ende des Krieges ist sie mit ihren beiden Töchtern aus Berlin geflüchtet und ist bei ihrer Schwiegermutter in Essen untergekommen. Ihr Mann gilt seit dem Krieg als vermisst und außer seiner Mutter Mine glaubt keiner mehr an eine Rückkehr. Kathi träumt von einem eigenen Laden, in dem sie ihre selbstgeschneiderten Kleider verkaufen kann und möchte sich und ihren Töchtern lieber heute als morgen ein Leben in Düsseldorf aufbauen, doch dann steht plötzlich Johannes, der Neffe ihres verschollenen Mannes vor der Tür und ihr Leben wird auf den Kopf gestellt.
Mir hat der erste Band der Ruhrpottsaga sehr gut gefallen. Eva Völler hat einen angenehmen Schreibstil und lässt es keine Sekunde langweilig werden. Der Roman ist voller unabsehbarer Wendungen, verbotener Liebe, Altnazis, die Stunk suchen und einer Menge Bergsteigerlatein. Ein wunderbarer historischer Roman über die 50er Jahre und die Nachkriegszeit im Ruhrpott. Ich freue mich schon sehr auf den zweiten Band.
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