Tag 2/12: Der Übersetzer

Rainer Schumacher

Übersetzer Rainer Schumacher
© Olivier Favre

Kurzbiografie

Rainer Schumacher, geboren 1966, hat Politikwissenschaft, Slawistik und Völkerrecht an den Universitäten Bonn und London studiert. Schon während seines Studiums begann er mit dem Übersetzen von Belletristik und ist diesem Beruf bis heute treu geblieben. Dabei hat er unter anderem solche Autoren wie Ken Follett, Dan Brown, Bernard Cornwell und David Baldacci übersetzt.

Übersetzer Dr. Dietmar Schmidt
© Olivier Favre

Kurzbiografie

Dr. Dietmar Schmidt, geboren 1963, studierte in Bonn Chemie und verlegte sich nach der Promotion auf die Übersetzung von SF und Fantasy für Bastei Lübbe und ging für ein Jahr als Postdoctoral Fellow in die USA. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland führte er die Übersetzertätigkeit weiter fort. 2007 bot Bastei Lübbe ihm eine feste Anstellung als Übersetzer an. Seitdem übersetzt er vor allem Thriller und historische Romane.

Können Sie sich noch an den ersten Roman von Ken Follett erinnern, den Sie gelesen haben?

RS: Oh ja. Das war "Die Nadel", und sowohl das Buch als auch die hervorragende Verfilmung mit Donald Sutherland zähle ich bis heute zu meinen Lieblingsbüchern bzw. -filmen.

DS: Ja, das war „Nacht über den Wassern“, ein historischer Thriller, der in den ersten Tagen des Zweiten Weltkriegs spielt.

Wie viele Romane von Ken Follett haben Sie bislang übersetzt?

RS: "Das Fundament der Ewigkeit" ist mein fünfter. Die anderen sind "Die Tore der Welt", "Sturz der Titanen", "Winter der Welt" und "Kinder der Freiheit", alle in Zusammenarbeit mit Dietmar Schmidt.

DS: Fünf halbe, da ich mir die Übersetzung stets mit Rainer Schumacher teile. „Die Tore der Welt“ war der erste. Die Arbeit daran liegt jetzt genau zehn Jahre zurück. Danach kam die Jahrhundert-Trilogie aus „Sturz der Titanen“, „Winter der Welt“ und „Kinder der Freiheit“. Und jetzt der neueste Roman, „Das Fundament der Ewigkeit“.

Verändert sich die Arbeits- und Herangehensweise, wenn man einen Autor und sein Werk so lange kennt?

RS: Die Antwort ist ein klares "Jein". Einerseits lernt man nach so vielen tausend Seiten einen Autor, seine Sprache und seinen Stil natürlich kennen und weiß dann auch so in etwa, was man zu erwarten und wie man mit den Dingen umzugehen hat. Andererseits ist es auch immer wieder neu. Das betrifft nicht nur das Setting, sondern vor allem auch die Charaktere, ihre Sprache und die Art, wie sie miteinander agieren. Besonders darauf muss man sich jedes Mal neu einstellen.

DS:Man kann vielleicht etwas besser abschätzen, was einen so erwartet, aber im Grunde nicht. Überrascht wird man im Laufe der Arbeit dennoch immer wieder, und das ist auch gut so.

Wie bereitet man sich auf die Übersetzung eines so umfangreichen Romans vor?

RS: Das hängt natürlich ganz vom Roman ab. Im Falle eines historischen Romans fällt mir das allerdings sehr leicht. Ich mag es, ein Bild vor Augen haben. Ich arbeite gerne "visuell", wenn man so sagen will. Ich möchte eine Vorstellung von den Figuren, ihrer Zeit und ihrer Umgebung haben. Im Falle von "Das Fundament der Ewigkeit" habe ich mir zum Beispiel im Vorfeld nicht nur entsprechende Fachliteratur durchgelesen oder Bildbände angeschaut. Auch einige Filme haben mir einen guten Eindruck von der Zeit und den Menschen vermittelt, die in ihr gelebt haben. Besonders hervorzuheben sind dabei "Die Bartholomäusnacht" von Patrice Chereau, die beiden "Elizabeth"-Filme von Shekhar Kapur und der BBC-Zweiteiler "Maria Stuart – Blut, Terror und Verrat" über Maria Stuart sowie die Pulververschwörung.

DS: Man sorgt natürlich dafür, dass man in der veranschlagten Zeit möglichst wenig abgelenkt wird. Ich gebe Familie, Freunden und Bekannten Bescheid, dass ich mich erstmal rarmachen werde. Einen Urlaub planen sollte man lieber erst, wenn man abgegeben hat.

Ken Follett ist geschätzt für seine akribischen Recherchen. Wie gehen Sie thematisch die jeweiligen Fachgebiete an? Lesen Sie sich in englische Fachliteratur ein, um die verschiedensten Termini zu kennen?

RS: Im Falle von "Das Fundament der Ewigkeit" war das relativ leicht. Zum einen hatten sowohl Dietmar Schmidt als auch ich ein entsprechendes Vorwissen, und wenn der Eine mal nicht weiterwusste, konnte der Andere ihm häufig helfen. Natürlich deckte das nicht annähernd alles ab, was es zu wissen gab, aber wir wussten nahezu immer, wo wir nachschlagen konnten und hatten dabei auch häufig das Glück, die entsprechende Literatur im Regal zu haben. Half auch das nicht, ging es auf der Suche nach Informationen, Bildern oder Karten zumeist in die Tiefen des Internets. Wichtiger als englische Fachliteratur ist dabei allerdings die deutsche, denn wir brauchen ja die deutschen Begriffe.

DS:Ich lese mich lieber in deutsche Sachbücher zu den jeweiligen Themen ein, denn ich muss ja die deutschen Begriffe kennen. Und manchmal hilft das auch nichts. In „Fundament“ hatte ich es mit einem englischen Schiffsgeschütz zu tun, für das ich partout keine deutsche Bezeichnung finden konnte – und das liegt wohl daran, dass dieser Kanonentyp auf deutschen Schiffen gar nicht eingesetzt wurde.

Wie muss man sich die Zusammenarbeit von Ihnen beiden vorstellen? Wer übernimmt welchen Part, und wie führen Sie den Text zusammen?

RS: Dietmar Schmidt und ich haben schon häufig zusammengearbeitet, im Falle von Ken Follett bei fünf Romanen. Da lernt man sich und den Stil des jeweils anderen gut kennen. Dazu kommen vor allem häufige Gespräche, in denen man alles so gut wie möglich abgleicht, von solchen Fragen wie "Wer duzt wen" bis hin zu der Frage, welcher altertümliche Begriff für welches noch so kleine Teil an einer alten Gerätschaft Verwendung findet. Es ist teilweise recht aufwendig und verlangt eine intensive Kommunikation. Das ist aber auch der große Reiz an solch einer Zusammenarbeit, die in unserem Beruf ja eher ungewöhnlich ist. Doch trotz aller Ähnlichkeiten im Stil, Kennen des jeweils Anderen und all der Absprachen spielt bei so einer Kooperation auch der Redakteur eine wichtige Rolle – in unserem Fall Wolfgang Neuhaus. Er sorgt dafür, dass schlussendlich alles wie aus einem Guss wirkt.

Was die Aufteilung betrifft, so findet im Vorfeld eine Besprechung mit allen Beteiligten statt (Übersetzer, Redakteur, Lektor), bei der diskutiert wird, welche Art der Aufteilung sich anbietet. Ist das erledigt, kann es auch schon an die Arbeit gehen.

DS: Das ist von Roman zu Roman unterschiedlich. Bei den „Kingsbridge“-Romanen wurde das Buch jeweils in der Mitte geteilt. Die Romane der Jahrhundert-Trilogie wurden vom zuständigen Lektor in einem weit aufwendigeren Verfahren nach Handlungssträngen auf uns aufgeteilt. Der Redakteur hat im Nachhinein sehr viel angeglichen, aber andererseits war durchaus ein leicht abweichender Duktus erwünscht, damit sich die „englischen“ Passagen ein wenig anders lasen als die „russischen“.

Welches war aus Übersetzersicht das schwierigste Themengebiet von Ken Folletts Romanen?

RS: Das kann ich gar nicht sagen. Recherchearbeit ist natürlich immer vonnöten, allein um die Sachverhalte im Deutschen korrekt wiedergeben zu können. Im Falle von Ken Follett ist es allerdings stets so, dass er eine hervorragende Vorlage abliefert, auf die wir uns verlassen und an der wir uns orientieren können. Das erleichtert uns die Arbeit sogar.

DS: Am Anfang von „Sturz der Titanen“ geht es sehr ausführlich um den Kohlebergbau. Ich habe mich damals intensiv in den Fachjargon der Bergarbeiter eingelesen. Da ich selbst aus dem Ruhrgebiet stamme, war das wirklich ein Thema für mich. Aber der Prozess war sehr zeitaufwendig.

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