Tag 4/12: Die langjährige Rezensentin

Margarete von Schwarzkopf

Rezensentin Margarete von Schwarzkopf
© Margarete von Schwarzkopf

Margarete von Schwarzkopf, geboren am 3. Oktober 1948 in Wertheim/Main, Studium der Anglistik und alter und neuer Geschichte in Bonn und Freiburg. Magisterexamen 1972 in Bonn. Danach Tätigkeit bei der Katholischen Nachrichtenagentur und der Kanadischen Botschaft. Von 1975 bis 1981 Redakteurin im Feuilleton der Tageszeitung "Die Welt" mit den Bereichen Literatur und Film, von 1983 bis 2015 Redakteurin beim NDR in Hannover ebenfalls mit den Schwerpunkten Literatur, Film und Archäologie. Von 1997 bis 2014 eine wöchentliche Büchersendung im Radio, "Bücherwelt". Heute freie Journalistin und Moderatorin. Buchveröffentlichungen u.a. "Schokolade" (Hoffmann und Campe, 2007), zwei Jugendbücher im Droste-Verlag und das historische Sachbuch "Der Traum vom Weltreich" (Zu Klampen, 2014). Im Herbst erscheint im Kölner Emons-Verlag der Thriller "Der Moormann".

Können Sie sich noch an Ihre erste Begegnung mit Ken Follett erinnern und zu welchem Roman war das?

Meine erste Begegnung mit Ken Follett fand 1980 auf der Frankfurter Buchmesse statt. Damals arbeitete ich für die Tageszeitung „Die Welt“ und interviewte ihn zu dem Roman „Die Nadel“, der gerade auf Deutsch erschienen war. Da noch niemand Ken Follett kannte, hatten wir sehr viel Zeit für ein langes und amüsantes Gespräch, das ich bis heute nicht vergessen habe.

Sie interviewten über Ihre langjährige Tätigkeit als Kritikerin unzählige Autoren. Haben Sie nach Ihrer ersten Begegnung mit Ken Follett geahnt, welche Erfolgsgeschichte sich da anbahnt?

Die erste Begegnung mit dem damals noch unbekannten Autor Follett hat mich sehr beeindruckt. „Die Nadel“, heute längst ein Klassiker der Spionageliteratur und 1981 großartig mit Donald Sutherland verfilmt, zeigte schon das Potential dieses jungen Autors aus Wales. Im Interview sprach er sehr ehrlich über seinen Traum, einmal ein berühmter und auch in finanzieller Hinsicht erfolgreicher Schriftsteller zu werden. Ich konnte mir das damals schon sehr gut vorstellen. Denn neben allem schriftstellerischen Talent besaß er offenbar den Ehrgeiz, ein breites Publikum gut unterhalten zu wollen - zwei gute Voraussetzungen für den Erfolg.

Wie haben Sie die Entwicklung des Schriftstellers Ken Follett über all die Jahre verfolgt?

In der Folge von „Die Nadel“ habe ich jeden einzelnen Roman von Ken Follett gelesen. Hinzu kommt noch, dass ich das große Glück hatte, ihn in späteren Jahren immer wieder auf seinen Lese- und Signierreisen durch Deutschland als Moderatorin und Übersetzerin zu begleiten. Das waren immer spannende und schöne Ereignisse, wobei mich sehr beeindruckte, dass er auf allen Reisen stets auch an neuen Projekten gearbeitet hat, egal, ob im Flugzeug oder im Hotel. Und das mit höchster Konzentration!

Wie erklären Sie sich den enormen Erfolg von Ken Follett?

Es gibt keine feste Formel für literarischen Erfolg, selbst wenn einige Sachbuchautoren Bücher zum Thema geschrieben haben, wie man Bestseller verfasst. Folletts Erfolg vor allem seit seinem 1990 erschienenen großen historischen Roman „Die Säulen der Erde“ liegt meiner Meinung nach in seinem Gespür für spannende und gelegentlich sogar sperrige Themen, die er packend aufbereitet, seinem Geschick, Handlung und Figuren zu einer Einheit zu verschmelzen, historische Fakten mit Fiktion zu verbinden, an seiner enormen Rechercheleistung und an seiner Freude am Erzählen unterhaltsamer Stoffe, die viel Information, gut gewürzt mit Suspense, bieten.

Haben Sie ein Lieblingsbuch unter seinen Romanen?

Neben den üblichen Verdächtigen mochte ich „Nacht über den Wassern“ (Night over Waters) besonders. Das liegt am Thema dieses Romans über das größte Wasserflugzeug aller Zeiten, dem Flying Clipper von PanAm, der am Tag der Kriegserklärung 1939 mit einer Gruppe bunt gemischter Passagiere London verlässt und eine abenteuerliche Reise über den Atlantik beginnt. Es geht um Spitzel, Verräter, den drohenden Schatten des Krieges, um Liebesaffären und um Menschen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen England hinter sich lassen. Sogar Henry Faber aus „Die Nadel“ hat hier einen Kurzauftritt. Alles in allem eine wunderbare Mischung aus Krimi und Politthriller.

Wenn Ken Follett Sie fragen würde, über welche Epoche/welches Ereignis würden Sie gerne einen Roman von ihm lesen?

Mir würde gefallen, wenn Ken Follett sich des 17. Jahrhunderts in England annehmen würde, einer Zeit voller Umwälzungen wie der „Glorious Revolution“, als der letzte katholische Stuartkönig James II. abdanken musste und seine Tochter Mary zusammen mit ihrem holländischen Mann Wilhelm den Thron bestieg. Es ist das Jahrhundert, in dem Oliver Cromwell den Stuartkönig Karl I. enthaupten ließ und aus England einen puritanischen Staat machte. Und es ist das Jahrhundert großer Schriftsteller, Komponisten und Wissenschaftler in England, das sich damals erfolgreich an die Spitze der Weltmächte schob. Am Ende dieser Geschichte steht zudem noch die Thronbesteigung Georgs I. aus dem Haus Hannover (1714) und der Beginn der Ära der „deutschen“ Könige.

Vermag Ken Follett Sie nach all den Jahren noch zu überraschen?

Ich finde es immer noch beeindruckend, wie Ken Follett mit Themen umgeht, die auch schon andere Autoren behandelt haben. Denn die Zeit der Königin Elizabeth und vor allem ihres Vaters Heinrich VIII. ist oft in Romanen, Sachbüchern und Filmen abgehandelt worden. Aber Ken Follett findet auch dank seiner fiktiven Helden wie Ned Willard aus dem legendären Kingsbridge in „Das Fundament der Ewigkeit“ immer einen Dreh, bestimmte Epochen neu zu interpretieren und seinen sehr authentischen Blick auf diese Ära des allmählichen Aufschwungs Englands zu einer der großen europäischen Mächte mit vielen anderen Aspekten anzureichern. Dazu gehört der Fokus auf den ersten Geheimdienst in jener Zeit, der fast schon Vorbild für das moderne MI5 sein könnte. Und natürlich bringt Ken Follett auch in diesem Roman einer der für ihn wichtigsten Anliegen der Menschheitsgeschichte ins Spiel: Freiheit des Einzelnen und Toleranz für alle.

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