Oliver Fröhlich
Meine Geschichte beginnt wie die vieler anderer Menschen auch: Ich wurde geboren. In meinem Falle fand das im März des Jahres 1967 im oberfränkischen Hof statt. Folglich bin ich Fisch (Aszendent Qualle) – und diesem Sternzeichen sagt man ein gewisses Maß an Fantasie nach. Leider wusste ich davon nichts, weshalb ich nach dreizehn Jahren Schule den Beruf des Finanzbeamten ergriff. Ja, ihr lest richtig: Finanzbeamter. Ein Beruf, der weniger für Kreativität steht, als dafür, den Leuten Gänsehaut und Gruselgefühle zu bereiten. Und so haben sich die Eigenschaften meines Sternzeichens und meines Berufs zu einer unheiligen Allianz verbunden.
Viele, viele Jahre lang schrieb ich daheim im stillen Kämmerlein vor mich hin. Kurzgeschichten, Romane in Buchlänge (na gut: Romananfänge, die vielleicht einmal Buchlänge hätten erreichen können, wenn ich sie jemals fertig geschrieben hätte. Aber hey, bei einem hab ich das sogar geschafft!), Gedichte für jeden nur denkbaren Anlass wie diese Fetenordnung: Merkt euch als oberstes Gebot: Kotzt auf den Teppich und ihr seid tot.
Leider ist es mir nie gelungen, einen meiner Texte zu veröffentlichen. Irgendwann warf ich den Nagel und hängte die Schreiberei ans Handtuch – oder umgekehrt. Meine Entscheidung stand unumstößlich fest. Jawoll!
Etwa ein Jahr später ereignete sich etwas, das damit zunächst in keinem erkennbaren Zusammenhang stand: Ich meldete mich im Fitness-Studio an. (Inzwischen hab ich aus Zeitgründen dort wieder gekündigt und dadurch auch meine alte "Traumfigur" zurückerhalten!) Es dauerte nicht lange und ich stellte fest, dass eine Stunde auf dem Crosstrainer fürchterlich langsam vergeht. Seitdem bin ich der Überzeugung, dass Einstein seine Relativitätstheorie auf einem Fitness-Gerät entwickelt hat. Auch ich entwickelte eine Theorie: Wenn ich beim Trainieren lese, vergeht die Zeit schneller.
Mit Büchern hat es nicht funktioniert, die sind immer zugeklappt. Da erinnerte ich mich an meine Jugend, in der ich Sinclair-Romane verschlungen habe. Auch wenn ich damals ungefähr bei Band 600 ausgestiegen bin und dadurch eine immense Wissenslücke von über 800 Bänden hatte, kaufte ich mir das aktuelle Heft. Ich weiß nicht mehr, welches es war, aber weil ich feststellte, dass mich die Serie nicht mehr so ansprach wie früher, folgten nicht allzu viele nach. Doch in diesem einen Sinclair-Heft war ein Leserbrief veröffentlicht, der Werbung für ein Forum im Internet machte. Also klickte ich dort mal rein – und aus diesem einen Klick wurde ein Selbstläufer! Denn just zu dieser Zeit planten dort ein paar Leute, ein Online-Magazin zu gründen, nämlich www.geisterspiegel.de. Bestandteil des Magazins sollte eine Serie namens "Der Hüter" sein. Trotz meiner hartnäckigen Weigerung, jemals wieder zu schreiben, gehörte ich plötzlich zum Autorenteam der Serie – und ich musste feststellen: Es machte Spaß!
Als die Serie vom Geisterspiegel zum Zauberspiegel umzog, zog ich mit. Doch damit nicht genug! Plötzlich führte ich Interviews mit Autoren und bekam privaten Kontakt mit manchen von ihnen. Außerdem schrieb ich den einen oder anderen Artikel über andere Heftromanserien, die ich inzwischen las (denn auf dem Crosstrainer war es immer noch langweilig). In einem davon äußerte ich mich mächtig kritisch über PROFESSOR ZAMORRA, wodurch die Macher auf mich aufmerksam wurden. Und eines Tages fragte mich PZ-Autor Volker Krämer, ob ich nicht Lust hätte, mal einen Probetext einzureichen. Nach einer Bedenkzeit von 0,85 Millisekunden rief ich lauthals: "Ja, ich will!"
Was sich daraus entwickelte, kann ich noch immer nicht recht glauben. Zunächst folgten einige PZ-Romane, die die Leserschaft zu meinem Entzücken (und meiner Überraschung) größtenteils positiv aufnahm. Davon wiederum erfuhr "Mad Mike" und richtete sein zu dieser Zeit nach Autoren suchendes Auge auf mich (was er mit dem anderen Auge tat, weiß ich nicht). Als ich eines Tages eine Mail mit dem Betreff "Maddrax klopft an" im Postfach fand, erreichten Entzücken und Überraschung Hand in Hand neue Höhen.
Ich erinnere mich noch gut an das erste Telefonat mit Mike. An das Herzklopfen, an die gespielte Selbstsicherheit, an den inneren Jubel. Und als er mich fragte, ob ich mir auch einen MX-Band zutrauen würde, hörte ich, wie ich sagte: "Ja, klar" – und dachte: "Was rede ich da?"
Heute allerdings bin ich sehr froh, dass der Mund schneller war als das Hirn. Und jetzt sitze ich hier und überlege mir, was ich dem armen Matthew Drax oder sonstigen netten Leuten noch alles antun könnte...