Autor

Peter Großmann

Peter Großmann, geboren 1963, ist diplomierter Sportlehrer, lebt immer noch gern in Dortmund, ist verheiratet, hat zwei Kinder, einen Hund und eine Schwiegermutter. Nach einer Karriere im Musikbusiness als Sänger der Band "Strandjungs" wechselte er das Medium und moderiert seit 1996 den Sport im ARD-Morgenmagazin. Daneben war er aber auch für Sendungen wie "Sport im Westen", "Unsere Welt", "Lotto-Show", etc. tätig.

Interview

„Wenn man anfängt zu vergleichen, macht man was falsch. Frauenfuß-ball ist Frauenfußball und Männerfußball ist Männerfußball.“ | 18.05.2015

Immer mehr Mädchen und Frauen lieben Fußball. Dabei können sie nicht nur das „Abseits“ erklären, sondern stehen immer häufiger auch selbst auf dem Platz. Aktuell freuen wir uns auf die Frauen-Fußballweltmeisterschaft in Kanada, die am 6. Juni angepfiffen wird. Passend dazu laufen schon ab Mitte Mai ...

Immer mehr Mädchen und Frauen lieben Fußball. Dabei können sie nicht nur das „Abseits“ erklären, sondern stehen immer häufiger auch selbst auf dem Platz. Aktuell freuen wir uns auf die Frauen-Fußballweltmeisterschaft in Kanada, die am 6. Juni angepfiffen wird. Passend dazu laufen schon ab Mitte Mai die Fortuna Girls auf den Platz. Nia Künzer, ehemalige Nationalspielerin und TV-Fußballexpertin der diesjährigen WM, und TV-Sport-Experte, Peter Großmann, haben zusammen eine Buchreihe über eine starke Mädchen-Fußballmannschaft geschrieben und erzählen im Interview, worum es in den Büchern geht und wie sich der Frauenfußball in den letzten Jahren entwickelt hat.


Worum geht es in „Fortuna Girls“?
Peter Großmann: Die Geschichte handelt von Felicitas, einem fußballbegeisterten Mädchen, das „Messi“ genannt wird. Sie zieht mit ihren Eltern in eine neue Stadt, in der es leider keinen Mädchenfußball-Verein gibt. Da stellt Messi nach anfänglichen Schwierigkeiten ein eigenes Team zusammen. Sie entwickelt sich dabei genau wie alle anderen Mädchen: Sie erlebt Freude, Enttäuschungen und muss sich immer wieder neu beweisen – im Fußball, aber auch in der Familie und in der Schule. Es geht also um mehr, als nur um Sport.
Wie kamen Sie auf die Idee zum Buch?
Peter Großmann: Ich wollte schon immer mal ein Kinderbuch schreiben und habe einfach gemerkt, dass es sehr wenige Bücher über Mädchen und Fußball gibt. Und das, obwohl so viele Mädels selber spielen. Warum sollen die nicht in einem Buch ihr eigenes Team bekommen, mit dem sie mitfiebern können? Also ließ ich als Idee „Die wilden Hühner“ auf die Fußball-Mädchen treffen. Und schon waren sie da, die „Fortuna Girls“!
Richtet sich die Geschichte an Fußball spielende Mädchen oder wollen Sie auch Ballmuffel für den Sport begeistern?
Peter Großmann: Sowohl, als auch… Die Geschichten bieten für alle etwas – für Fußball-Fans und auch für die Mädchen, die Geschichten rund um Freundschaften lieben.
Herr Großmann, Sie haben schon einige Bücher zum Thema Fußball geschrieben, jetzt aber das erste Mal ein Kinderbuch. Mussten Sie dafür nochmal neu recherchieren, was war beim Schreiben anders dieses Mal?
Peter Großmann: Das Schreiben war ein großes Abenteuer – natürlich ganz anders als beim Sachbuch. Ich bin viel rumgefahren, habe Vereine besucht und Auswahltrainings beobachtet. Die Frage war: Was sind das für Mädels, die Fußball spielen. Ich habe Zuhause aufmerksam gefragt und zugehört. Meine Töchter sind 14 und 16 Jahre alt und konnten mir einige wichtige Themen für Mädchen in dem Alter vermitteln. Als ich dann anfing zu schreiben, hat es riesigen Spaß gemacht. Die Geschichte entwickelte sich beim Schreiben und die Mädchen vom Papier erwachten zum Leben!
Felicitas ist ein großer Fan von Borussia Dortmund, ist das auch Ihre Lieblingsmannschaft?
Nia Künzer: Nein, nicht wirklich. Als ehemalige Spielerin schaue ich natürlich nach den Ergebnissen des FFC Frankfurt und der Frauen-Bundesliga. Im Männerfußball liegen meine Sympathien als Hessin bei Eintracht Frankfurt.
Peter Großmann: Okay ich gebe es zu: Das alles ist nicht zufällig! Genauso wie die vielen kleinen Dinge, die ich selber auch mit meinen Töchtern erlebt habe. Ein paar Parallelen zum Leben der Großmanns kann man in den Büchern schon finden.
Frau Künzer, Sie sind ehemalige Fußballnationalspielerin, Herr Großmann, Sie moderieren Fußballspiele für die ARD. Sie sind Beide fußballbegeistert – wie oft kommen Sie in Ihrer Freizeit noch dazu, eine Runde zu kicken?
Nia Künzer: Ehrlich gesagt, sehr selten bzw. gar nicht. Zum einen fehlt mir momentan die Zeit und zum anderen lässt meine Fitness zu wünschen übrig. Insbesondere für mein Knie müsste ich mehr Krafttraining machen, bevor ich wieder Fußball spiele. Ansonsten riskiere ich Verletzungen. Gerne würde ich in nächster Zeit wieder mehr Sport machen!
Peter Großmann: Ganz ehrlich: Ich habe letztmals vor drei Jahren gespielt. In der Bastei Lübbe-Fußballmannschaft. Seither war ich abstinent. Alte Männer müssen vorsichtig sein, denn zuviel Ehrgeiz führt schnell zu Verletzungen.
Frau Künzer, wie hat sich der Frauen- und Mädchenfußball seit der Frauenfußball WM 2011 hierzulande verändert?
Nia Künzer: Seit 2003 hat sich der Frauenfußball stark entwickelt. Die Akzeptanz und Aufmerksamkeit sind bemerkenswert. Die Nationalmannschaft ist das Zugpferd, die Länderspiele werden in ARD und ZDF übertragen und die Spiele sind gut besucht. Die Frauen-Bundesliga sorgt mit einigen guten Teams für Spannung, und das Top-Spiel wird jedes Wochenende auf Eurosport übertragen. Mit Wolfsburg, Frankfurt, Potsdam und demnächst evtl. Bayern haben wir Mannschaften, die auch international vorne dabei sind. Viele andere Sportarten hätten gerne diesen Stellenwert.
Das Spiel selbst ist schneller und dynamischer geworden und somit noch attraktiver. Auch technisch und taktisch haben sich Spielerinnen und Mannschaften weiterentwickelt. Mittlerweile hat der Frauenfußball eine große Fangemeinde.
Es ist inzwischen auch nicht mehr außergewöhnlich, dass Mädchen Fußball spielen. Das war zu meiner Zeit noch ganz anders. Trotz der positiven Entwicklung gibt es noch Ziele für die Zukunft. Die Bundesliga hat noch Entwicklungspotenzial, und es muss noch mehr Fußballangebote für Mädchen insbesondere mit Migrationshintergrund geben. Dort schlummert ein großes Potenzial.
Herr Großmann, warum sollten Ihrer Meinung nach mehr Mädchen Fußball spielen?
Peter Großmann: Frauenfußball ist inzwischen bei den Mädchen angekommen, und die Mädels sind selbstbewusster geworden, deshalb wird es auch automatisch immer mehr Spielerinnen geben.
Werden Sie die Frauenfußball WM 2015 verfolgen?
Peter Großmann: Aber natürlich! Ich werde die Daumen drücken und besonders gerne die Spiele im TV schauen. Denn die ARD ist mit der weltbesten Expertin, Nia Künzer, vor Ort.
Frau Künzer, Sie haben lange Zeit in der Nationalmannschaft gespielt, waren sehr erfolgreich in Frankfurt – wie früh sind Sie den ersten Vorurteilen begegnet als Fußball spielende Frau? Haben Sie ähnliche Erlebnisse in der Schule gehabt wie Felicitas, die von den Jungs nicht ernst genommen wird?
Nia Künzer: Zu meiner Jugendzeit haben nur wenige Mädchen Fußball gespielt, so dass ich lange in einer Jungenmannschaft gespielt habe. Sicher gab es insbesondere bei den Gegnern und auch Eltern Vorurteile. Da ich aber ganz gut war, konnte ich durch Leistung überzeugen und habe eigentlich keine negativen Erlebnisse aus meiner Kindheit. Zumindest nicht so, dass es mir in Erinnerung geblieben ist. Ich habe einfach in jeder freien Minute das getan, was mir am meisten Spaß gemacht hat. Sicher hatte nicht jeder Lehrer oder Dozent an der Uni Verständnis für den Leistungssport, aber auch die Hürden habe ich genommen.
Was raten Sie jungen Mädchen, die sich für Ihre Fußball-Leidenschaft spöttische Kommentare anhören müssen?
Nia Künzer: Mach dein Ding! Konzentrier dich auf dich und das, was dir Spaß macht, und verschwende keine Energie, indem du dich über andere oder irgendwelche Kommentare aufregst.
Sie haben mit der Nationalmannschaft 2003 den WM-Titel geholt. Wie stehen die Chancen, dass die Mannschaft dieses Jahr den 3. Titel holt?
Nia Künzer: Die deutsche Frauennationalmannschaft gehört auch dieses Jahr zum Favoritenkreis. Sie muss sich vor keiner Mannschaft der Welt verstecken und kann an einem guten Tag jeden Gegner schlagen. Jedoch haben die USA, Frankreich, Brasilien oder Schweden auch sehr gute Mannschaften und setzen alles daran, den Titel zu holen. Um ein solches Turnier zu gewinnen, muss alles perfekt laufen. Zum ersten Mal wird eine WM auf Kunstrasen gespielt, dies kann ein Vorteil für die technisch starken Mannschaften sein, zu denen ich auch unser deutsches Team zähle.
Der Frauenfußball rückt nach und nach in den Fokus der Öffentlichkeit, dazu hat auch die WM 2011 in Deutschland einiges beigetragen. Sind Sie zufrieden mit der Entwicklung und was muss Ihrer Meinung nach getan werden, damit der Frauenfußball noch mehr Aufmerksamkeit bekommt?
Nia Künzer: Die WM 2011 war sicherlich der Höhepunkt, das „i-Tüpfelchen“ der Entwicklung der Jahre zuvor. Es war vorhersehbar, dass dieses extrem hohe Niveau nicht gehalten werden kann. Trotz allem hat der Frauenfußball gerade im Vergleich zu anderen Frauenmannschaftsportarten einen sehr hohen Stellenwert. Alle Beteiligten, Spielerinnen, Bundesligisten und der DFB sind bemüht, den professionellen Frauenfußball weiter voranzutreiben. Eine gute Nachwuchsförderung, qualifizierte Trainerinnen und Trainer und professionelles Management tragen zur Weiterentwicklung bei.
Sie werden in diesem Jahr live aus Kanada von der Frauenfußball Weltmeisterschaft berichten. Worauf freuen Sie sich am meisten?
Nia Künzer: Eine Fußballweltmeisterschaft ist immer etwas Besonderes. Dieses Jahr spielen zum ersten Mal 24 Mannschaften um den Titel, so dass wir auch Neulinge (z.B. Thailand) sehen werden. Natürlich freue ich mich darauf, wie sich Favoriten wie die USA, Brasilien, Frankreich und Deutschland oder aber Titelverteidiger Japan und Gastgeber Kanada präsentieren. Zudem erwarte ich volle Stadien und ein begeistertes und fachkundiges Publikum.
Und wer sind jetzt die besseren Fußballspieler – Frauen oder Männer?
Nia Künzer: Physiologisch gibt es zwischen Frauen und Männern Unterschiede, die einen Vergleich sinnlos machen. Ich betrachte Männer- und Frauenfußball jeweils für sich und habe großen Spaß an beiden „Sportarten“. Der Männerfußball besticht durch seine Athletik, der Frauenfußball durch den größeren Spielfluss.

Peter Großmann: Wenn man anfängt zu vergleichen, macht man schon was falsch. Frauenfußball ist Frauenfußball und Männerfußball ist Männerfußball. Jedes für sich ist toll.

Alle Verlage