Veröffentlicht am 25.05.2024
Tolle Familiengeschichte
„Die Holzschnitzerei vom Süßenbachhof“ entführt uns in den Schwarzwald Ende der Fünfziger Jahre.
Zum Inhalt: Die junge Leni führt in Freiburg ein beschauliches Leben. Die Hochzeit mit Verlobten Hannes, Anwalt von Beruf, ist bereits geplant. Leni schaut ihrem zukünftigen Leben als Ehefrau an Hannes Seite mit gemischten Gefühlen entgegen. Eigentlich möchte sie ein selbstbestimmten Leben führen, mit ihren eigenen Händen etwas schaffen, für sich selbst sorgen, als „nur“ an Hannes Seite ein hübsches Beiwerk zu sein.
Als ihr Onkel aus dem Schwarzwald plötzlich stirbt, entscheidet sie kurzerhand, auf dem Hof ihres Onkels zu bleiben und die Holzschnitzerei weiterzuführen. In ihrer Tante Elfriede hat sie eine begeisterte Befürworterin, denn Leni stand ihrem Onkel immer schon sehr nah. Ihre Familie und Hannes sind entsetzt. Leni hat einige Hürden zu meistern, als unverheiratete junge Frau eine Firma zu leiten. In Kindheitsfreund Thomas findet sie einen bereitwilligen Unterstützer, ihren Traum von der eigenen Holzschnitzerei zu erfüllen.
Der Schreibstil lässt sich leicht und flüssig lesen, auch der schwäbische Dialekt machte mir keine Schwierigkeiten. Dieser wird hauptsächlich von Leni‘s Tante und einigen anderen im Dorf gesprochen, wirkt authentisch und passt einfach zur Geschichte. Des Weiteren schreibt Kerstin Sonntag sehr bildhaft, so dass man sich viele Dinge noch besser vorstellen konnte. Den Perspektivenwechsel zwischen Leni, Thomas und Elfriede empfand ich sehr gelungen.
Die Figuren sind wunderbar gezeichnet. Leni mochte ich von Anfang an, ihre Familie (Mutter, Schwester) sind sehr darauf bedacht, dass man im Leben gut versorgt ist, das geht in erster Linie nur durch einen entsprechenden Ehemann. Um so geschockter sind sie, als Leni beschließt bei ihrer Tante im Schwarzwald zu bleiben. Hannes ist ziemlich selbstgefällig und ich mochte ihn nicht sonderlich. Dafür habe ich Leni‘s Tante Elfriede sogleich ins Herz geschlossen, ihre Vergangenheit und letztendlich der Tod ihres Mannes haben mich sehr berührt. Thomas, Leni‘s Freund aus Kindertagen bedrückt ein schwerwiegendes Erlebnis innerhalb der Familie und es scheint für ihn keinen Ausweg zu geben. Alle Figuren wirkten auf mich authentisch und die Entwicklung einiger hätte ich nicht erwartet.
Kerstin Sonntag gibt uns einen detaillierten Einblick in die Holzschnitzerei, man konnte buchstäblich Leni über die Schulter schauen, wie sie wunderschöne Figuren fertigt. Leni’s Traum, die Holzschnitzerei als alleine zu führen, sind mit einigen Schwierigkeiten verbunden und die Voraussetzungen eher moderat. Ob ihr dies gelingt, lest ihr am besten selbst.
Insgesamt ist es eine tolle Familiengeschichte, sehr einfühlsam, emotional und tiefgründig. Ich habe Leni auf ihren Weg gerne begleitet, es ist ein wunderschöner „Ausflug“ in den Schwarzwald. Von mir gibt es eine absolute Leseempfehlung und fünf Sterne.
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