Dr. med. Suzann Kirschner-Brouns - Autor
© Xandra Herdieckerhoff

Autorin

Dr. med. Suzann Kirschner-Brouns

Dr. med. Suzann Kirschner-Brouns (rechts) ist Ärztin und Mediatorin. Als Medizinjournalistin und Buchautorin schreibt sie über Gesundheitsthemen für namhafte Verlage und Magazine. Unter anderem war sie Chefredakteurin einer gynäkologischen Fachzeitschrift und des Gesundheitsmagazins wohl in DER SPIEGEL.
Zusammen mit Dr. med. Susanne Esche-Belke hat die Autorin eine Plattform für Frauengesundheit gegründet: www.less-doctorsforbalance.de

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Interview

MIDLIFE CARE – ein Buch wie eine gute Freundin UND Ärztin | 27.02.2020

Was unterscheidet MIDLIFE CARE von anderen Büchern zum Thema Hormone und Wechseljahre?Susanne Esche-Belke und Suzann Kirschner-Brouns: Der wichtigste Unterschied ist, dass wir nicht nur über die Menopause schreiben, sondern auch über die 10-15 Jahre VORHER, in denen schon spürbare Veränderungen stat...

Was unterscheidet MIDLIFE CARE von anderen Büchern zum Thema Hormone und Wechseljahre?
Susanne Esche-Belke und Suzann Kirschner-Brouns: Der wichtigste Unterschied ist, dass wir nicht nur über die Menopause schreiben, sondern auch über die 10-15 Jahre VORHER, in denen schon spürbare Veränderungen stattfinden. Kaum eine Frau weiß, dass es bei Vielen schon ab Mitte 30 mit gravierenden hormonellen Veränderungen losgeht.
Midlife Care hat außerdem einen ganzheitlichen Ansatz, den Sie in keinem der anderen Bücher so finden: es geht nicht nur um die weiblichen Geschlechtshormone, sondern auch die wichtigen anderen Symptomenkomplexe wie die Schilddrüse, Stress, Umwelthormone, Epigenetik oder ganz wichtig: Selbstfürsorge.
Darüber hinaus ist es von Fachfrauen geschrieben, die das Thema von außen UND innen kennen. Wie kein anderes aktuelles Buch beinhaltet es die neuesten Studien (ca. 170) zu den Themen plus Insidertipps aus Schulmedizin und der ganzheitlichen, funktionellen Medizin.
Was hat Sie dazu gebracht, das Buch zu schreiben? Wie wurde Ihnen klar, dass es da einen echten Bedarf gibt, aber noch keine richtige Hilfestellung?
SEB: In den letzten zehn Jahren habe ich in meiner Praxis Tausende Frauen behandelt, die erschöpft, verzweifelt und unsicher waren, weil seit Jahren niemand ihre Beschwerden gesehen, erkannt oder geschweige denn behandelt hat. Es ist uns wichtig, dass Frauen mehr Information darüber zur Verfügung steht, was in ihren Körpern passiert. Frauen brauchen Zuwendung, Verständnis, Ansprache und handfeste Hilfestellung. Auch Solidarität untereinander. Dazu wollen wir mit Midlife Care beitragen.

SKB: Als Fachjournalistin insbesondere für Frauenmagazine habe auch ich immer wieder erlebt, wie wenig Frauen über sich wissen, sich zutrauen oder auch einfordern von ihren Ärzten und ihrer Umgebung. Dabei kann Wissen so sehr dazu beitragen, die Phase der Hormonumstellung nicht nur gesünder, sondern auch glücklicher zu erleben.

In den Praxisbeispielen in Ihrem Buch ist die Erleichterung förmlich spürbar, wenn eine Frau endlich einen Weg findet, ihre Beschwerden loszuwerden – oder auch einfach nur endlich versteht, was mit ihr los war. Warum ist das so? Was sind das für Geschichten?
SEB: Es ist die 38-Jährige, die schon anfängt, ein Antidepressivum zu nehmen, weil sie denkt, ihr Leben ist ihr abhandengekommen – dabei waren es die Hormone. Es ist die Frau, die mit 50 einen Burnout attestiert bekommt, dabei braucht eigentlich nur die Schilddrüse ein bisschen Anschub. Es sind auch ganz junge Frauen, die nicht wissen, dass die Pille depressiv machen kann. Es gibt zahllose Beispiele!
Welche Dimension hat das Thema: Wie viele Frauen leiden überhaupt unter der Hormonumstellung? Was sind typische Beschwerden?
SKB: 22 Millionen Frauen in Deutschland sind zwischen 40 und 60 Jahre alt. Zwei Drittel leiden unter Wechseljahresbeschwerden, ein Drittel stark. Wir reden also über 18 Millionen Frauen, für die das Thema aktuell ist. Typische Beschwerden sind Hitzewallungen, Schlafstörungen, Gewichtszunahme, depressive Verstimmungen, emotionale Unausgeglichenheit (von Himmelhochjauchzend bis Zu-Tode-betrübt), Muskel-und Gelenkschmerzen, Osteoporose, Herz-Kreislauferkrankungen etc.
Wie kommt es, dass viele Frauen ihre Beschwerden so lange aushalten, anstatt sich Hilfe zu suchen?
SEB: Viele Frauen denken, es sei normal, dass sie Gelenkschmerzen haben, an Gewicht zunehmen, aus der Puste sind oder nachts nicht schlafen können – man wird schließlich nicht jünger.
In unserer Gesellschaft hält sich in den Köpfen immer noch das Vorurteil der alternden, launischen Frau, die ihre fruchtbaren Jahre ja nun hinter sich hat. Dabei steigt die Lebenserwartung stetig, Frauen im mittleren Alter sind ein fester Bestandteil unserer heutigen Arbeitswelt, sie sind attraktiv, haben noch viele Pläne und Wünsche und starten oft nochmal richtig durch, nachdem die Kinder aus dem Haus sind.
Was sind die größten Missverständnisse und Irrtümer über die Phase der hormonellen Umstellung?
SKB und SEB: Das größte Missverständnis ist wahrscheinlich, dass es erst mit ungefähr 50 losgeht mit der Hormonumstellung. Aber es gibt etliche Irrtümer, die sich bis jetzt recht hartnäckig halten:
Die Wechseljahre und auch die Perimenopause brechen nicht urplötzlich über uns herein. Es kommt uns nur so vor, auch weil wir mitunter vergessen haben, uns um uns selbst zu kümmern. Keine Frau „muss da durch“ – Frauen haben es verdient, dass ihre Beschwerden ernst genommen werden.
Hormone sind nicht per se schlecht oder gefährlich. Unsere eigenen Hormone sind unschlagbare Superstars! Entscheidend ist, das Gleichgewicht zwischen den Hormonen im Körper zu erhalten.
Was stimmt bislang noch nicht im Gesundheitssystem? Warum haben so viele Frauen ernsthafte Beschwerden, bekommen aber dennoch nicht die nötige Hilfe und Unterstützung, obwohl sie zum Arzt gehen?
SEB: Der Hausarzt hat im Schnitt 7 Minuten pro Patient. Da ist es schwer möglich, den Patienten im Ganzen zu sehen, Zusammenhänge zu erkennen, auch über die verschiedenen medizinischen Fachgebiete hinweg. Die Kunst liegt aber gerade in der Zusammenschau der Befunde und in der Betrachtung des Ganzen Menschen. Vom sozialen und familiären Umfeld ganz abgesehen. Es geht auch um gesellschaftliche Fragen: Welchen Stellenwert habe ich? Wo ist mein Platz in der Gemeinschaft? Mein persönlicher Sinn? Bis zu Umweltthemen, die körperliche Auswirkungen auf uns haben.
Was ist die Perimenopause überhaupt? Woran erkenne ich sicher, dass ich in die Perimenopause komme oder in die Wechseljahre?
SEB: Die Perimenopause sind die 10-15 Jahre VOR der Menopause, in denen die Hormone besonders schwanken. Das führt oft zu einer Achterbahn der Stimmungen und zu zahlreichen Beschwerden, die Viele in dieser Lebensphase überhaupt noch nicht vermuten, geschweige denn mit einer hormonellen Umstellung in Verbindung bringen – in dieser Zeit haben Viele ja noch kleine Kinder oder wollen noch Kinder bekommen.
Unregelmäßigere Zyklen, abgeschwächte oder verstärkte Periode, Stimmungsschwankungen und vieles mehr können erste Anzeichen der hormonellen Veränderungen sein.
Was ist neu im Bereich der Hormonbehandlungen? Was gibt es heute für Möglichkeiten, die es vor zehn, fünfzehn Jahren noch nicht gegeben hat?
SKB: Heute erstatten die Krankenkassen auch bioidentische Hormone zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden, nicht nur synthetische. Es gibt inzwischen auch bioidentische Schilddrüsenhormone, die allerdings nicht von den Kassen erstattet werden. Und es sind eine ganze Reihe moderner Forschungszweige entstanden, die uns im Bereich der Hormone weiterbringen: Umweltmedizin, Stressmedizin, Epigenetik und auch Nahrung als Medizin.
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