Veröffentlicht am 15.06.2021
Ein wunderschönes Märchen, dass noch einmal das Gefühl der Kindheit mit seinen düsteren Ungetümen zurückbringt.
Beschreibung
Ein Trauerfall führt einen Mann zurück in seinen Heimatort in Sussex. Dort fühlt er sich von einer Farm am Ende der Straße magnetisch angezogen. Die Umgebung ist ihm vertraut, genauso wie die alte Dame von der Farm, aber erst als er auf einer Bank am Teich sitzt werden Erinnerungen an seine Kindheit und das außergewöhnliche Mädchen Lettie Hemptstock wieder wach. Lettie nannte den Teich immer Ozean und Stück für Stück erinnert sich der Mann an die düsteren Monster seiner Kindheit…
Meine Meinung
Neil Gaiman ist für mich zu einem Garanten für phantasievolle und mystische Geschichten avanciert, die mich immer mehr begeistern. »Der Ozean am Ende der Straße« ist eine märchenhafte, aber auch düstere Geschichte über die Kindheit eines namenlosen Protagonisten, welche bereits 2014 in der deutschen Übersetzung publiziert wurde. Die edle Neuauflage des Buchs ist mit stimmungsvollen Tuschezeichnungen von Elise Hurst versehen, welche einen noch tiefer in die Geschichte eintauchen lassen.
Gaiman berichtet in seinem Nachwort, dass die Geschichte zunächst nur als Kurzgeschichte geplant war, sich dann aber zu einem Roman auswuchs und genau dieses Gefühl überkommt einen auch beim Lesen, denn die Story greift und umfängt einen mit ihren langen düsteren Armen und entfaltet einen mächtigen Sog, dem ich mich nicht mehr entziehen konnte.
»Der Ozean am anderen Ende der Straße« kommt einem Ausflug zurück in eine Zeit gleich, in der man die Welt noch mit ganz anderen Augen betrachtete, denn in der Kindheit sind der Fantasie noch keine Grenzen gesetzt und an jeder Ecke lauert Magisches, Phantastisches, aber auch Monster in der Dunkelheit, in Schränken und unter dem Bett. Diese magische Atmosphäre des Kindseins hat Neil Gaiman in seiner Geschichte eingefangen und für die Ewigkeit verkorkt.
Da der Romanheld (als Junge und als Mann) ohne Namen bleibt, macht die Geschichte anonymer und zu einer Art Blaupause für eine beliebige Kindheit mit all ihren Ängsten und Vorstellungen. Die kindliche Wahrnehmung von Mensch und Umwelt ist in dieser Zeit noch fast völlig losgelöst von gesellschaftlichen Normen. Der Junge in Neil Gaimans Geschichte mit seinem sensiblen und introvertierten Charakter, liest lieber zu Hause Bücher als sich Freunde zu suchen und als er dann eines Tages der selbstbewussten Lettie Hempstock begegnet, kommt sie ihm wie ein übernatürliches Wesen vor.
Gemeinsam mit Lettie spürt er unheimlichen Mächten nach, die sich schließlich direkt in seiner Familie in Form eines Kindermädchens manifestieren. Während seine Schwester begeistert von der hübschen neuen Nanny ist und seine Eltern keinen Verdacht schöpfen, kann der Junge die wahre Gestalt des Wesens spüren und versucht zusammen mit Lettie das Böse loszuwerden.
Weiteres über die Handlung möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, denn das liest man doch am besten selbst! Mich konnte Neil Gaiman mit seiner mysteriösen Story über die düstere Fantasiewelt der Kindheit vollkommen verzaubern.
Fazit
Ein wunderschönes Märchen, dass noch einmal das Gefühl der Kindheit mit seinen düsteren Ungetümen zurückbringt.
--------------------------------
© Bellas Wonderworld; Rezension vom 30.05.2021
Diese Rezension stammt aus unserer Community Lesejury, in der lesebegeisterte Menschen Bücher vor allen anderen lesen und rezensieren können. Hier kannst du dich kostenlos registrieren.
Pressestimmen
DANIEL KEHLMANN