Der Roman „Die Leuchtturmwärterin“ von Guido Dieckmann handelt von Eleonore Vogel, genannt Nelly, einer anerkannten Pressefotografin, die in Berlin im Herbst 1943 von der Gestapo erwischt wird. Sie hatte ...
…mehr
Der Roman „Die Leuchtturmwärterin“ von Guido Dieckmann handelt von Eleonore Vogel, genannt Nelly, einer anerkannten Pressefotografin, die in Berlin im Herbst 1943 von der Gestapo erwischt wird. Sie hatte unerlaubte Aufnahmen gemacht. Durch Vermittlung ihres Schwagers und Generals Ansgar von Schlosser kann sie freikommen. Sie muss jedoch das Land verlassen und wird nach Holland geschickt. So kommt sie in den Küstenort Paardendijk, dem Geburtsort ihrer Mutter Bente. Sie verbringt dort als Leuchtfeuerwärterin in verantwortungsvoller Position und in Absprache mit der NS-Besatzung um Götz Haubinger eine aufregende Zeit. Der Gehilfe Henk und dessen Mutter Mintje unterstützen sie bei der Arbeit. Nelly interessiert es, ob es Verwandte von ihr in Paardendijk gibt. Dies ist die Kaufmannsfamilie Leander. Sie legt Wert auf sich und ist stolz auf die Abstammung. Ihre Mutter Bente hat Nelly vor der Abreise auf einem Zettel eine Notiz mitgegeben: „Vraag ze naar Febe“. Ihre Suche nach Febe zieht sich durch den ganzen Roman. Weitere Rätsel geben auf: das Verschwinden des alten Leuchtturmwärters Pit sowie des Leutnant Bellmann sowie ein Gemälde, über das Pastor Bakker etwas weiß. Schließlich belastet das Auftauchen des verletzten britischen Piloten Sam Cole den Ort, denn Nelly musste ihn im Leuchtturm verstecken. Den Widerstand der Niederländer gegen die Besatzer bekommt Nelly ebenso zu spüren wie den Druck der eigenen Vorgesetzten. Das Ende ist versöhnlich, weil Nelly noch immer die Leuchtfeuerwärterin von Paardendijk geblieben ist und sie sich mit den Verwandten gut verständigt. Der 1969 in Heidelberg geborene Bestsellerautor Guido Dieckmann schreibt Historische Romane. Bekannt wurde er mit „Luther“, dem Roman zu dem erfolgreichen Kinofilm.
Mir hat der Roman von Guido Dieckmann „Die Leuchtturmwärterin“ deshalb so gut gefallen, weil er gut gemacht ist. Die Atmosphäre ist sehr dicht und düster. Sie erinnert an eine Stormsche Novelle oder einen Krimi. Wahre Begebenheiten halten sich die Waage mit Erfindungen. Das Motiv des Leuchtturms spricht für sich als Wache für die Seefahrer und Hoffnung für Gestrandete, getreu dem voran gestellten Motto und niederländischen Sprichwort: „Ein Wrack an der Küste ist ein Leuchtfeuer im Meer.“ Stan Nadolnys „Die Entdeckung der Langsamkeit“ fällt mir ein, wenn die Abgeschiedenheit von Paardendijk mit „Abrahams Schoß“ (Seite 61) verglichen wird. Hier gibt es den Widerstand gegen die Besatzer, auch weil reflektiert und nachgedacht wird. Die Figur Corrie ten Boom wird genannt. Die Passion für das Recht und gegen die Vernichtung der Juden ist eine Komponente im diesem Widerstand. Der Fremde aus dem Meer, Nausikaa und Odysseus oder „Der englische Patient“ von Michael Ondaatje klingen in dem Fremden “Cole“ an, dem auch unter Einsatz des eigenen Lebens geholfen werden soll. Die Figuren überzeugen alle, auch deshalb weil die Namensfindung so „echt“ ist: von Schlosser, Bleicher, Pastor Bakker u.a. . Der im Buchformat gebrauchte, etwas größere Druck macht das Lesen leicht. Ich glaube der Autor hat viel Freude am Fabulieren seines Romans gehabt. Nicht alles ist Historie. Die Suche Nellys nach ihrer Schwester Febe gehört dazu. Der Menschenschlag an der Küste kann sehr engherzig sein, wenn es um die eigene Verwandtschaft geht. Nicht immer darf jemand die Angehörigen preisgeben und wer nicht dazu gehört, muss draußen bleiben. Dem Autor des Romans kann ich viel Erfolg mit diesem Buch wünschen und Leser, die es vielleicht auch bei einem Urlaub an der Küste in einer Buchhandlung finden. Die NS-Besatzung in den Niederlanden, Zwangsarbeiter oder das KZ Westerborg sind Denkanstöße, die die Lektüre von „Die Leuchtturmwärterin“ von Guido Dieckmann gibt.
Es hat mir Spaß gemacht dieses Buch zu lesen und es im Rahmen der „Lesejury“ rezensieren zu dürfen!
Hildegard Jonas
Diese Rezension stammt aus unserer Community Lesejury,
in der lesebegeisterte Menschen Bücher vor allen anderen lesen und rezensieren können.
Hier kannst du dich kostenlos registrieren.