Anna-Maria Aurel - Autor
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Autorin

Anna-Maria Aurel

Anna-Maria Aurel lebt als gebürtige Österreicherin nun schon seit mehr als fünfundzwanzig Jahren in Frankreich. Ihr Übersetzerstudium absolvierte sie in Lyon und Paris, ergänzte es durch einen Master in Tourismus- und Kulturmanagement in Avignon . Sie erfüllte sich ihren Traum vom Leben im Süden, als sie sich mit ihrer Familie in der provenzalischen Kleinstadt Saint Rémy de Provence niederließ. Dort ist sie heute als Fremdenführerin, Reiseleiterin, Übersetzerin und Schriftstellerin tätig. Die leuchtenden Landschaften der Provence haben sie  inspiriert, selbst Südfrankreich-Krimis zu schreiben. 

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Interview

„Meine Reiseleitungen motivieren mich, der deutschsprachigen Leserschaft die französische Lebensart und die Landschaften meiner Wahlheimat näherzubringen“ | 17.05.2023

Liebe Frau Aurel, warum haben Sie sich mit „Die Marseille-Morde – Das tote Mädchen“ für das Krimigenre entschieden?Ich habe schon früher Krimis geschrieben, zuerst Geschichten, deren Handlung im deutschen Sprachraum spielt und dann Provence-Krimis. Da ich dieses Genre schon seit Jahren am liebsten l...

Liebe Frau Aurel, warum haben Sie sich mit „Die Marseille-Morde – Das tote Mädchen“ für das Krimigenre entschieden?
Ich habe schon früher Krimis geschrieben, zuerst Geschichten, deren Handlung im deutschen Sprachraum spielt und dann Provence-Krimis. Da ich dieses Genre schon seit Jahren am liebsten lese, war es für mich naheliegend, mich auch beim Schreiben für Krimis zu entscheiden.
Was war zuerst da: die Story oder eine Figur aus dem Buch?
Zuallererst waren da zwei Hauptfiguren. In einem Provence-Krimi, den ich vor einigen Jahren geschrieben habe, spielten sie eher eine Nebenrolle. Es handelt sich um die Ermittlerin Nadia Aubertin und ihre Lebensgefährtin, die Journalistin Laura Drouot. Als ich beschloss, einen Marseille-Krimi mit einer weiblichen Ermittlungsleiterin zu schreiben, war mir klar, dass ich diese beiden Figuren in meinem Marseille-Krimi groß auftreten lassen möchte.
Wie sind Sie beim Schreiben vorgegangen: Haben Sie akkurat durchgeplant oder erstmal drauflosgeschrieben?
Ich begann meine Geschichte zu verfassen, nachdem ich einen groben Handlungsablauf aufgestellt hatte. Beim Schreiben kamen weitere Ideen für neue Handlungsstränge und Nebenfiguren. Aber von vornherein wusste ich, wie meine Geschichte abläuft und vor allem, wie sie enden wird. Nur die Details flossen nach und nach beim Schreiben ein.
Welche Stelle in Ihrem Buch war für Sie am schwierigsten zu schreiben und warum?
Schwierig waren immer die ermittlungstechnischen Details. Zum Beispiel die Ermittlung zu Theo, dem Jugendlichen, der vor seinem Haus von zwei auf dem Motorrad vorbeifahrenden Männern erschossen wurde. Pierre und Fiona fragen seine Eltern nach Details. Diese Szene und andere dieser Art musste ich mehrmals umschreiben, weil gewisse Tatbestände nicht zueinander passten und es Ungereimtheiten gab. Das ist manchmal ein wirkliches Kopfzerbrechen. Als Autorin habe ich eine gewisse schriftstellerische Freiheit, aber trotzdem soll alles logisch und nachvollziehbar sein.
Der Schauplatz an der malerischen Küste nahe Marseille steht im Kontrast zur düsteren Handlung des Krimis. Wieso haben Sie sich für Carry-le-Rouet entschieden?
Ich mag diese Ortschaften an der Côte Bleue, der „blauen Küste“, sehr gern. Es handelt sich um ehemalige Häfen, die im vorhergehenden Jahrhundert erheblich gewachsen sind, trotzdem aber ihr typisch provenzalisches Flair behalten haben. Außerdem sollte die Handlung ganz in der Nähe der Großstadt, dennoch aber in einem ruhigeren Ort beginnen. In einer Kleinstadt, die für eine heile Welt steht. So wollte ich den Schock, den der Selbstmord des jungen Mädchens auslöst, noch wirkungsvoller darstellen.
Neben Ihrer Tätigkeit als Autorin sind Sie Reiseleiterin in einer provenzalischen Kleinstadt. Könnten Sie sich vorstellen, Ihre Krimis auch außerhalb von Südfrankreich spielen zu lassen?
Ja, aber meine Reiseleitungen und Gespräche mit Gästen motivieren mich, der deutschsprachigen Leserschaft die französische Lebensart und die verschiedenen Landschaften meiner Wahlheimat näherzubringen. Auch bin ich vor Ort und kann hier besser recherchieren als in Deutschland. Deshalb konzentriere ich mich derzeit auf Provence-Krimis.
Was darf Ihrer Meinung nach bei einem Frankreich-Krimi nicht fehlen?
Landschaftsbeschreibungen, Kulinarik und das Schildern der Probleme des heutigen Frankreichs sind für mich sehr wichtig. Auch einfache französische Ausdrücke sollen den Leserinnen und Lesern helfen, sich in Gedanken nach Frankreich zu versetzen.
Mobbing, Diversität, Korruption und die Corona-Zeit in Frankreich – eine ganz schöne Bandbreite an Themen, die Sie da in Ihrem Roman verarbeiten. Was hat Sie dazu bewegt, all diese Themen gemeinsam aufzugreifen?
Dieser Krimi entstand im Lockdown und ich war fasziniert von all dem, was da gerade geschah. Ich wollte darüber schreiben, um auch meine eigenen Zweifel und Ängste zu verarbeiten. Zudem hatte ich kurz zuvor einen Bericht über den Selbstmord einer französischen Schülerin wegen Mobbing gelesen und wollte diese tragische Geschichte, die mich sehr berührte, leicht verändert aufgreifen.
Wer oder was hat Ihnen geholfen, als es mal schwierig war am Buch weiterzuschreiben?
Wenn ich nicht vorankomme, gehe ich meistens mit meiner Hündin eine Runde spazieren. Durch die Bewegung und das Erleben der Natur fließen die Gedanken wieder. Es hilft mir auch, wenn ich einen mehrtätigen Leerlauf habe, Bücher anderer Krimiautorinnen und -autoren zu lesen und mich so inspirieren zu lassen. Aber der erste Band ging mir im Coronajahr einfach von der Hand, weil ich im Lockdown so entspannt war. Ich konnte meiner Tätigkeit im Tourismus nicht nachgehen und hatte daher viel Zeit und keinen Druck.
Sie erzählen die Geschichte aus mehreren Perspektiven. Wie war es für Sie, sich in die verschiedenen Charaktere einzufühlen?
Ich habe bislang alle meine Geschichten aus verschiedenen Perspektiven erzählt. Es gelingt mir relativ leicht, mich in die verschiedenen Charaktere einzufühlen und es gefällt mir, mich in ihr Leben zu versetzen. Ich stelle mir zum Beispiel gern vor, wie es wäre, eine junge, sportliche, furchtlose und draufgängerische Ermittlerin wie Nadia und Fiona zu sein. Schwieriger ist es, wenn ich mich in die Rolle der Mutter hineinversetzen muss, deren Tochter Selbstmord begangen hat. Das tut weh, hilft mir aber auch, mich meinen eigenen Ängsten zu stellen. Ich erzähle sehr gern aus mehreren Perspektiven, weil ich viele Aspekte verschiedener Begebenheiten beleuchten kann und es viel unterhaltsamer finde.
Eine zentrale Beziehung im Buch ist die zwischen Nadia und Pierre. Wie würden Sie deren Verhältnis beschreiben?
Sie sind schon seit zwei Jahren privat eng befreundet, haben denselben Freundeskreis und treiben miteinander Sport. Am liebsten klettern sie gemeinsam in den Calanques. Pierre bereut es zwar, bevor er Fiona kennenlernt, dass Nadia Frauen bevorzugt, aber ihrer Freundschaft tut diese Tatsache keinen Abbruch. Die beiden arbeiten zudem sehr gut zusammen. Deshalb vertraut sich Pierre Nadia sofort an, als er bemerkt, dass sein Vorgesetzter die Ermittlung zu Emeline Berniers Selbstmord zu unterbinden versucht. Er weiß, dass Nadia einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn besitzt, auch ihren Vorgesetzten kritisch gegenübersteht und deshalb einer Undercover-Ermittlung nicht abgeneigt sein würde. Nadia und Pierre vertrauen einander blind und sind deshalb ein gutes Gespann.
Der zweite Band der Reihe „Der Tote von Port Pin“ ist im Mai 2023 bei beTHRILLED erschienen. Auch Band 1 gab es zunächst als eBook. Wie lesen Sie am liebsten – digital oder auf Papier?
Ich habe erst vor zwei Jahren mit dem Lesen von digitalen Büchern begonnen. Ich hatte damit anfangs große Probleme, weil ich fand, dass ich ohnehin schon zu viel Zeit vor dem Bildschirm verbringe. Außerdem brauchte ich das Gefühl, ein Buch in den Händen zu halten und Papier unter den Fingern zu spüren. Aber ich habe mich an den Bildschirm gewöhnt und seit einem Jahr lese ich hauptsächlich digital. In der Provence gibt es kaum Buchhandlungen, die deutsch- und englischsprachige Bücher verkaufen. Deshalb lade ich mir jetzt meinen gesamten Lesestoff herunter. Trotzdem stöbere ich noch immer sehr gern in Buchhandlungen herum, kaufe Printexemplare und freue mich, wenn ich ein Buch geschenkt bekomme. Ich mag beides und lese das, was mir gerade zufällt.
Welche Themen liegen bei „Der Tote von Port Pin“ im Fokus?
Es sind wieder verschiedene Themen dabei: Ein Beziehungsdrama und schlimmer Liebeskummer, Stalking, Freundschaft und eine schwere Erkrankung. Sowie die Probleme in den Vorstädten Marseilles, das Umweltthema, vor allem die Tatsache, dass man es in Frankreich mit dem Umweltschutz nicht immer so genau nimmt, und Korruption und Erpressung sind natürlich wieder mit im Spiel. Auch das Thema von Frauen bei der Polizei und deren Schwierigkeiten bei der Ermittlungsarbeit bearbeite ich in diesem Krimi.
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