Ingrid Steeger - Autor
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Ingrid Steeger

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Interview

Interview | 11.09.2013

Seit 45 Jahren steht Ingrid Steeger im Rampenlicht. Jetzt hat sie ihr bewegtes Leben zu Papier gebracht und beweist ihr schriftstellerisches Talent. Offenherzig beschreibt Frau Steeger die vielen Höhen und Tiefen, die sie bisher erlebt hat, und ihre nach wie vor ungebremste Abenteuerlust.Frau Steeg...

Seit 45 Jahren steht Ingrid Steeger im Rampenlicht. Jetzt hat sie ihr bewegtes Leben zu Papier gebracht und beweist ihr schriftstellerisches Talent. Offenherzig beschreibt Frau Steeger die vielen Höhen und Tiefen, die sie bisher erlebt hat, und ihre nach wie vor ungebremste Abenteuerlust.
Frau Steeger, Sie stehen seit 45 Jahren im Rampenlicht, und die Presse hat in dieser Zeit keine sich bietende Gelegenheit ausgelassen, Ihnen immer wieder neue Etiketten aufzudrücken: das Sexsymbol, die Ulknudel der Nation, die Hartz-IV-Empfängerin, der Kult-Star. Welches Etikett würden Sie sich heute selbst gern aufkleben?
Das habe ich mir bereits aufgeklebt, zumindest im übertragenen Sinn. Ich habe mir nämlich gerade einen dieser Schlüsselanhänger aus Filz gekauft, die jetzt modern sind, und zwar einen, auf dem Heldin steht. Das ist jetzt mein Etikett. Denn das bin ich heute: eine Heldin. Für die anderen vielleicht nicht, wohl aber für mich selbst.
Sie haben im Verlauf Ihrer bisherigen Karriere in weit über fünfzig, zum Teil hochkarätigen Film- und Fernsehproduktionen mitgewirkt und in großen Rollen auf der Bühne gestanden. Jetzt haben Sie mit UND FIND ES WUNDERBAR eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass Sie auch schreiben können. Wäre es vorstellbar für Sie, sich eine Rolle auf den Leib zu schreiben, und wenn ja, um was für eine Art von Figur würde es sich dabei handeln?
Eine Rolle vielleicht nicht unbedingt. Ich habe aber erwogen, ein Buch zu schreiben, einen Krimi über einen Depressiven. Ich habe einige depressive Menschen in meinem Leben kennengelernt und war ja auch selbst depressiv, sodass ich den Zustand aus der Innenperspektive kenne und weiß, was da alles passieren kann. Daraus einen Krimi zu entwickeln, würde mich sehr reizen.
Sie beschreiben in UND FIND ES WUNDERBAR, dass Sie sich in Ihrer Kindheit mit einer Literaturheldin wie Pippi Langstrumpf so überhaupt nicht identifizieren konnten, weil Ihr persönliches Leben gänzlich anders aussah. Auch die heutige Literatur wird vorwiegend von Über-Frauen dominiert. Glauben Sie, dass ein Mangel an realistischen Frauen-Identifikationsfiguren besteht, und wenn ja, woran liegt das Ihres Erachtens?
Naja, vor allem natürlich daran, dass sich gesellschaftlich alles so sehr verändert hat. Die Frauen wollen heute Karriere und Familie und müssen das im Zweifelsfall, wenn die Beziehungen scheitern, beides allein stemmen können. Deshalb müssen sie schon stark und dürfen gar nicht mehr schwach sein, und wollen dafür auch in der Literatur und in Film und Fernsehen Vorbilder sehen. Dadurch geht natürlich die Realität ein bisschen verloren. Ich persönlich empfinde es nicht immer als etwas Negatives, schwach zu sein. Das kann auch eine Stärke darstellen.
Sie sind 1947 in Berlin zur Welt gekommen, in einer Zeit, in der alles kaputt und alle arm waren. Trotzdem hat Ihre Mutter sich ihrer Armut geschämt und sie vor den anderen Leuten verheimlichen wollen. Wie hat sich dieses „Übertünchen“ und „Überspielen“ auf Ihre eigene Entwicklung ausgewirkt?
Dadurch habe ich nie gelernt zuzugeben, wie es mir wirklich ging. Und wenn es mir schlecht ging, hatte ich immer Angst, dass es jemand bemerkte, denn ich wollte nicht, dass man Mitleid mit mir hatte. Ich wollte nicht so klein und jämmerlich sein. Trotzdem haben die Leute das immer irgendwie bei mir „gerochen“. Sie hatten immer Mitleid mit mir, und im Nachhinein bin ich dankbar dafür, denn Mitgefühl ist ja auch eine Form von Liebe.
Sie und Ihre Schwester wurden in Ihrer Kindheit vom Vater geprügelt, vom Großvater sexuell belästigt, und Mutter und Großmutter schauten einfach weg und ließen es geschehen. So etwas gibt es heute leider immer noch, mehr denn je. Könnten Sie sich vorstellen, betroffenen Kindern zu helfen, und wenn ja, in welcher Form?
Da könnte ich sicherlich helfen. Zumal heutzutage ja sehr viel offener über diese Dinge geredet wird. Oder besser gesagt: geredet werden könnte, denn ob betroffene Kinder sich trauen, etwas zu sagen, ist eine ganz andere Sache. Wir haben damals niemandem was erzählt. Denn meine Schwester und ich haben das, was mit uns passierte, ja als normal empfunden; wir hatten schließlich keine Vergleichsmöglichkeiten. Heute gibt es zwar sehr große Hilfen, nur bleibt die Frage, ob die betroffenen Kinder wagen, etwas zu sagen. Wie weit geht ihre Angst?
Im gleichen Kontext: Menschen, die derartigen Lebensbedingungen ausgesetzt sind, legen gewisse Verhaltensweisen an den Tag, mit denen sie um Hilfe schreien, werden trotzdem aber auch heute noch viel zu selten gehört. Worauf müssten nach Ihrer persönlichen Erfahrung Lehrer, Nachbarn, Freude viel besser achten, um Gewalt in Ehe und Familie besser entgegenwirken zu können?
Das kommt ganz darauf an. Manche Kinder werden aggressiv, andere verschließen sich völlig und schweigen. Ich war extrem ruhig. Ich glaube, da fehlt heute so ein bisschen der persönliche Kontakt, der schon früher nicht war, wie er eigentlich hätte sein sollen. Im Grunde müsste jeder Lehrer nebenher ein kleiner, besser noch ein großer Psychiater sein. Ich meine, Kinder äußern sich ja über ihr Verhalten. Ich habe mich innerlich zurückgezogen, habe gar nichts gesagt, sogar Angst gehabt, mich zu melden. Ich war glücklich, wenn ich in meiner Ecke stehen musste, denn dann brauchte ich nichts zu sagen. Auch als Erwachsene habe ich nicht gesprochen. Und als ich bekannt wurde, hatte ich Sorge, ich sage alles falsch, wenn ich den Mund aufmache. Und so war das von Kindheit an. Lehrer sollten so etwas eigentlich merken und auf die Kinder zugehen.
Die Erfahrungen mit Vater und Großvater haben Ihr Selbstbild geprägt und damit auch das Bild, das andere Männer von Ihnen bekamen: unsicher, verängstigt, kontrollierbar, das perfekte Opfer für Vergewaltigung sexueller, seelischer und emotionaler Art. Wenn Sie heute Gelegenheit hätten, die kleine Ingrid möglichst schadlos durch das finstere Labyrinth ihrer Kindheit zu lotsen, was würden Sie ihr mit auf den Weg geben?
Was würde ich ihr mit auf den Weg geben? Zum einen, sich zu öffnen und nicht alles so für sich zu behalten. Den richtigen Menschen zu finden, dem sie sich öffnen kann. Nur ... ich besaß ja überhaupt kein Selbstbewusstsein und habe damit Menschen angezogen, nicht nur Männer, Freundinnen ganz genauso, die mir auch kein Selbstbewusstsein gegeben haben. Im Gegenteil. Die haben mich dann noch weiter entmündigt. Nur wie sollte ich der kleinen Ingrid jetzt vermitteln, dass sie selbstbewusst werden soll? Ich habe mich nicht für klug gehalten, sondern für ungebildet und deshalb für dumm. Ich habe bemerkt, dass mein Körper begafft wurde, fand das aber im Grunde nicht angenehm. Da war es schwer, Selbstbewusstsein zu entwickeln. Und wenn ich es gehabt hätte, hätte ich vielleicht nicht diese unschuldig unprovokative Ausstrahlung in Klimbim gehabt. Also kann ich der kleinen Ingrid eigentlich nur mit auf den Weg geben, dass sie an sich arbeiten soll, damit sie etwas kann, etwas ist und an sich glaubt. Durch den Rest muss sie allein durch.
Sie schildern in UND FIND ES WUNDERBAR auf bestürzend nachvollziehbare Weise Ihr „erstes Mal“, eine brutale Vergewaltigung durch einen Mann, den Sie im Grunde gar nicht kannten und der bis zum entscheidenden Moment in keiner Weise hat durchblicken lassen, was für ein Verbrechen er plante. Welche kurz-, mittel- und langfristigen Auswirkungen hatte das auf Ihr Vertrauen in Ihre eigene Wahrnehmungsfähigkeit?
Auf mein Wahrnehmen hatte das eigentlich keine Auswirkung, wohl aber auf mein Hinnehmen. Ich habe dadurch ein Verhaltensmuster entwickelt, schreckliche Dinge hinzunehmen, sie stumm zu ertragen. Nicht nur sexuell, sondern vor allem im zwischenmenschlichen und im emotionalen Bereich.
Sie haben niemals freiwillig Drogen genommen, übermäßig Alkohol getrunken oder zu Medikamenten gegriffen. Was hat Sie davon abgehalten – vor allem in den schweren Zeiten?
Alkohol habe ich nie regelmäßig und immer nur wenig getrunken. Und gegen Tabletten hatte ich immer was. Die versuche ich so gut wie gar nicht einzunehmen. Drogen habe ich mit dem Pfleghar genommen, aber nicht freiwillig. Und vielleicht hat mich das Zeug deshalb nie gereizt. Mein Körper und mein Kopf sind gottlob nie süchtig danach geworden.
Bei einer Aufzeichnung von Stars in der Manege sind Sie entgegen der Anweisungen unangeseilt und ohne Netz durch die Zirkuskuppel geturnt, in Kenia sind Sie in der Nacht allein durch den Busch gelaufen, im Death Valley haben Sie, wiederum allein und ohne Wasser, einen Mittagsspaziergang unternommen. Sind das im Rückblick betrachtet Dinge, die von Todesmut zeugten oder eher von Todessehnsucht, und was war da noch, was nur nicht mehr ins Buch hineinpasste?
Das war reine Abenteuerlust. Ich bin eine Abenteurerin. Ich möchte gern was erkunden und erleben. Deshalb bin ich überall, wo ich war, allein losgezogen und auf Entdeckungstour gegangen. Todessehnsucht war das ganz bestimmt nicht. Ich wollte einfach ganz für mich allein etwas Fremdes und deshalb völlig Neues erleben. Ich bin so. Ich tobe gern herum, weder in Diskotheken, noch auf dem Roten Teppich, sondern da, wo es möglicherweise gefährlich werden könnte. Denn nur, wo es gefährlich ist, kann man auch was erleben.
Gebraucht zu werden, ist ein erfüllendes Gefühl, ganz besonders für Menschen, die sich ungeliebt fühlen. Sie sind in Ihrem Leben leider häufig benutzt worden. Was ist das Ihres Erachtens, was Menschen so oft verleitet, die ganze Hand zu nehmen, wenn ihnen der kleine Finger gereicht wird?
Naja, ich habe natürlich meist die verkehrten Leute angezogen, die es bewusst darauf angelegt haben, denn ich war ja ganz leicht zu manipulieren. Ich habe immer gern und viel gegeben, wenn jemand Probleme hatte, nur waren halt auch Leute darunter, die das gar nicht gebraucht hätten, die mir gegenüber nur so getan haben, als würden sie es brauchen. Wenn man solchen Leuten den kleinen Finger reicht, können sie die ganze Hand nehmen, und wenn sie das können, dann tun sie das auch. Ganz einfach.
Etwas ganz anderes: Ihre inzwischen leider verstorbene Klimbim-Mutter Elisabeth Volkmann hat Ihnen mal einen Heilpraktiker empfohlen, dessen Wirken Sie knapp überlebt haben. Erstens: Praktiziert der Mann immer noch, und wie könnte man sich dann vor ihm schützen? Und zweitens: Haben Sie je wieder die Dienste eines Vertreters dieser Zunft in Anspruch genommen?
Nein, eine solche Erfahrung wird man nicht mehr los. Ob der Mann noch praktiziert, weiß ich nicht, hoffentlich nicht. Nur darf man deshalb natürlich nicht den ganzen Berufsstand über einen Kamm scheren. Damals waren die Heilpraktiker mit ihren alternativen Methoden ziemlich neu und regelrecht in. Inzwischen hat sich die Spreu da sicher vom Weizen getrennt.
Und wieder ein Themenwechsel: Oft und gern ist in den vergangenen viereinhalb Jahrzehnten in den Medien über Ingrid Steeger und ihre Männer berichtet worden, vieles davon haben Sie jetzt in UND FIND ES WUNDERBAR gerade gerückt. Eine Sache ist ungemein faszinierend: Aus den Ringen, die Ihre Partner Ihnen geschenkt hatten, fielen kurz vor der Trennung immer die Steine heraus. Haben Sie in diesen Fällen schon mal gleich mit dem Packen angefangen oder getan, was die meisten Frauen tun würden, hysterisch geweint?
Als die Steine rausgefallen sind? Da habe ich nicht geweint. Da habe ich die Ringe sofort weiterverschenkt. Andere Frauen hätten die dann vielleicht verkauft, aber bei mir haben die Männer nie so viel dafür ausgegeben, dass sich das rentiert hätte.
Eines jeden Menschen Leben ist wie ein Roman, der aus in sich abgeschlossenen Kapiteln besteht, deren jeweilige Protagonisten hin und wieder auch noch mal in anderen Kapiteln vorkommen. Welchen Titel würden Sie dem jetzigen Kapitel Ihres Lebens geben und wie würden Sie es umreißen?
Wie bereits gesagt, sehe ich mich selbst heute als Heldin, und was ich alles schon in meinem Leben durchlebt habe, kann ich manchmal gar nicht mehr greifen. Wenn ich mir beispielsweise alte Folgen von Klimbim ansehe, denke ich immer: ‚Das kann doch nicht ich gewesen sein.’ Ich kann auch diese drei, vier Jahre nicht mehr nachvollziehen, in denen ich offensichtlich Depressionen hatte und eigentlich gar nicht gelebt habe. Und dass ich danach wieder aufgestanden bin, ist wie ein Wunder für mich. Also ist dieses momentane Kapitel meines Lebens wie eine Wiederauferstehung oder Reinkarnation vom eigenen Leben und eigenen Ich.
Sie haben jahrzehntelang Unmengen Steuern bezahlt, weil Sie viel Geld verdient haben, und Sie haben einmal im Leben für vier Monate Hartz IV bezogen, aber an letztgenanntes erinnert man Sie jetzt immer gern wieder. Was sagt das Ihres Erachtens über die Presse aus?
Tja ... wenn ein Prominenter heiratet, jubelt die Presse das hoch, wartet im Grunde aber nur darauf, dass die Ehe wieder in die Brüche geht. Das Negative ist das Positivste für manche Journalisten, denn das Negative lässt sich offenbar am besten verkaufen.
Im gleichen Zusammenhang: Nachdem die Bild Ihre finanzielle Misere ohne vorherige Absprache mit Ihnen und ohne jedwede Vorwarnung ausgeschlachtet hatte, haben wildfremde Menschen Ihnen ungefragt Geld geschickt, um Ihnen zu helfen. Was haben Sie damals dabei empfunden, was empfinden Sie heute, wenn Sie daran zurückdenken, und was sagt das über unsere Mitmenschen aus?
Im ersten Moment fand ich das ganz schrecklich, weil mir dadurch immer bewusster wurde, wie schlecht es mir ging. Im Rückblick betrachtet finde ich das dermaßen lieb und nett, dass es mich zutiefst berührt, denn manche haben sich ja sogar dafür entschuldigt, nicht mehr zu geben, weil sie nicht mehr als 20 oder 50 Euro geben konnten. Das hat mir gezeigt, dass es trotz allem auch heute noch Menschen gibt. Menschen! Und es vergeht kaum ein Tag, an dem mich solche Menschen nicht auf der Straße anlachen und fragen ‚Geht’s Ihnen wieder gut?’ Dieses „wieder gut“ heißt, dass sie alle mit mir gelebt und gelitten haben.
Laut eigener Aussage haben Sie jahrzehntelang zum Wohlgefallen anderer wie Ihrer Eltern und Ihrer Lebensgefährten gelebt und haben heute erstmals ein eigenes Leben. Fällt es Ihnen trotzdem manchmal schwer, nicht in das andere zurückzufallen, und wie gehen Sie in solchen Fällen mit der Verlockung um?
Keine Angst, ich habe immer noch genug Sorgenkinder. Die werde ich mein Leben lang haben. Heute helfe ich halt mit Gesprächen und Vorschlägen. So bin ich nun mal und ehrlich gesagt, will ich mich da auch gar nicht ändern. Ich muss nur nach wie vor aufpassen, dass ich dabei nicht an Menschen gerate, die mich ausnutzen wollen. Jetzt, da ich nicht mehr das große Geld habe, laden Leute mich manchmal ein, und ich denke dann, es soll ein netter Abend werden, aber da wartet dann die Presse und man will mich vermarkten. Das Geld können sie nicht mehr nehmen, also versuchen sie es über den Namen. Da bin ich dann ganz schnell weg.
Sie schreiben in UND FIND ES WUNDERBAR, dass Sie sich eine Zeitlang intensiv mit Esoterik befasst, sich aber wieder davon abgewandt haben. Woran glauben Sie? An Gott? Das Schicksal? An das Universum?
An Gott ganz bestimmt nicht, weil mir Gott niemand erklären kann. Wenn jemand käme, und mir den gut erklären würde, könnte ich dran glauben, aber bis jetzt hat das keiner geschafft. Universum... vielleicht. Schicksal... also, wenn ich mir mein Leben anschaue und sehe, wie eins ins andere griff und trotzdem irgendwie Sinn machte, gibt es ein Schicksal.
Tiere, vor allem Hunde, haben Sie durch die dunkelsten Phasen Ihres Lebens begleitet und gerettet. Was haben Sie dadurch von Ihren Hunden gelernt?
Liebe, Verständnis, Zärtlichkeit, da zu sein. Und ein Hund liebt nicht bedingungslos! Mein Hund zeigt mir sehr wohl, was sie will und was sie nicht will. Dass immer behauptet wird, Tiere, vor allem Hunde, seien Jasager, kann ich gar nicht unterschreiben. Tiere sind keine Jasager, es sei denn, man prügelt sie so, dass sie sich nichts mehr trauen.
Sie nennen Ihr Hündchen, den Yorkshire-Terrier Eliza Doolittle, Ihre Heimat – wo die Kleine ist, ist Zuhause, ein Gefühl, das viele Tierliebende bestens nachempfinden können. Wie gut hat das kleine Mädchen Sie denn inzwischen erzogen, und woran hapert es Elizas Ansicht nach bei Ihnen immer noch?
Eliza hat eigentlich nur zu beklagen, dass ich ihr zu viel von den Augen ablese. Und, naja, sie fährt nicht gern mit dem Zug, darüber kann sie sich beklagen, aber da sage ich immer, da muss sie durch. Ich muss da ja auch durch.
Sie haben in den letzten Jahren erfolgreich Theater gespielt, standen zuletzt in Frankfurt in Der Kurschattenmann auf der Bühne. Was steht als nächstes auf Ihrem Terminkalender?
Da spiele ich in einer Komödie, im Künstlermekka Worpswede bei Bremen. Premiere ist am 06. September und das Stück ist von René Heinersdorff, der auch Der Kurschattenmann geschrieben hat, und heißt Sei Lieb Zu Meiner Frau. Das spielen wir dann im nächsten Frühjahr auch in Kassel. Und im November, Dezember bis Mitte Januar ist noch mal Der Kurschattenmann, kommt meine „Familie“ wieder zusammen, unter anderem Simone Rethel und Volker Brandt. Und dann spiele ich, und das ist das schönste, im Januar/Februar meine absolute Lieblingsrolle in Gatte Gegrillt, einer englischen, schwarzen Tragikomödie, eine vom Ehemann verlassene und betrogene Ehefrau, die den Gatten an einer Gräte ersticken lässt. Und nächstes Jahr gehe ich dann auch noch mit Hans-Jürgen Bäumler auf Tournee. Theatermäßig bin ich sehr gut gebucht und sehr gut gefragt.
Und Sie werden mit dem Buch, davon bin ich überzeugt, wahnsinnig viele Lesungen machen.
Da bin ich gespannt. Ich kann das ja gar nicht mehr objektiv beurteilen. Als ich anfing, das Buch zu schreiben und alles auszuformulieren, habe ich mich oft gefragt, ob das überhaupt richtig ist, was ich da mache? Kann ich das überhaupt? Nach so vielen Jahren hat das, was die Leute über mich denken, auch sehr stark geprägt, was ich über mich selbst denke. Denn die Menschen da draußen kennen ja fast alle nur die Ingrid Steeger, die ihnen von der Presse vermittelt wurde. Die halbnackt herumgehopst ist, bevor sie durch den Pfleghar Karriere machte. Nur so ist das ja nicht. Ich bin als Kind zwar nicht gern zur Schule gegangen, habe aber die Mittlere Reife und war anschließend drei Jahre auf der Handelsschule. Mit erfolgreichem Abschluss. Das musste ich mir beim Schreiben immer wieder vor Augen führen, und das wird mir hoffentlich auch durch Lesungen hindurchhelfen.
Abschließend noch eine nicht ganz ernstgemeinte Frage: In Hollywood werden die Frauen an ihrem 40. Geburtstag unsichtbar, im Rest der Welt erreicht frau zu einem gewissen Zeitpunkt das Noch-Alter, in dem Sie sich nach eigenem Bekunden auch befinden. Noch sehen Sie gut aus, noch sind Sie fit, aber lange wird das natürlich nicht mehr so gehen, was das Noch ja überdeutlich impliziert. Was haben Sie in weiser Voraussicht für den Augenblick geplant, da alles gnadenlos den Bach hinuntergeht?
Wenn man noch nicht mal mehr „Noch“ sagt? Tja, ganz einfach: Dann mach ich mir ’nen Schlitz ins Kleid und find es wunderbar.
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