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Autorin

Nadine Fauland

Nadine Fauland ist eine österreichische Autorin. Sie wurde 1983 geboren und studierte Tourismusmanagement. Obwohl es sie immer in die weite Welt hinauszog, ist sie schnell dem Wiener Charme erlegen und der Liebe wegen in der Hauptstadt geblieben. Zu einer feinen Melange kann sie genauso wenig Nein sagen wie zu einer ausgiebigen Joggingrunde im Augarten. Unter Pseudonym hat sie bereits mehrere Bücher erfolgreich veröffentlicht.

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Interview

„Kann man sich in eine Stimme und den dazugehörigen Charakter verlieben?“ | 16.05.2023

Liebe Frau Fauland, worum geht es in Ihrem Roman?Es geht um Lissy, die seit der Corona-Pandemie den Pizzakummerkasten, einen Lieferservice der besonderen Art, in Wien betreibt. Es gibt keine Speisekarte, stattdessen bestellt man mit seinen Empfindungen. Lissy hat für jedes Wehwehchen das passende (K...

Liebe Frau Fauland, worum geht es in Ihrem Roman?
Es geht um Lissy, die seit der Corona-Pandemie den Pizzakummerkasten, einen Lieferservice der besonderen Art, in Wien betreibt. Es gibt keine Speisekarte, stattdessen bestellt man mit seinen Empfindungen. Lissy hat für jedes Wehwehchen das passende (Koch-)rezept parat.
An einem besonders hektischen Tag bestellt Matthias bei ihr. Ein wenig überfordert kreiert sie ein exotisches Menü für ihn und gibt ihm den Spitznamen Mr. Crunch. Leider liegt sie mit ihrer Menüauswahl aber komplett daneben, sodass eine schlechte Bewertung von Matthias im Internet folgt. Sie will das nicht hinnehmen und denkt sich etwas ganz Besonderes aus, um den schwierigen Kunden doch noch zu überzeugen. Lissy beliefert ihn selbst, doch von Matthias lernt sie nur seine Stimme kennen. Aber die zieht Lissy immer mehr in den Bann …
Warum haben Sie sich dafür entschieden, die Covid-19-Pandemie in Ihren Roman zu integrieren? Inwieweit hat die Pandemie die Charaktere in Ihrem Roman verändert?
Die Pandemie hat uns alle vor große Herausforderungen und unser bisheriges Leben vollkommen auf den Kopf gestellt. Die Einsamkeit von einigen Personen war da schon sehr groß. Deshalb ist mir die Idee mit dem Pizzakummerkasten gekommen. Bei Lissy können sich die Kund:innen das, was ihnen am Herzen liegt oder ihnen Sorgen bereitet, von der Seele schreiben. Liebe geht bekanntlich durch den Magen. Essen kann heilsam sein. Vor allem das Gute ... Lissy hat die Pandemie dazu genutzt, ihre Idee von einem „empathischen“ Lieferservice in die Tat umzusetzen und damit etwas Sinnvolles geschaffen, was vielen Personen genussvolle Freuden schenkt. Matthias hingegen hat sich mit Beginn des Lockdowns in seiner Wohnung verschanzt. Aus einem guten Grund, wie sich im Laufe der Geschichte herausstellen wird. Die Pandemie hat somit beide Charaktere ein Stück weit verändert. Mehr noch aber haben sie sich gegenseitig verändert.
Beruht die Idee mit dem Pizzakummerkasten auf einem wahren Unternehmen oder wie sind Sie darauf gekommen?
Das Unternehmen gibt es (leider) nicht. Vielleicht habe ich ja jemanden auf die Idee gebracht.
Die Idee dazu war mir beim Joggen gekommen. Es herrschte gerade wieder ein Lockdown. Man konnte in keinem Restaurant essen gehen und viele waren mit der täglichen Frage überfordert, was man daheim kochen soll. So einen besonderen Lieferservice braucht es, dachte ich mir damals. Da ich aber kein Unternehmen gründen wollte, habe ich die Idee zu einem Roman verfasst. Die Charaktere waren schnell lebendig in meinem Kopf geworden und dann folgte auch schon der Plot, der auf ihre Sehnsüchte, Wünsche und ihren Rucksack aus der Vergangenheit aufgebaut hat.
Direkt auf den ersten Seiten erfahren die Leser:innen viel über den Charakter der Protagonistin. Lissy ist außergewöhnlich empathisch und kocht leidenschaftlich und mit viel Herzblut für den Pizzakummerkasten. Wie würden Sie Ihre Hauptfigur sonst noch beschreiben?
Lissy ist sehr kreativ, hilfsbereit, aber manchmal auch kindlich-naiv. Sie würde am liebsten mit dem Kochlöffel die Welt retten. Sie ist unbeirrbar romantisch in dieser Hinsicht ... und wirtschaftlich eine kleine Katastrophe, weshalb Matthias, ein rational denkender Mensch, sie wunderbar ergänzt.
Lissy gibt all ihren Kunden Spitznamen, etwa „Mr. Crunch“ für Matthias oder „Don-Juan-Quitte“ für Kurt. Vergeben Sie auch gerne Spitznamen?
Ich finde ja, dass der ausgeschriebene Name am schönsten ist. Allerdings verwende ich für manche Personen natürlich auch einen Spitznamen. Ebenso für meinen Mann. Den spreche ich noch immer mit dem Spitznamen an, mit dem er sich in seiner Studienzeit bei mir vorgestellt hat. Macht ihn langfristig gesehen auch jünger.
Was verbinden Sie persönlich mit dem Kochen? Sind Sie Lissy ähnlich und verbringen auch gerne die Wochenenden auf Märkten in Wien?
Ich esse sehr gerne sehr gut. Bei mir zu Hause wurde immer groß aufgekocht und darauf geachtet, dass die Familie beim Essen zusammenkommt. Das hat meine Geschmacksnerven und meine Einstellung zum Essen positiv geprägt. Ich koche zwar gerne, aber aktuell fehlt mir für stundenlange Kochsessions die Zeit. Dennoch lege ich Wert auf frische Zutaten. Da kommt man in Wien an Märkten natürlich nicht vorbei. Abseits der bekannten touristischen, findet man in fast allen Bezirken kleinere Märkte zum Gustieren. Neben den klassischen Ständen lockt mich aber auch das Gastronomieangebot mit seinen Schanigärten zum längeren Verweilen.
Als Lissy auf Matthias trifft, hat er gerade sehr mit seinem Leben zu kämpfen. Wie würden Sie Matthias charakterisieren?
Matthias ist ehrgeizig, hat immer ein Ziel vor Augen und ist engagiert in allem, was er tut und im (Berufs-)leben umsetzen möchte. Im Grunde ist er ein Lebemensch. Sportlich, aktiv, hat die Welt bereist, ist nie um einen Ratschlag verlegen. Doch dann geschieht etwas, das ihn aus dem Alltag reißt, ihm förmlich den Boden unter den Füßen wegzieht. Das stellt ihn vor große Herausforderungen, die ihn verändern.
Das Besondere an Lissys und Matthias Geschichte ist, dass sie das Aussehen des Gegenübers nicht kennen, da sie sich nur durch eine geschlossene Tür unterhalten. Warum ist diese Art von Kennenlernen wichtig bei dieser Liebesgeschichte? Was verbindet die beiden?
Gerade in Zeiten wie diesen, wo auf Datingplattformen wie Tinder, Bumble und Co nur noch das Äußere zählt, hat mich ein komplett anderer Zugang gereizt. Was ist, wenn man sich beim Kennenlernen nur hört? Kann man sich in eine Stimme und den dazugehörigen Charakter verlieben?
Bei Lissy und Matthias ist nicht das Aussehen der Eyecatcher, sondern die Stimme und die Botschaften, die sie sich zukommen lassen. Es ist kein oberflächliches Kennenlernen. Dadurch, dass sie sich durch das Sprechen und Zuhören begegnen, entsteht eine ganz besondere Dynamik zwischen den beiden. Natürlich wächst aber mit jedem „Treffen“ die Sehnsucht, dass man einander endlich gegenübersteht und sieht. Und wer weiß, vielleicht sehen sie sich am Ende ja doch.
Sie haben Tourismus studiert und reisen leidenschaftlich gerne. Warum haben Sie sich für Wien als Lebensmittelpunkt entschieden? Was macht diese Stadt besonders?
Ich bin zwecks der Liebe in Wien geblieben, was ich nie bereut habe. Mittlerweile ist auch eine große Liebe zur Stadt entstanden. In Wien ist die Geschichte lebendig. Man hört die klassische Musik, wenn man am prunkvollen Ring entlanggeht, man spürt die kaiserliche Zeit, wenn man in den Bundesgärten auf einer Parkbank sitzt. Man kann die unterschiedlichsten Kaffeevariationen trinken, leckere Mehlspeisen essen und mit einem Zeitungshalter in der Hand die Leute beobachten.
Wien hat so viele Seiten. Da ist sie die Stille. Morgens, wenn sie sich aus dem Schlaf rekelt. Untertags die Quirlige, wenn die Menschen durch die Gassen der Innenstadt strömen. Und nachts eine extrovertierte Diva, die sich gern in Schale wirft und für bunte Festivals ihre Arme öffnet. Diese Facetten einer Großstadt gefallen mir, denn es wird nie langweilig, sich auf ihren Straßen zu bewegen.
Zudem ist Wien eine gepflegte, saubere Stadt. Man kann in den Weingärten, auf der Donauinsel oder in einem der unzähligen Parks und Gärten entspannen. Oder den Abend bei einem Achterl „Wiener Gemischter Satz“ beim Heurigen ausklingen lassen.
Wie stark hat Sie die österreichische Kultur beeinflusst und was lieben Sie daran?
Ich bin Vollblut-Steirerin, komme aus dem grünen Herzen Österreichs und bin im ländlichen Raum groß geworden. Dadurch bin ich recht bodenständig aufgewachsen, mit Dirndl-Kleid, Feuerwehrfesten und Dorfdisko. Wanderungen mit anschließender Brettljause oder Radausflüge standen ebenso auf dem Programm wie Schwimmen im Badeteich bei Sommerwetter. Die unversehrte Natur habe ich als Kind immer als selbstverständlich betrachtet. Heute, als Erwachsene, weiß ich die Berge, Seen und die frische Luft, die Österreich zu bieten hat, entsprechend zu schätzen. Aber natürlich habe ich auch die Wiener Kaffeehauskultur – mit Melange, Kapuziner und Einspänner – ins Herz geschlossen.
Beim Schreiben welcher Szene im Roman hatten Sie am meisten Spaß?
Die Gespräche zwischen Lissy und Matthias haben am meisten Spaß gemacht. Aber auch die „Diskussionen“ zwischen Lissy und ihrem Sous-Chef Pierre, der ein wahrer Dramatiker ist und sich schon am Morgen einen Schuss Theatralik gönnt, bringen mich immer wieder zum Schmunzeln.
Wo schreiben Sie am liebsten?
Zu Hause auf der Couch oder bei Schönwetter auf der Terrasse. Wir wohnen im Dachgeschoss mit Ausblick auf die Stadt. Da verliert man nicht so schnell den Überblick. Die (gefühlte) Freiheit inspiriert.
Der Titel des Romans lautet „Wiener Melange für zwei“ – ist die Melange Ihr Lieblingsgetränk oder wie ist der Titel entstanden?
Wiener Melange trinke ich gern. Vor allem gegen das Nachmittagstief mit einem Stück Schokolade oder ab und an darf’s auch ein Topfenstrudel zum Kaffee sein. Aber den Titel hat meine Lektorin vorgeschlagen und ich fand ihn auf Anhieb passend für das Buch.
Arbeiten Sie bereits an einem weiteren Roman?
Ja, ich schreibe an einer dreiteiligen Reihe, in der es um vier starke Frauen in der Nachkriegszeit geht. Die Reihe wird voraussichtlich 2024/2025 bei Lübbe erscheinen.
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