Autor

Fynn Haskin

Fynn Haskin wurde im rauen Winter 1969 geboren – vielleicht ist das der Grund, warum er schon früh eine Vorliebe für Schnee und Eis entwickelt hat. Seinen Urlaub verbringt der Reisejournalist und Weltenbummler bis zum heutigen Tag auf Bergeshöhen oder in den kühlen Regionen dieser Erde. Kaum eine Gegend hat ihn so begeistert wie Grönland. Besonders die spektakuläre Landschaft und die Kultur der Inuit haben ihn nachhaltig beeindruckt und zu Der Mondmann inspiriert.


Steckbrief

Autorensteckbrief mit Fynn Haskin über „Der Mondmann - Blutiges Eis“

Lieblingssatz aus dem Buch: „Manchmal, Jens Lerby, ist der Weg das Ziel.“ (Pallaya Shaa)Die Stelle im Buch, die am schwierigsten zu schreiben war: Die Verfolgung des jungen Mädchens durch den Täter.Der optimale Soundtrack zum Buch: Max Aruj – The Ice RoadDer perfekte Ort, um das Buch zu lesen: Ein b...

Lieblingssatz aus dem Buch:
„Manchmal, Jens Lerby, ist der Weg das Ziel.“ (Pallaya Shaa)
Die Stelle im Buch, die am schwierigsten zu schreiben war:
Die Verfolgung des jungen Mädchens durch den Täter.
Der optimale Soundtrack zum Buch:
Max Aruj – The Ice Road
Der perfekte Ort, um das Buch zu lesen:
Ein bequemer Sessel, während draußen ein Sturm heult.
Was ist das Besondere an dem Buch?
Ein unwahrscheinliches Ermittler-Duo an einem ungewöhnlichen Schauplatz.
Welchem Prominenten würden Sie Ihr Buch gern überreichen und welche Widmung stünde drin?
Brigitte Bardot – „Things are not always as they seem”
Was darf beim Schreiben auf keinen Fall fehlen – abgesehen von Rechner, Schreibmaschine oder Stift?
Inspiration :-)
Was ist schöner: den letzten Satz zu Ende gebracht zu haben oder das fertige Buch in Händen zu halten?
Das fertige Buch in Händen zu halten, denn nach der Fertigstellung der Rohfassung – also dem erstmaligen Tippen des letzten Satzes – wartet immer noch sehr viel Arbeit auf den Autor.
Wer oder was hilft, wenn es mal schwierig ist, weiterzuschreiben?
Eine ausgedehnte Berg- oder Skitour.
Wie wichtig sind Freunde, Familie, Berater beim Schreiben?
Sehr wichtig – und nicht nur beim Schreiben.
Lieber akkurat durchplanen oder erstmal drauflosschreiben?
Sowohl als auch: Den logischen Teil der Handlung planen, dem emotionalen freien Lauf lassen.
Welche Farbe hätte das Cover auf keinen Fall haben dürfen und warum?
So paradox es klingen mag – aber ein grünes Cover hätte ich mir bei einem Roman, der in einem Land spielt, das übersetzt „grünes Land“ heißt, nicht vorstellen können :-)
Wer das Buch liest, fühlt sich nach der letzten Seite…?
Vielleicht ein wenig stärker, denn wir alle machen Fehler und verdienen neue Chancen.

Interview

»EIN SPAGAT ZWISCHEN DEN ALTEN TRADITIONEN UND DER NEUEN ZEIT« | 08.08.2022

Grönland ist ein recht unbekanntes Land und dient selten als Schauplatz von Romanen. Wie kommt es, dass Ihr Thriller dort spielt?Grönland gehört zu den Orten der Welt, die es einem als Besucher nicht leicht machen: die schiere Größe, die Einsamkeit, das Klima. Während meines Aufenthalts dort war ich...

Grönland ist ein recht unbekanntes Land und dient selten als Schauplatz von Romanen. Wie kommt es, dass Ihr Thriller dort spielt?
Grönland gehört zu den Orten der Welt, die es einem als Besucher nicht leicht machen: die schiere Größe, die Einsamkeit, das Klima. Während meines Aufenthalts dort war ich mir offen gestanden nicht sicher, ob es mir gefällt oder nicht. Aber etwas daran hat mich nicht mehr losgelassen und – auch wenn ich das gar nicht beabsichtigt hatte – nach langer Zeit, in der ich vorwiegend journalistisch tätig gewesen war, wieder den Geschichtenerzähler in mir inspiriert.
Was fasziniert Sie am meisten an diesem Land und warum eignet es sich als Schauplatz eines Verbrechens?
Wirklich faszinierend ist – neben der wirklich atemberaubenden, weil endlos weiten Landschaft – für mich die Geschichte der Inuit, die sich unter widrigsten Bedingungen dort angesiedelt und über Generationen hinweg behauptet haben. Weder Kälte noch Dunkelheit noch Einsamkeit konnten sie vertreiben. Schwierig wurde es für sie erst, als die sogenannte Zivilisation sie erreichte und ihnen vorschrieb, wie sie zu leben hätten. Als Schauplatz für einen Thriller eignet sich Grönland schon allein wegen seiner Weite und der, neben aller natürlichen Schönheit, auch fraglos vorhandenen Düsternis. Auf keiner meiner Reisen ist mir mehr klar geworden, wie klein und zerbrechlich das menschliche Dasein ist.
Haben Sie während der Recherche mit Einheimischen zusammengearbeitet, um eine möglichst authentische Beschreibung des Lebens in Grönland zu erschaffen?
Es gab Quellen, die ich genutzt habe, auch einheimische. Deutlich herauszuhören war dabei eine gewisse Sorge, dass die Inuit in meinem Buch als bloße Opfer dargestellt werden könnten. Ich habe versprochen, dass das nicht der Fall sein würde, die im Buch handelnden Grönländer sind durchweg sehr selbstbewusst, wenn auch nicht immer selbstbestimmt … aber ich wollte ja auch keine Utopie beschreiben.
Sie nutzen viele dänische und grönländische Begriffe. Warum gebrauchen Sie diese statt der deutschen Übersetzung? Sprechen Sie die Sprachen?
Tatsächlich spreche ich eine ganze Reihe von Sprachen, ohne dass ich behaupten würde, dass ich sie beherrsche … ich bin ganz gut rumgekommen und habe mich auf meinen Reisen stets bemüht, zumindest Bruchstücke der dort gesprochenen Sprachen aufzuschnappen und sie auch zu verwenden. Das hat nichts mit Anbiederung zu tun, sondern mit einem gewissen Respekt dem Gastland gegenüber – ich kann ja nicht erwarten, dass in jedem Winkel der Welt Englisch gesprochen wird. Außerdem ist es meine Überzeugung, dass die Sprache stets auch der Schlüssel zum Verständnis der Kultur eines Landes ist. Dieser Überzeugung versuche ich auch im Roman ein wenig Rechnung zu tragen.
Die Kultur der Inuit spielt in Ihrem Thriller eine wichtige Rolle. Was zeichnet die Lebensart der Inuit aus?
Eine – so habe ich es empfunden – für westeuropäische Verhältnisse geradezu übermenschlich anmutende innere Kraft. Mir ist bewusst, wie klischeehaft das klingt, und ich möchte weder in diesem Interview noch in meinem Roman mit romantisierenden „Zurück zur Natur“-Szenarien langweilen. Das Leben der Inuit – und damit meine ich das alte, traditionelle Leben als Jäger im Eis – ist unglaublich hart gewesen und von Entbehrung gezeichnet, für Romantisierung ist da kein Platz. Trotz dieser widrigen Bedingungen, oder vielleicht auch gerade deswegen, haben die Inuit eine tiefe Lebensfreude entwickelt und ein sehr ausgeprägtes soziales Bewusstsein. In Schieflage geraten ist all das erst durch die Einflussnahme der westlichen Zivilisation. So gut diese auch in vielen Fällen gemeint gewesen sein mag, die Auswirkungen waren verheerend.
Im Buch kommt immer mal wieder die Inuk-Frau Pally zu Wort, die „ein Kind beider Welten war und das jeweils Beste dieser Welten zusammenbringen und vereinen wollte“. Hatten Sie für Ihre Figur ein Vorbild? Warum ist ihre Rolle so wichtig?
Pally – oder Pallaya, wie sie mit vollem Namen heißt – verkörpert ein zentrales Problem, das viele junge Inuit haben, nämlich den Spagat zwischen den alten Traditionen und der neuen Zeit zu schaffen, die in Grönland rücksichtslos Einzug hält. Der Klimawandel und die zunehmende Kommerzialisierung des Landes sind nur zwei der Faktoren, die dafür verantwortlich sind. Für Jens Lerby, die andere Hauptfigur des Romans, ist Pally der Schlüssel zu diesem ihm so fremden Land und Volk. Sie ist es, die ihm die Welt der Inuit näherbringt, und damit auch dem Leser.
Der Amarok, der gerüchteweise den Tod der Opfer verschuldet haben soll, ist ein Wesen aus der Mythologie der Inuit. Wie sind Sie auf dieses außergewöhnliche Wesen gestoßen?
Ich glaube, es gibt auf der ganzen Welt keine Kultur, die dunklere, grausamere und wüstere Gestalten hervorgebracht hat als jene der Inuit. Ihre Mythen und Sagen sind voll davon, was auch nicht verwundert, wenn man bedenkt, unter welchen widrigen Bedingungen sie gerade in den Wintermonaten ihr Dasein fristen mussten, oftmals in ganzen Sippen in engste Räume eingesperrt, während draußen in Dunkelheit und Kälte der Tod lauerte. Doch zugleich sind jene Mythen ein reicher Schatz für jemanden, der eine Geschichte erzählen will.
Wie würden Sie Ihren Protagonisten Jens Lerby beschreiben?
Lerby steckt in einer Lebenskrise. Er war einst ein guter Ermittler, aber er ist eben auch ein rebellischer Geist, der sich schwer damit getan hat, in entscheidenden Momenten die Klappe zu halten. Aus der großen Karriere bei der Polizei ist deshalb nichts geworden, und das wurmt ihn andererseits. Auch die Beziehung, in der er lebt, tritt auf der Stelle … Lerby weiß, dass er in seinem Leben einen Wendepunkt erreicht hat, an diesem befindet er sich zu Beginn der Handlung.
Als Profiler muss Jens Lerby gesuchte Straftäter analysieren. Haben Sie selbst Erfahrung mit dieser Art der Arbeit? Woher kommt die Expertise?
Es ist ein wenig wie beim Beruf des Schauspielers – man muss es sich aneignen, um es plausibel und glaubhaft darstellen zu können. Die Methoden dabei, auch das ist eine Parallele zur Schauspielerei, sind ganz unterschiedlich: Man kann sich Informationen aus dem Internet beschaffen, in Fachliteratur einlesen oder mit Vertretern entsprechender Berufe Gespräche führen. In meinem Fall sind die Informationen aus allen drei Quellen gekommen.
Was macht Jens Lerby zu einem besonders guten Profiler?
Lerby hat in der Wildnis Ostgrönlands natürlich nicht die Möglichkeiten, auf die er in Kopenhagen zugreifen könnte. Er muss improvisieren und mit dem arbeiten, was er hat. Ich denke, das ist seine hervorstechendste Eigenschaft. Er ist jemand, der gerne mit Widrigkeiten hadert, dann aber damit arbeitet.
Ihr Protagonist muss sich der Natur, der Kälte und Dunkelheit Grönlands aussetzen. Sind Sie ein Fan von Kälte, oder fühlen Sie eher mit Ihrem Protagonisten mit?
(lacht) Also, wenn ich für einen ausgedehnten Urlaub zwischen Hitze und Kälte wählen müsste, würde ich immer die Kälte wählen. Kälte und widrige Wetterbedingungen haben einige der großartigsten Orte und Naturdenkmäler dieses Planeten geschaffen, und dieses Wirken der Natur, diese ungebändigte Kraft, der nicht einmal massiver Fels widerstehen kann, ist etwas, das mich wirklich sehr fasziniert. Und auch sportlich bin ich am liebsten in Eis und Schnee unterwegs.
Auch auf den Klimawandel und die damit einhergehenden Veränderungen in Grönland wird immer wieder hingewiesen. Wie wird das Leben in Grönland dadurch beeinflusst?
Der Einfluss, den der Klimawandel auf das Leben in Grönland haben wird, ist noch gar nicht in vollem Umfang abzusehen, aber schon jetzt steht fest, dass er immens sein wird, zumal die Voraussagen der Fachleute noch schneller einzutreffen scheinen als befürchtet. Wenn wertvolle Bodenschätze, die dort bislang unter dicken Eisschichten lagerten, plötzlich leicht zugänglich werden, dann weckt das Begehrlichkeiten, nicht von ungefähr kam ein – sagen wir – sehr gewinnorientierter US-Präsident vor nicht allzu langer Zeit auf die Idee, Grönland zu kaufen. In der Tat gibt es Leute, die in Grönland weniger einen Lebensraum für Menschen und Tiere sehen als vielmehr ein Investment. Das schafft unweigerlich Probleme und Konflikte.
Wie sind Sie bei der Planung Ihres Thrillers vorgegangen? Was war für Sie das Schwierigste an dem Schreibprozess?
Den Ausgleich zu schaffen zwischen Emotion auf der einen und Logik auf der anderen Seite. Angesichts des überwältigenden Schauplatzes ist die Versuchung groß, die Handlung ins Mythische oder gar Übernatürliche abgleiten zu lassen, aber ich wollte, dass „Der Mondmann“ ein in der Realität und ihren Problemen verwurzelter, harter Thriller bleibt. Aber natürlich spielt der im grönländischen Denken verwurzelte Schamanismus auch eine Rolle … man ist dort einfach mehr geneigt, das Irrationale, das Übernatürliche zu akzeptieren, vermutlich, weil der Mensch angesichts der Naturgewalt so klein und hilflos ist. Auch Jens Lerby muss das erfahren.
Was gefällt Ihnen am Genre des Thrillers? Was darf bei einem richtig guten Thriller nicht fehlen?
Ich mag es, mit einer zunächst paradox anmutenden Ausgangssituation zu starten, in die dann hineinermittelt wird … Ein guter Thriller ist meiner Ansicht nach wie eine Reise in unbekanntes Terrain. Man beginnt an einem unbekannten Ort mit wenigen Hinweisen und bewegt sich von da an vorsichtig weiter. Und man ist froh, wenn man einen einheimischen Führer an seiner Seite hat, genau wie Lerby (lacht). Und ich bin ein Fan von klassischem Spannungsaufbau – ein Thriller ohne dramatischen Showdown ist für mich keiner.
Können Sie schon verraten, ob weitere Bände zu dem Profiler Jens Lerby in Arbeit sind, oder ist seine Geschichte auserzählt?
Tatsächlich recherchiere ich derzeit für einen zweiten Fall für Jens Lerby und Pallaya Shaa, der die beiden wieder zusammenführen wird – allerdings unter ganz anderen Voraussetzungen, als man es vielleicht erwarten würde.
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