Patricia Küll - Autor
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Autorin

Patricia Küll

Patricia Küll arbeitet beim Südwestrundfunk und moderiert das Flaggschiff des SWR, die Landesschau Rheinland-Pfalz, sowie die Kultursendung LandesArt. Zudem ist sie diplomierte systemische Coach und zertifizierte Beraterin für Persönlichkeitsentwicklung. Sie schreibt Fachbücher und hält Vorträge zu dem Thema „gelingendes Leben“.
Patricia Küll hat selbst drei Schwestern. Ihr Romandebüt trägt autobiografische Züge. Sie lebt mit Mann und zwei Kindern in Mainz.
Mehr über die Autorin finden Sie unter: www.patricia-kuell.de

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Interview

Moderatorin Patricia Küll im Interview zu ihrem Debütroman „Denn wir werden Schwestern bleiben“ | 25.05.2022

Frau Küll, auf den ersten Seiten Ihres Romans findet sich ein Schwarzweiß-Foto von vier Mädchen, es folgt eine Widmung für Ihre früh verstorbene jüngere Schwester. Wie autobio-grafisch ist die Handlung?Die Aufnahme zeigt tatsächlich meine drei Schwestern und mich. Ich habe sehr autobiografisch begon...

Frau Küll, auf den ersten Seiten Ihres Romans findet sich ein Schwarzweiß-Foto von vier Mädchen, es folgt eine Widmung für Ihre früh verstorbene jüngere Schwester. Wie autobio-grafisch ist die Handlung?

Die Aufnahme zeigt tatsächlich meine drei Schwestern und mich. Ich habe sehr autobiografisch begonnen, aber je länger ich schrieb, desto mehr habe ich mich davon befreit. Das war gar nicht so einfach: Schließlich bin ich Journalistin und damit der Wahrheit verpflichtet. Aber ich habe während der Arbeit am Buch gemerkt, dass ich eigentlich gar nicht alles preisgeben möchte, und es auch dramaturgisch besser ist, es anders aufzuschreiben. Es gibt also einen wahren Kern, auch in den Beziehungen der Schwestern untereinander. Aber der Rest ist erfunden.

Was sagen Ihre Schwestern dazu?

Die fanden die Idee grundsätzlich gut und waren auch mit der Veröffentlichung des Fotos einverstanden. Aber da sie im Vorfeld keine Zeile lesen durften, sind sie jetzt natürlich sehr gespannt. Und ich hoffe, dass sie sich beim Lesen daran erinnern, dass es sich nicht um unsere Familiengeschichte handelt. Ich höre schon meine Schwestern klagen: „Aber so war das doch gar nicht.“ (lacht)

Viele Menschen träumen davon, einen Roman zu schreiben. War das bei Ihnen auch so?

Eigentlich nicht – aber er war plötzlich da. Mein Problem ist, dass ich ständig tausend Ideen habe, die ich unbedingt umsetzen möchte. Deswegen bin ich auch immer furchtbar beschäftigt: Ich baue das Badezimmer um, gestalte die Terrasse neu oder fange eine neue Ausbildung an. In einem Plot-Seminar – wieder so eine Idee – hatte ich dann auf einmal die Anfangsszene auf dem Friedhof im Kopf. Und dann kam die Sache mit der magischen Realität dazu …

Stellen Sie sich gerne vor, wie das Leben mit ein bisschen Magie wäre?

(lacht) Ich tue das schon seit meiner Kindheit, immer abends im Bett!

Die Magie schenkt den vier Schwestern die Chance, ein Jahr ihres Lebens noch einmal zu erleben, Weichen anders zu stellen. Was ist für Sie das Charakteristische an Schwesternbe-ziehungen?

Ich habe den Eindruck, dass Schwestern sehr in den Rollen verharren, in denen sie groß geworden sind: Die Große bleibt die Große, die Kleine die Kleine. Natürlich entwickelt sich jede für sich weiter. Aber kaum kommt man wieder zusammen, sitzt jede sofort wieder in ihrer Schublade. Ich glaube, es würde helfen, wenn man mit Schwestern Gespräche führen würde wie mit Freundinnen: Denen rotzt man ja auch nicht alles einfach so vor die Füße, aus diesem großen Vertrauen heraus, dass da nicht viel schiefgehen kann. Das stimmt aber leider nicht.

Denken Sie, das ist unter Brüdern anders?

Ich beobachte, dass mein Mann mit seinen Brüdern längst nicht so emotional ist wie ich mit meinen Schwestern.

Ein anderes großes Thema Ihres Romanes ist die Frage, inwieweit wir unser Leben selbst beeinflussen können. Glauben Sie an Schicksal?

Ich glaube schon, dass manches in unserem Leben vorgeschrieben ist – etwa dadurch, in welche Familie und Umstände wir geboren werden. Was aber nicht heißt, dass das unumstößlich ist. Es gibt durchaus Knotenpunkte im Leben, an denen wir uns entscheiden können, wie es weitergeht: Mit welchen Menschen umgebe ich mich? Oder wie gut sorge ich für mich selbst? Das sind viele Kleinigkeiten, mit denen ich mein Leben aktiv verbessern kann – und kein Schicksal.

Das Zauberwort lautet „aktiv“?

Genau. Ich treffe viele Menschen, die auf eine gute Fee oder einen starken Prinzen hoffen, die ihnen das Leben schön machen. Und so viele, die nicht daran glauben, dass sie selbst etwas bewegen können. Sie machen sich zum Opfer – weil man dann passiv bleiben kann. Wenn ich in einer Ehe feststecke, die sprachlos geworden ist, dann hilft es aber nichts, darauf zu hoffen, dass der Partner sich über Nacht ändert. Ich selbst muss mit der Veränderung anfangen. Die muss aber nicht zwangsläufig so drastisch sein wie: Kündigung, Scheidung, Kinder zur Adoption freigeben (lacht). Ich glaube, dass man sein Leben mit vielen kleinen Handlungen viel nachhaltiger verbessern kann.

Im Buch fällt der Begriff der „Schicksalskompetenz“.

Genau. Das bedeutet, im besten Sinne für sich selbst zu sorgen. Je schlechter es einem geht, desto schwerer ist das, keine Frage. Aber auch da habe ich noch einiges selbst in der Hand: Es steht mir zumindest immer frei, meinen Blickwinkel zu ändern.

Zur Schicksalskompetenz gehört aber auch, zu wissen, was uns glücklich macht. Auch das ist ein zentrales Thema für Ihre vier Protagonistinnen.

Das stimmt. Ich habe parallel zum Schreiben meine Ausbildung zur Glückslehrerin gemacht. Ich war also drin in dem Thema (lacht).

Wie findet man es heraus?

Indem man zum Beispiel abends mal nachspürt: Wo waren heute die guten Gefühle, wann war ich im Flow? Und dann versucht, sich mehr davon ins Leben zu holen. Es ist aber wichtig, ehrlich zu sich selbst zu sein. Es gibt zum Beispiel Introvertierte, die sind am liebsten allein zuhause und lesen ein gutes Buch, das macht sie am glücklichsten. Das ist aber in unseren momentanen Zeiten nicht so wahnsinnig populär – deswegen sind alle Menschen ständig auf Achse, ob ihnen das gut tut oder nicht.

Wie schaffen Sie sich Ihren ersten Glücksmoment des Tages?

Wenn ich morgens die Fenster im Obergeschoss unseres Hauses öffne, nehme ich immer ein paar Minuten Zeit, um zu schauen, was sich im Garten verändert. Diese kleine Achtsamkeit lässt den Tag gut beginnen.

Interview

„Meiner wunderbaren Nachbarschaft ein kleines Denkmal zu setzen hat dieses Buch zu etwas ganz Besonderem gemacht.“ | 23.10.2023

Ihr neuer Roman AM ENDE DES TAGES WERDEN WIR GLÜCKLICH SEIN handelt von neuen Perspektiven und Veränderungen. Was hat Sie dazu inspiriert, ein solches Thema für ihren Roman zu wählen?Vermutlich das Alter 😉 – Ich kenne viele Frauen (mich eingeschlossen), die sich mit 50 fragen: Was kommt jetzt noch? ...

Ihr neuer Roman AM ENDE DES TAGES WERDEN WIR GLÜCKLICH SEIN handelt von neuen Perspektiven und Veränderungen. Was hat Sie dazu inspiriert, ein solches Thema für ihren Roman zu wählen?
Vermutlich das Alter 😉 – Ich kenne viele Frauen (mich eingeschlossen), die sich mit 50 fragen: Was kommt jetzt noch? War es das jetzt? Oder kann ich meinem Leben nochmal eine neue Richtung geben?
Sie sind Beraterin für Persönlichkeitsentwicklung und Stress-Management und haben bereits Ratgeber zum Thema verfasst. Wie ist es dazu gekommen, dass Sie Ihre Expertise nun in einem Roman anwenden?
Ich brenne für die Themen Persönlichkeitsentwicklung und wie man sich selbst ein glückliches Leben gestaltet. Da hat sich dieser Themenbereich ganz von allein in den Roman eingeschlichen.
Identifizieren Sie sich besonders mit einer oder mehreren Figuren aus Ihrem Roman AM ENDE DES TAGES WERDEN WIR GLÜCKLICH SEIN?
Marias Ehrgeiz und die Schlaflosigkeit kommen mir am nächsten. Allerdings war ich leider nie so sportlich. Und Jura hätte ich auch nie studieren können. Germanistik lag mir mehr, das fiel mir leicht.
Als Moderatorin, Redakteurin, Coach und Autorin sind Sie in vielen verschiedenen Rollen tätig. Was hat dieses Buch zu einem besonderen Projekt für Sie gemacht?
Zufällig wohne ich in einem ähnlichen Quartier wie die Protagonist:innen. Mit meinen Nachbar:innen habe ich einen Lesekreis und wir haben so oft gesagt: "All das, was bei uns passiert, müssten wir mal aufschreiben“. Natürlich ist alles in dem Roman frei erfunden, aber meiner wunderbaren Nachbarschaft ein kleines Denkmal zu setzen hat dieses Buch zu etwas ganz Besonderem gemacht.
Was wünschen Sie sich, sollen Ihre Leser:innen aus dem Roman mitnehmen?
Es wäre schön, wenn meine Leserschaft zweierlei mitnehmen würde: Wenn du glücklich sein willst, dann musst du selbst für Dich sorgen. Verlass dich beim Glücklichsein nicht auf andere. Und auch wenn es bei allen anderen immer viel strahlender aussieht, sei Dir gewiss: Jeder und jede hat ein Päckchen zu tragen.
Das repräsentative Wohnviertel Q49 und seine Nachbarschaft sind etwas ganz Besonderes. Warum haben Sie dieses Setting für Ihren Roman gewählt?
Solche Quartiere sind seit einigen Jahren sehr nachgefragt. Und ich wohne seit 20 Jahren selbst so. Ich hatte das Anschauungsmaterial vor der Haustüre 😊
Was macht das Miteinander im Quartier Q49 für Sie aus?
Die Nachbar:innen übernehmen Verantwortung und sind in der Not füreinander da. Das Quartier ist wie ein Dorf, in dem der Zusammenhalt stimmt, wo aber auch übereinander getratscht wird.
Im Laufe des Romans werden die Leser:innen immer wieder mit den Tücken des Schubladendenkens konfrontiert. Wie gut können wir die Menschen in unserem Umfeld wirklich kennen? Und wie können wir damit umgehen?
Urteile nie über einen anderen, bevor du nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gelaufen bist – dieses Zitat finde ich weise. Wir können uns nur so gut kennen, wie es jeder und jede einzelne zulässt. Wer sich nicht hinter die Kulissen schauen lässt (wie Maria oder Lars) darf sich nicht beklagen, wenn er verkannt wird. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass ich viel Zuspruch bekomme, wenn ich meine Schwächen, Ängste und Sorgen mit anderen teile. Aber natürlich muss ich damit rechnen, dass diese Schwächen auch ausgenutzt werden. Und ich muss auch akzeptieren, wenn sich andere lieber nicht öffnen.
Gibt es eine Szene oder ein Kapitel, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Die Szene, in der Claudia vor ihrem Chef „ausrastet“. Ich habe früh gelernt, meine Wut zu unterdrücken. Das ist kein guter Umgang mit negativen Emotionen. All meine Wut einmal niederzuschreiben, das fand ich klasse.
Gibt es etwas, das Sie bei der Arbeit an diesem Roman gelernt oder für sich entdeckt haben?
Ja. Wenn Nachbar:innen sagen „Wir sollten das alles mal aufschreiben, was bei uns passiert“, dann meinen sie nur die Geschichten der anderen, nicht die eigenen. Nachdem ich das verstanden hatte, musste ich das halbe Buch umschreiben. Nun sind alle Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits verstorbenen Nachbar:innen rein zufällig.
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