Veröffentlicht am 02.01.2023
Ein (außer)gewöhnliches Leben
Rezension – „Weil morgen ein neuer Tag beginnt“ von Rebecca Ryan
ACHTUNG SPOILER!
Als Emily eine Fernsehsendung über das Leben der Briten sieht, stellt sie fest, dass sie komplett durchschnittlich ist, was sie extrem bestürzt. Sie beginnt daraufhin, eine „Lebensliste“ zu erstellen und setzt sich das Ziel, ihr Leben innerhalb von acht Monaten ihr Leben komplett umzukrempeln. Für jeden dieser acht Monate hat sie sich ein separates Ziel ausgedacht, wie beispielsweise inspirierend oder spontan zu sein. Doch der wahre Grund, warum sie all diese Dinge tut, ist nicht die Dokumentation aus dem Fernsehen, sondern ihre verstorbene Schwester. Da diese schon im Kindheitsalter an Krebs starb, bat sie damals Emily, für sie all diese Dinge zu tun, die sie in ihrem Leben nicht mehr erreichen konnte. Um ihrer Schwester Claire diesen Wunsch zu erfüllen und in ihrem eigenen Leben einen Sinn außerhalb ihres Jobs zu finden, nimmt sie unter anderem an einem waghalsigen Wettrennen teil, geht zum Bungeejumping und verliebt sich während ihrer Reise zu sich selbst ausgerechnet in Josh, obwohl das ganz und gar nicht auf ihrer Agenda steht. Je mehr es Emily vermeiden wollte, ihren Seelenverwandten zu treffen, da dies in ihrem Alter ebenfalls zum absoluten Durchschnitt gehört, umso mehr verfällt sie ihm und seinem unwiderstehlichen Lächeln.
Emilys Geschichte hat mich persönlich sehr bewegt und der Humor der Protagonistin hat das Buch zu einer sehr abwechslungsreichen Lektüre gemacht. Emily ist eine wahnsinnig sympathische Person, denn auch wenn sie sich selbst als langweilig bezeichnet, ist sie alles andere als das. Sie hat einen so erfrischenden Humor und da sie immer wieder in peinliche Situationen gerät, wirkt sie auf mich sehr authentisch. Sie ist nicht perfekt, sondern ein Mensch wie du und ich, und genau das macht sie zu einer Figur, mit der man sich auf jeden Fall identifizieren kann.
Immer, wenn ich das Gefühl hatte, die Spannung könnte etwas abfallen, kam ein Kapitel aus Emilys Vergangenheit dazwischen, was die Spannung immer wieder angehoben und aufrecht erhalten hat. Ich wollte unbedingt wissen, was sie mit ihrer verstorbenen Schwester alles erlebt hat, wie sie sie in Erinnerung behalten hat und wie sich ihre Vergangenheit in der Gegenwart widerspiegelt. Je mehr man über die vergangenen Ereignisse erfährt, umso mehr versteht man Emilys Handlungen und Gedankengänge, die sie dazu bewegen, die Sache mit der Lebensliste durchzuziehen. Anfangs dachte ich, dass es sie einfach nur ärgert, gewöhnlich zu sein, aber in Wirklichkeit war der Auslöser ihre Schwester Claire.
Ich fand die gesamte Geschichte sehr rührend, denn die Tatsache, dass jemand so viele, teils sehr mutige Dinge im Sinne eines geliebten verstorbenen Menschen tut, ist mehr als bewundernswert. Ich denke, jeder hat schonmal jemanden verloren, der ihm oder ihr sehr am Herzen gelegen hat. Das macht Emilys Story so gut nachvollziehbar. Was ich auch sehr bemerkenswert finde, ist, dass die Protagonistin trotz ihrer traurigen Gedanken, die sie immer wieder einholen, ihren Humor nicht verliert und dennoch sie selbst bleibt.
Das Thema Trauer wurde in dem Buch auf eine völlig andere Art und Weise angesprochen, sodass man trotz der tristen Momente beim Lesen an der ein oder anderen Stelle etwas zum Schmunzeln hatte. Claire hätte nicht gewollt, dass ihre Familie die ganze Zeit trauert, und das wollte sicherlich auch die Autorin bei ihren Lesern nicht. Man muss ein trauriges Thema eben nicht zwangsläufig trist und grau gestalten – es geht auch bunt.
Der Schreibstil hat mir ausgesprochen gut gefallen. Rebecca Ryans Wortwahl ist so abwechslungsreich, dass wirklich jeder Satz etwas Besonderes war und dadurch jede Menge Lesevergnügen bereitet hat. Ich liebe die Schlagfertigkeit in ihren Worten und hatte sehr viel Spaß beim Lesen.
Auch das Cover finde ich wirklich sehr schön. Im Vergleich zum originalen Cover der englischen Version wirkt es viel ansprechender und passt sehr gut zur Geschichte, denn schon allein die Farbe, dieser erfrischende Blauton, haucht dem Buch Leben ein und verleiht ihm einen gewissen Charme.
Zusammenfassend kann ich nur sagen, dass das Buch absolut empfehlenswert ist. Wer ein Fan von erfrischendem Humor, Abenteuern und Geschichten über die Höhen und Tiefen des Lebens ist, sollte das Buch unbedingt lesen. Emilys Geschichte ist ein perfektes Beispiel dafür, dass im Leben nicht immer alles nach Plan laufen muss und man am Ende trotzdem gewinnen kann, vor allem, wenn man von Menschen umgeben ist, die einen lieben. Denn, wie heißt es am Buchende? - „Am Ende zählt wirklich nur die Liebe.“
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