Kai Twilfer - Autor
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Autor

Kai Twilfer

Kai Twilfer ist seit 1976, also von Geburt an, Insasse des Ruhrgebiets. Genauer gesagt der Großraumzelle Gelsenkirchen. Seine Erlebnisse aus diesem einzigartigen Landstrich fasste er in mehreren erfolgreichen Büchern zusammen. Sein Debüt "Schantall, tu ma die Omma winken" war das meistverkaufte Taschenbuch Sachbuch 2013. Auch die Nachfolgebände schafften den Sprung auf die Bestsellerliste und begründeten Twilfers Ruf als Verfasser von bissig witzigen Gesellschaftssatiren.

 

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Interview

Im Interview: Kai Twilfer über sein Buch „Ich habe keine Macken! Das sind Special Effects" | 04.10.2017

Herr Twilfer, nach Ihren Bestsellern der letzten Jahre, haben Sie nun ein Buch über unsere typischen Macken und Marotten geschrieben. Ist die Realität denn wirklich so schlimm oder was war der Auslöser für das Thema Ihres neuen Buches?Die besten Ideen kommen mir, so wie bei vielen anderen Kollegen j...

Herr Twilfer, nach Ihren Bestsellern der letzten Jahre, haben Sie nun ein Buch über unsere typischen Macken und Marotten geschrieben. Ist die Realität denn wirklich so schlimm oder was war der Auslöser für das Thema Ihres neuen Buches?
Die besten Ideen kommen mir, so wie bei vielen anderen Kollegen ja auch, meist auf der Toilette. In diesem Fall lag es an der falschherum aufgehängten Klorolle, die meine Frau immer nach hinten abwickeln lässt. Ich mag´s eher nach vorne. Mir kam die Idee, genau diesen kleinen Dingen des Alltags mein nächstes Buch zu widmen. Ich schreibe ja prinzipiell gerne über die kleinen Kuriositäten des Alltags. Und schon war das Mackenbuch geboren.
Sie setzen sich in Ihrem neuen Buch sehr witzig und zugleich liebevoll mit unseren Spleens und Ticks auseinander. Welches Kapitel hat Ihnen denn besonders viel Freude bereitet?
Nun ich muss dazusagen, dass ich versucht habe, eine möglichst große Themenvielfalt in Bezug auf die Macken zu erzeugen. Spleens gibt es schließlich überall. In der Partnerschaft, im Beruf, beim Shoppen, zu Weihnachten und in der deutschen Bahn. Am nächsten stand mir aber wohl das Kapitel mit dem Supermarkt. Männer demonstrieren beim Einkaufen nämlich unzählige Macken.
Inwiefern? Plaudern Sie doch mal ein wenig aus dem Nähkästchen.
Ich stehe zum Beispiel häufig an der falschen Kasse an. Entweder, weil ich prinzipiell die Kasse wähle, bei der die Schlange länger dauert. Oder ich gehe zu der Kasse, die schon seit Stunden geschlossen hat. Aber auch Frauen haben Supermarkt-Macken. Frauen zum Beispiel sortieren alles. Im Einkaufswagen, auf dem Kassenband und anschließend im Kühlschrank. Alles wird geordnet. Männer hingegen räumen gleich die ganze Einkaufstüte in den Kühlschrank, inklusive Rotwein, Bananen, Kartoffeln und Gummibärchen.
Wer hat denn mehr Macken, Frauen oder Männer?
Beide haben natürlich gleich viele, aber zum Glück nicht dieselben. Das Besondere an einer Macke ist ja auch, dass sie einem selbst meist gar nicht auffällt, sondern erst dann zum Problem werden kann, wenn der Partner sich daran reibt. Stichwort: Falschherum aufgehängte Klorolle. Aber wenn dann beide Partner erkannt haben, dass Macken in erster Linie lustig sind und nicht selten den Alltag sogar bereichern, dann geht’s meist.
Ihr Buch beschäftigt sich auch mit den typischen Marotten zum Beispiel in der Politik, im TV oder im Straßenverkehr. Höre ich da raus, dass Macken nicht nur im eigenen Umfeld zu Tage treten, sondern ein bundesweites Phänomen sind, das man auch öffentlich beobachten kann?
Ich denke schon. Nehmen wir nur mal diese Familien, die sich auf Autobahnbrücken stellen und wildfremden Menschen zuwinken. Die habe ich schon an ganz vielen Autobahnen gesehen und mir gedacht: Reisen die Dir nach? Du kennst die doch gar nicht und winkst trotzdem zurück. Die Macken der Politiker hingegen sind weniger das Winken, sondern vielmehr die typische Politikersprache. Also mit vielen gesprochenen Worten wenig zu sagen.
Und das Fernsehen? Wo haben Sie denn dort Besonderheiten entdeckt?
Ach, das Fernsehen ist ja ohnehin eines meiner Lieblingsthemen in meinen Büchern. Nehmen wir nur mal das schon fast rituelle Tatort-Gucken am Sonntagabend. Besondere Macken hier: Immer sozialkritisch bis zum Erbrechen, immer zwei Cops, von denen mindestens einer Alkoholiker ist, die Leiche auf dem Seziertisch ist nie zugedeckt und am Ende war es der Schauspieler, der nur zwei Sekunden im Bild war. Das hat schon Züge von Marottentum. Vielleicht schreibe ich mal einen Krimi, bei dem alles anders ist.
Gibt es denn eigentlich auch schicke Macken, die man unbedingt haben sollte?
Ich finde, die Basics sollte man schon beherrschen, um sich nicht auszugrenzen. Über‘s Wetter meckern ist Grundmacke Nummer eins. Ebenso das Rasenmähen am Samstagmorgen oder das Klugscheißen, warum die Nationalelf mal wieder verloren hat. Wir haben schließlich 80 Millionen Bundestrainer in diesem Land.
Wie kommt es eigentlich dazu, dass wir wohl alle eine kleine Macke, eine Marotte oder einen Tick haben?
Wie ich herausgefunden habe, ist das tatsächlich evolutionsbedingt. Macken sind ja nichts anderes als geregelte Abläufe, also Dinge, die wir häufig unterbewusst immer wieder möglichst gleich erledigen. Und diese Wiederholung, also eine Art Ritual, gibt uns eine Form von Sicherheit im Leben. Was neu ist, muss gut durchdacht werden. Sich wiederholende Abläufe hingegen, egal ob sinnvoll oder nicht, an die wir uns gewöhnt haben, benötigen viel weniger Konzentration.
Und welche Macken nennen Sie ihr Eigen? Welche Dinge geben Ihnen ein Gefühl von Sicherheit?
Da gibt es zum Glück so viele, dass die einzelne Marotte nicht mehr so sehr ins Gewicht fällt. Ich werde zum Beispiel wahnsinnig, wenn Schranktüren offenstehen. Auch Shampooflaschen mit dem Etikett zur Wand gedreht, können mich beim Duschen aus dem Konzept bringen. Ich habe mich neulich sogar dabei ertappt, wie ich aus Langeweile die Bücher im Regal nach Farben sortiert habe. Furchtbar. Daran muss ich dringend arbeiten.
Ist das denn nicht schon medizinisch relevant?
Nein, zum Glück geht das noch nicht in den Bereich einer tragischen Zwangsstörung. Das Medizinische ist daher auch bewusst nicht Thema des Buches. Es geht eben nur um die kleinen Macken, die man als unbedenklich und äußerst lustig abheften kann. Gehwegplatten nicht auf der Fuge betreten zu können, wäre zum Beispiel eher was für den Doc.
Das klingt so, als wenn Sie sehr intensiv die Menschen in Ihrer Umgebung beobachten.
Ja, das stimmt. Ich verbringe zwar auch viel Zeit zu Hause, um mir in Ruhe Gedanken über meine Geschichten zu machen. Die Inspiration, das Futter sozusagen, das sauge ich aber durch Beobachtungen in meinem Alltag auf. Die lustigsten Geschichten schreibt eben das Leben da draußen.
Ich nehme an, das liegt auch daran, dass sie viel herumkommen. Ab Herbst touren Sie mit ihrem Buch wieder deutschlandweit durch Buchhandlungen und über Bühnen. Ihr Programmname prognostiziert „Kleine Macken haben wir doch alle!“. Was erwartet uns dort?
Meine sogenannten Comedy-Lesungen gehören zu meinen Büchern inzwischen quasi dazu. Nur hier habe ich live die Möglichkeit, die Leser auch mal persönlich kennenzulernen. Ich werde an den Abenden natürlich schauen, welche Macken die Leute so mitbringen und ob wir uns Macken teilen. Die Zuhörer werden hier Dinge erfahren, die sie von ihrem Partner oder ihrem Chef noch gar nicht wussten.
Herr Twilfer, zum Schluss noch die brennende Frage. Sie plädieren dafür, mal ins Dschungelcamp eingeladen zu werden. Warum denn das?
Nun, eine große Macke in der deutschen TV-Landschaft ist es, alles Mögliche irgendwo rein- und wieder rauszuwählen. Früher nannte man so was Wahlkampf. Ich möchte auch gerne mal spüren wie es ist, in irgendwas rein- und dann wieder rausgewählt zu werden. Daher mein Aufruf an alle Leser: Starten Sie eine Petition im Bundestag, dass ich zu Recherchezwecken mal einen Tag ins Dschungelcamp komme.

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