Meinung:
Seit zehn Monaten treibt ein Mörder in New York sein Unwesen, dass einzig bisher erkennbare Muster, welches Lissiana und ihr Kollege Nathan bisher herausgefunden haben, ist das Offensichtliche: Das Opfer ist eine Frau, welche die perfide Visitenkarte des Mörders - in Form von Aufmachung und Drapierung ihrer sterblichen Überreste - trägt.
>>Du hast was?!<< Die Stimme von Nathan übertönte alles im Großraumbüro. [...] >>Wiederhol das! Damit ich sicher bin, dass du auch wirklich den Verstand verloren hast.<<
Ebenso wie Lissianas Stärke, merkt man der jungen Frau auch ihre Erschöpfung an. Nicht nur, dass sie sich mitverantwortlich dafür macht, das weiterhin Frauen sterben, da sie und Nathan keinerlei brauchbare Spuren oder Hinweise finden, die zum Mörder führen könnten, auch ein Fehler ihrer Vergangenheit erschwert ihr Arbeitsleben sehr. Der Grund warum Lissiana all dies tut, hat mich unglaublich berührt, denn sie kämpft dafür die Straßen New Yorks sicherer zu machen, um ihre jüngere Schwester Vicky vor Gefahren zu beschützen. Eine Motivation, die es ihr ermöglicht hat, auch über die fiesen Anfeindungen derjenigen hinwegzublicken, die eigentlich ein Team miteinander bilden sollten.
Nathan seufzte leise. >>Eure Welt ist kompliziert.<< >>Nein, du machst dir deine einfach nur zu simpel.<<
Der Mörder zieht seine Energie und seinen Antrieb aus der Angst, Panik und der Unsicherheit der Einwohner New Yorks, dies ist für ihn jedoch nur eine positive Begleiterscheinung, denn mit seinem Plan verfolgt er ganz andere Absichten. Mit seinem Countdown markiert er sein Ziel, allerdings so geschickt verpackt, dass dieser nicht mit den Vorfällen in Verbindung gebracht wird.
>>Das ist Erpressung.<< >>Das ist nur ein sehr hässliches Wort für die Optimierung deiner Handlung durch Anreize meinerseits.<<
John Cohen ist ein entscheidender Teil aus Lissianas Vergangenheit. Ein Mann, der erst ihr Ziel, dann ihr Liebhaber war und nun Mittel zum Zweck wird, um den Mörder zu fassen, denn Hell's Kitchen - der Ort an dem bisher sämtliche Opfer aufgefunden wurden - kennt er wie seine Westentasche. Hier folgen gleich zwei Probleme, die unüberwindbar scheinen:
1. Wie bekommt man einen verurteilten Straftäter aus dem Gefängnis, dessen Name auch nach zwei Jahren noch Schauer der Angst bei den Cops hervorruft?
2. Wie kann Lissiana John dazu bringen, für sie zu arbeiten, obwohl sie für seine Verhaftung vor zwei Jahren verantwortlich war und ihm eine Liebe vorgespielte, die er hingegen aufrichtig erwidert hat?
>>Weißt du, Bulle, wenn du nicht so verblendet wärst, dann wärst du in unseren Reihen mehr als gut aufgehoben. Ich glaube, du könntest auch ein paar Freunde brauchen.<<
Wie sich herausstellt, ist Johns Einfluss nicht zu unterschätzen, denn neben seinem Bruder Butch, hat er eine kleine Armee hinter sich versammelt, die neben ihrer Intelligenz und Raffiniertheit vor allem eins sind: Gefährlich und unberechenbar. Lissianas Eingreifen hat diese zehn Menschen damals ihren Anführer gekostet. Dieser Trupp ist ein bunt zusammengewürfelter Haufen, von denen jeder seine ganz eigenen Fertigkeiten und andere Reichweiten hat. Jeder von ihnen hatte mit der Bitterkeit begrabener Träume zu kämpfen, bis sie von John und Butch aufgenommen worden, deren Vergangenheit die Liebe und Geborgenheit ihrer Eltern haben vermissen lassen.
Sie war die Art Gegner, die deine Schwäche nutzte und dich dafür zur Hölle fahren ließ. Und seine Schwäche war nun mal sie. Ihr konnte er nicht entkommen.
Hell's Kitchen wird von verschiedenen Clans beherrscht, von denen jedoch nur einer die Spitze hält. Ein Gebiet, das seine eigenen Regeln schreibt und facettenreich vor Augen führt, dass Loyalität einen nicht zu blinden Gehorsam zwingt. Ein Kampf mit der Zeit beginnt, in einem Raum von New York, der das Gesetz außer Acht lässt und dennoch von Regeln beherrscht wird.
Charaktere:
Lissiana hat einen Fehler begangen, der sie am Höhepunkt ihrer Karriere angekommen, zu Fall gebracht hat. Ihr Ruf hat gelitten, doch ihre Kreativität und Gerissenheit hat sie nicht eingebüßt. Ihr unterlaufen keine Ausrutscher, dennoch ist die Ablenkung von John nicht ohne. Vor zwei Jahren war er ihr Anker, nun ist er ihr Wirbelsturm, der ihre Sicherung aus dem festen Boden reißt.
Zwei Jahre lang hatte John Zeit, Lissianas Verrat zu verarbeiten. Vor seiner Gefängniszelle hingegen wallen alle überwunden geglaubten Gefühle wieder auf, allem voran Zorn und Sehnsucht.
Schreibstil:
K.C. Atkin hat in diesem Roman eine Spannungswelle der anderen folgen lassen. Gefangen in einem Strudel aus Neugier, Angst, Hoffnung und einer Jagd mit der Zeit im Nacken, habe ich diese Geschichte in mich aufgesogen.
Wir werden hier mit einigen Handlungssträngen konfrontiert, die jedoch allesamt ineinander übergreifen und das Geschehen überschaubar machen. Nicht nur, dass wir auf der Seite von Lissiana und John vielfältige Eindrücke erhalten, auch der Mörder erhält an den passenden Stellen immer wieder ein eigenes Kapitel. Seine Gedanken, haben mir eine Gänsehaut verursacht, denn anders als unsere Protagonisten, können wir seine Pläne erahnen und wissen, dass er den beiden immer einen Schritt voraus ist. Er ist geduldig und achtsam, doch diese Eigenschaften scheinen zu verschwimmen, je weiter er seinem eigentlichen Ziel kommt. Doch auch hier findet auf beiden Seiten ein Ausgleich dieser verloren gegangenen Kontrolle statt, denn während dessen befinden sich Lissiana und John in einem Kampf ihrer Gefühle, ebenso wie sich der Druck der auf Lissiana lastet verstärkt, weil sie sich den Tod weiterer Frauen zuschreibt.
Die Autorin hat hier geschickt Details eingefügt, die eine spannende Geschichte zu einem puren Adrenalinrausch anwachsen lassen. Das Rätselraten um den Mörder hat mich auf Trab gehalten. Einerseits haben wir einige Indizien, doch diese lassen zu viele Interpretationen zu, um ein Profil zu erstellen. Letzten Endes kann ich sagen, ohne ein kleines Detail zum Ende der Geschichte, wäre ich niemals auf die Lösung gekommen und dieses erhalten wir ein gutes Stück eher, als unsere Protagonisten, weshalb sich mit diesem Wissen als "Außenstehender" der Spannungspegel gleich nochmal rasant erhöht hat.
Hell's Kitchen ist ein Ort, der wie bereits geschrieben, seine ganz eigenen Regeln aufstellt. Die Gruppierungen die sich hier zusammenschließen haben in mir den Wunsch geweckt, nicht mal in die Nähe einer solchen Gegend kommen zu wollen. Die Innenperspektiven hingegen haben in mir ein weiteres Gefühl geweckt. Die Gefährlichkeit bleibt nach wie vor bestehen, doch ähneln diese Verbindungen auch der, einer Familie. Zumindest in der Gruppe für sich, steht jeder für den anderen ein. Auch wenn das Gesetzt hier keinerlei Fuß zu fassen schient, so gilt ein gewisser Kodex, der einen Rahmen feststeckt. Überschreitet jedoch jemand über die Maßen den eisern gesetzten Rahmen, so kommt es fast zu einer Art Zusammenarbeit zwischen den konkurrierenden Parteien. Hier hingegen gilt, kein Gefallen ist umsonst, sondern erfordert eine Gegenleistung deren Art erst zu gegebener Zeit offenbart wird.
Lediglich eine Kleinigkeit konnte ich hier nicht ganz so gut nachvollziehen. John Cohens Name versetzt die Beamten in Angst und Schrecken. Sein Bruder Butch ist bekannt für seine "Kampfkünste", ebenso wie die schlauen Köpfe hinter den beiden sie zu einem unschlagbaren Team machen. Dennoch konnte ich hier nicht wirklich ableiten, worauf die Angst der Polizisten basiert. Wir haben hier keine Rückblicke auf vergangene Fälle erhalten, die diese Furch für mich greifbar gemacht hat. Es scheint fast so, als sei John gefürchteter, als der Serienmörder, der zurzeit sein Unwesen treibt und dafür habe ich zumindest hier, keinerlei Begründung gefunden.
Ein grandioser erster Teil, dessen Fortsetzung weiteren Nervenkitzel verspricht. Denn ebenso wie Lissiana für Vicky empfindet, so verhält sich auch Johns Beziehung zu Butch, die hier einen Dämpfer verliehen bekommt.
Diese Rezension stammt aus unserer Community Lesejury,
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