Claudia Praxmayer über „Hidden Champions“, überraschenden Besuch und das Glück der Unordnung

Sie haben Ihr Haus und das Grundstück drumherum Stück für Stück verändert und gestaltet. Mit der Zeit haben Sie so viele tierische Mitbewohner gewonnen. Über welche haben Sie sich am meisten gefreut?

Diese Frage ist schwer zu beantworten, weil wir uns einfach über alle Neuzugänge freuen – egal wie groß oder klein, wie selten oder häufig. Aber ein Highlight waren bestimmt die Neuntöter, die letztes Jahr zum ersten Mal in die wilde Hecke eingezogen sind. Und der Bläuling. Aus Nostalgiegründen, weil ich diesen winzigen Schmetterling schon als Kind sehr geliebt habe.

Was war auf dem Weg zum „Wilden Paradies“ schwieriger als erwartet? Und was waren die schönen Überraschungen dabei?

Man muss Geduld mitbringen – das war gerade am Anfang, als wir mit unserem Projekt endlich loslegen konnten, manchmal schwierig. Planten wir beispielsweise eine Hecke, hatten wir natürlich schon das prächtige Endergebnis vor Augen. Bei der Umsetzung landeten wir dann – als schließlich ein paar Reihen schmächtiger Pflänzchen vor uns standen – schnell am Boden der Realität. Auch Obstbäume tragen nicht gleich im ersten Jahr Früchte und man kann nicht alles, was man sich vornimmt, immer sofort umsetzen. Insofern war unser Hof ein guter Lehrmeister in Sachen Geduld.

Die schönste Überraschung war und ist zu sehen, wie schnell die Natur „Angebote“ annimmt. Jeder kleine Steinhaufen, den wir aufschichten, wird in kürzester Zeit besiedelt, ein Teich zieht schnell Frösche, Molche und Libellen an. Stellt man passende Lebensräume zur Verfügung, kommen Tiere und Pflanzen von alleine.

Warum sind Gärten wie Ihrer so wichtig für die heimische Natur?

Gärten – ob groß oder klein – können wie ökologische Trittsteine für Pflanzen und Tiere wirken und ein Netzwerk aus Lebensräumen knüpfen. Vor allem Vögel und Insekten auf der Suche nach Nahrung und Nistplätzen können so von Trittstein zu Trittstein wandern. Vorausgesetzt, wir unterstützen sie, indem wir auf Pestizide verzichten, heimische Wildkräuter, Blumen und Sträuchern pflanzen, Nistmöglichkeiten anbieten und es mit der Ordnung nicht immer so ganz genau nehmen. Nationalparks und Naturschutzgebiete alleine werden auf Dauer nämlich nicht ausreichen, um den Artenschwund zu stoppen.

Gibt es so etwas wie „Hidden Champions“ unter den Pflanzen, was Artenvielfalt angeht? Pflanzen, die unglaublich toll sind als Heimat oder Nahrungsquelle für Tiere – aber kaum einer weiß es?

Natürlich! Brennnesseln zum Beispiel oder auch Disteln. Überhaupt sind viele Pflanzen, die als „Unkraut“ gelten, solche „Hidden Champions“ und extrem wichtig für viele Tierarten. Die Brennnessel dient beispielsweise den Raupen von 30 heimischen Faltern als Nahrungsquelle und ich beobachte bei uns auch immer wieder Vögel, die an ihren reifen Samen naschen. Und nicht nur für die Tierwelt, auch für uns Menschen hält das „Energiepaket“ Brennnessel einiges parat – ob als Nahrungsquelle oder als umweltfreundlicher Dünger.

Warum und für wen haben Sie „Wildes Paradies“ geschrieben?

Ich hatte anfänglich einen Heidenrespekt vor unserem Garten-Projekt. So viel zu recherchieren und zu bedenken, so vieles, von dem wir keine richtige Ahnung hatten ... Da hätte ich mir so ein Buch wie „Wildes Paradies“ gewünscht. Eines, das mir einen ersten Überblick verschafft, ohne mich mit zu vielen Details zu erschlagen, mich inspiriert und motiviert, Dinge selbst auszuprobieren und auch Missgeschicke nicht totschweigt. Ein Buch, wie eine Pralinenschachtel, aus der man je nach Gusto naschen kann.

Wenn es mir gelingt, mit meinem Buch ein paar Menschen mit unserer Begeisterung anzustecken und ihnen Mut zu machen – egal, ob sie einen Garten oder einen Balkon haben - dann habe ich mein Ziel schon erreicht. Mit und für die Natur zu arbeiten ist nämlich nicht nur spannend und macht Spaß, sondern bringt beiden Seiten viel.

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