Des Kummers Nacht
 - Ralph Knobelsdorf - PB
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16,90

inkl. MwSt.

Lübbe Belletristik
Paperback
Krimis
623 Seiten
Altersempfehlung: ab 16 Jahren
ISBN: 978-3-7857-2730-0
Ersterscheinung: 27.08.2021

Des Kummers Nacht

Von der Heydens erster Fall
Band 1 der Reihe "Ein Fall für Wilhelm von der Heyden"

(9)

Erleben Sie mit Wilhelm von der Heyden die Entwicklung der preußischen Kriminalpolizei im Berlin des 19. Jahrhunderts!

Berlin, 1855: Wilhelm von der Heyden steht kurz vor dem Abschluss seines Studiums, als er Zeuge einer Explosion wird. Die Fenster der gegenüberliegenden Wohnung sind zerstört, eine Frau hängt leblos im Zaun. Um ihr zu helfen, eilt er an den Unglücksort – und gerät selbst in Verdacht. Der Wachtmeister hat sein Urteil schon gefällt, der Chef der Kriminalpolizei ist jedoch von Wilhelms Beobachtungsgabe begeistert und stellt ihn ein. Talentierte neue Mitarbeiter werden in der noch jungen preußischen Ermittlungsbehörde  dringend benötigt. Doch Fingerspitzengefühl ist gefragt, denn bald schon führen die Ermittlungen Wilhelm und seine Kollegen in die höchsten Kreise ...

Pressestimmen

 „Der Historiker Knobelsdorf zeichnet ein vielschichtiges Bild der Gesellschaft jener Zeit. […]  Neben dem historischen Bild liefert der Roman auch eine interessante Krimihandlung.“

„Mit profunden historischen Kenntnissen ausgestattet gibt sich der Autor akribisch der Beschreibung des zeitgenössischen Milieus hin, was diesem Kriminalroman seinen unwiderstehlichen Reiz gibt und dazu führt, dass man - wenn man so will – von einem «seriösen» Krimi sprechen kann.“

Rezensionen aus der Lesejury (9)

PMelittaM PMelittaM

Veröffentlicht am 19.10.2021

Hat mir sehr gut gefallen

Berlin, 1855: Wilhelm von der Heyden und sein Freund Johann Schmidt werden zufällig Zeuge einer Explosion, bei der eine Frau stirbt. Kriminaldirektor von Herford weiß als alter Freund von Wilhelms Vater ... …mehr

Berlin, 1855: Wilhelm von der Heyden und sein Freund Johann Schmidt werden zufällig Zeuge einer Explosion, bei der eine Frau stirbt. Kriminaldirektor von Herford weiß als alter Freund von Wilhelms Vater von Wilhelms Fähigkeiten und stellt ihn und den Mediziner Johann vorübergehend in den Polizeidienst ein, damit sie an dem Fall mitarbeiten können. Die Kriminalpolizei ist im Aufbau, moderne Methoden und Einstellungen sind gefragt, sowie fähige Männer, die beiden wären passende Anwärter dafür.

Besonders gut gefallen mir die Charaktere, allen voran der Protagonist, aus adeligen Verhältnisse, aber bescheiden, intelligent und loyal, mit einem Kindheitstrauma, dessen genauere Hintergründe es noch zu klären gilt, auch für ihn selbst. Johann, sein bester Freund, ist vor allem das, ein guter Freund, auf den Wilhelm sich verlassen kann. Besonders gut gefällt mir Wilhelms Zimmerwirtin, die einmal nicht alle Klischees erfüllt, sondern gut kocht, liebenswürdig ist, und sich um ihren Untermieter kümmert. Das Klischee verdient sich allerdings Johanns Wirtin, die aber keine große Rolle spielt. Sehr gut gefällt mir auch Kriminalinspektor Vorweg, dessen Vorname unbekannt bleibt, und dessen Nachname mich beim Lesen immer mal wieder verwirrt hat. Wilhelm wird ihm als Partner zur Seite gestellt, und Vorweg ist darüber als altgedienter Polizist zuerst nicht glücklich. Auch die anderen handelnden Charaktere sind gelungen gezeichnet und haben Tiefe. Natürlich treten auch einige historische Persönlichkeiten auf, für mich immer ein Genuss, vor allem wenn gut recherchiert wurde.

Und das wurde es hier allemal. Ralph Knobelsdorf bringt uns das Berlin der 1850er Jahre sehr nahe, man erfährt viel über die Politik, den Zeitgeist, die Gesellschaft – auch Gesellschaftskritisches – das Zusammenleben, und vor allem auch die Arbeit der Polizei. Im lesenswerten ausführlichen Nachwort kann man am Ende über Fakten und Fiktion lesen.

Das Verweben von Fall und Privatleben ist ebenfalls gut gelungen, schon dass Wilhelm bei der Polizei landet, hat persönliche Gründe, z. B., dass er Zeuge der Explosion wurde, aber auch, dass sein Vorgesetzter Herford ein Freund seines Vaters ist, und Wilhelm daher bereits kennt und zu schätzen weiß, ja, ihn sogar unbedingt für seine Truppe möchte. Das Private ist hier nicht vollkommen losgelöst und wirkt daher auch nicht aufgesetzt. Gleiches gilt für den historischen Hintergrund, der sehr gut integriert ist, und auch seine Rolle spielt. Vielleicht ist es dem einen oder anderen zu viel Historie und zu wenig Krimi, tatsächlich gibt es eher wenig Action und auch keine enorme Spannung, der Roman punktet tatsächlich eher mit den zwischenmenschlichen Tönen, den historischen Gegebenheiten und den Charakteren. Wer also vor allem Spannung möchte, könnte enttäuscht werden.

Vielversprechend ist der Hinweis auf dem Cover, dass es sich um Wilhelm von der Heydens erstem Fall handelt, ich hoffe und freue mich auf weitere Romane, und zwar sowohl auf die Fälle als auch auf neue Entwicklungen im Privatleben.

Für mich ist dieser Roman perfekt, er hat interessante und zum Teil liebenswerte Charaktere zu bieten, viel historischen Hintergrund und einen komplexen Fall. Sehr gerne vergebe ich volle Punktzahl und eine Leseempfehlung für Fans historischer (Kriminal)Romane.

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cybergirl cybergirl

Veröffentlicht am 23.09.2021

Spannender Krimi mit spannenden Einblicken ins historische Berlin

Als Wilhelm von der Heyden Zeuge einer Explosion wird, bei der eine Frau ums Leben gekommen ist wird er für den diensthabenden Wachtmeister schnell zum Verdächtigen.
Ganz anders der Chef der Kriminalpolizei. ... …mehr

Als Wilhelm von der Heyden Zeuge einer Explosion wird, bei der eine Frau ums Leben gekommen ist wird er für den diensthabenden Wachtmeister schnell zum Verdächtigen.
Ganz anders der Chef der Kriminalpolizei. Der ist nicht nur von der Unschuld von Wilhelm von der Heyden überzeugt sondern sieht bei ihm auch viel Potential als Ermittler.
Da es an guten Mitarbeitern mangelt wird Wilhelm eingestellt und gehört von nun an zum Ermittlerteam.
Doch die Ermittlungen gestalten sich schwierig und müssen überlegt und vorsichtig durchgeführt werden den das Opfer stammt aus der höheren Gesellschaft.

„Des Kummers Nacht: von der Heydens erster Fall“ ist der Auftakt einer neuen Krimi-Reihe von Ralph Knobelsdorf.
Der Autor entführt seine LeserInnen nach Berlin ins Jahr 1855.
Die preußische Kriminalpolizei befindet sich gerade im Aufbau.
Wilhelm von der Heyden der ein Studium in Kriminalistik absolviert hat wird Zeuge einer Explosion. Für den diensthabenden Wachtmeister ist er schnell ein Verdächtiger. Wilhelm kann den leitenden Kriminalbeamter aber schnell von seiner Unschuld überzeugen.
Seine gute Beobachtungsgabe lassen den Chef der Kriminalpolizei auf ihn aufmerksam werden.
So wird Wilhelm von der Heyden in den Kreis der ermittelnden Beamten aufgenommen.

Als LeserIn bekommt man einen guten und authentischen Einblick in die Ermittlungsarbeit der 1850er Jahre. Wenn man wie ich viele Kriminalromane liest ist es interessant zu erfahren welche profanen Mittel der Polizei damals zur Verfügung standen um einen Täter zu überführen.
Der Fall wird gut und spannend erzählt. Die Ermittlungsarbeit führt die Kriminalpolizei in die höheren Kreise was zur Folge hat, dass sie recht behutsam vorgehen müssen.

Außer dem Kriminalfall sind auch die historischen Gegebenheit sehr interessant.
Die 1850er Jahre werden authentisch widergespiegelt und die LeserInnen erhalten viele Informationen aus dieser Zeit.
Auch begegnet man einigen historischen Persönlichkeiten die im Anhang an dem Krimi noch einmal beschrien werden.

Der Schreibstil von Ralph Knobelsdorf ist flüssig und leicht verständlich. Der Autor vermittelt neben Spannung auch einiges an Geschichte was das Buch für mich, als Liebhaber von Kriminalromanen und historischen Romanen um so lesenswerter macht.

Dies war nun der erste Fall für Wilhelm von der Heyden und ich freue mich schon auf seinen zweiten Fall.

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GabrieleMarina GabrieleMarina

Veröffentlicht am 21.09.2021

interessante Ermittlungen in Berlin

Wilhelm von der Heyden erlebt wie im Haus gegenüber eine Explosion stattfindet und eine Frau aus ihrer Wohnung geschleudert wird. Wilhelm versucht zusammen mit seinem Freund zu helfen und gerät damit in ... …mehr

Wilhelm von der Heyden erlebt wie im Haus gegenüber eine Explosion stattfindet und eine Frau aus ihrer Wohnung geschleudert wird. Wilhelm versucht zusammen mit seinem Freund zu helfen und gerät damit in den Fokus der Polizei. Der Chef der Berliner Kripo ist begeistert von Wilhelms Kombinationsgabe und stellt ihn vorübergehend ein. Der Beruf des Kriminalbeamten ist eines der Ziele, die Wilhelm nach seinem Studium erreichen kann. Schon bald wird klar, dass dieser Fall sich nicht so einfach lösen lässt und höchste Kreise involviert sein könnten.

Dieser Kriminalroman spielt im Berlin des Jahres 1855 - die preußische Krimimalpolizei befindet sich noch in der Entwicklung. Es hat mir sehr gefallen, wie der Autor die Situation dieser jungen Behörde beschreibt. Es ist leicht, sich vorzustellen, wie Wilhelm von der Heyden mit Argusaugen beobachtet wird und trotzdem seinen Weg geht. Die Nachforschungen im Archiv und die politischen Gespräche gestalten sich zeitgemäß. Ralph Knobelsdorf ist es gelungen, die Charaktere lebendig werden zu lassen. Die Lebenssituation des Protagonisten und die Hintergründe des Geschehens entwickeln sich gut nachvollziehbar. Die gewählte Sprache entspricht der Zeit, der Schreibstil ist angenehm. Es handelt sich bei diesem Buch um einen echten Kriminalroman, der die Ermittlungen und die Entwirrung der Zusammenhänge besonders gut erfahren lässt. Ich konnte während des Lesens in die Zeit eintauchen und habe Wilhelm von der Heyden gern begleitet.. Im Nachwort erklärt der Autor seinen Anspruch an diesen historischen Krimi und seine Beweggründe, die Fakten ein wenig zurechtzubiegen. Ebenso erläutert er Hintergründe und historische Personen, was ich als sehr hilfreich empfand. Bei einem Umfang von fast 600 Seiten wird die Geschichte nicht langweilig, es braucht tatsächlich diese Zeit für die befriedigende Lösung des Falls. Ich hoffe, diesem ersten Fall von Wilhelm von der Heyden werden weitere folgen und gebe diesem Buch 5 Sterne.

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easymarkt3 easymarkt3

Veröffentlicht am 08.09.2021

Ein spannender historischer Krimi im Berlin 1855

Wilhelm von der Heyden wird Zeuge einer Explosion beim zufälligen Blick auf ein Fenster einer gegenüberliegenden Wohnung. Beim vergeblichen Versuch, dort einer jungen Frau schnell noch helfen zu wollen, ... …mehr

Wilhelm von der Heyden wird Zeuge einer Explosion beim zufälligen Blick auf ein Fenster einer gegenüberliegenden Wohnung. Beim vergeblichen Versuch, dort einer jungen Frau schnell noch helfen zu wollen, gerät er kurz in falschen Verdacht. Jedoch der Chef der Kriminalpolizei, ein Freund seines Vaters, bietet Wilhelm nach seinem erfolgreich abgeschlossenen Jura-Studium eine lukrative Stelle in der noch jungen preußischen Ermittlungsbehörde an. Mit seinem erfahrenen, älteren Kriminalsekretär namens Vorweg ermitteln er in diverse verdächtige Richtungen bis in höchste Kreise der Berliner Gesellschaft mit viel Takt und akribischer Beobachtungsgabe.
Insgesamt bekommt der Leser Einblick in das quirlige Leben aller Schichten der Berliner Bevölkerung, von den literarischen Salons der Adligen bis zu den Straßenjungen mit ihrem typischen Dialekt. Ein politischer Überblick im europäischen Gefüge neben der Stellung und Bedeutung Preußens um 1855 wird geschickt eingeflochten.
Mit dem Titel des Buches kann ich wenig anfangen. Das Cover zeigt das nächtliche Brandenburger Tor, das nicht durch zeitgemäße Gaslaternen, sondern modern beleuchtet wird.

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Bibliomarie Bibliomarie

Veröffentlicht am 03.09.2021

Preußen-Krimi

„Des Kummers Nacht“ schickt in den Leser zurück in die Mitte des 19. Jahrhunderts. In Berlin werden die beiden Studenten Wilhelm von der Heyden und Johann Schmidt Zeugen einer Explosion im Nachbarhaus. ... …mehr

„Des Kummers Nacht“ schickt in den Leser zurück in die Mitte des 19. Jahrhunderts. In Berlin werden die beiden Studenten Wilhelm von der Heyden und Johann Schmidt Zeugen einer Explosion im Nachbarhaus. Als sie zu Hilfe eilen, finden sie eine Tote, die von der Wucht der Sprengladung aus dem Fenster geschleudert wurde. Wilhelm, der über einen fotografischen Blick verfügt, fallen einige Ungereimtheiten auf.

Nachdem Wilhelm erst unter Verdacht gerät, dann später den leitenden Kriminalisten überzeugen kann, bietet der ihm eine Stelle bei der Polizei an. Die noch junge Kriminalpolizei soll personell und qualitativ aufgerüstet werden. Eine Arbeit, die Wilhelm reizt, aber von den Eltern als unter seinem Stand angesehen wird. Als Sohn eines Junkers kommt doch nur der höhere Staatsdienst in Frage.

An diesem Krimi hat mich fast alles überzeugt. Die Schilderung des historischen Hintergrunds, der Blick auf Berlin in dieser Zeit und vor allem die Einblicke in preußisches Beamtentum und Politik. Deshalb habe ich das Buch mehr als geschichtlichen Roman und weniger als Krimi gelesen. Denn bei all diesen wissenswerten und interessanten Abhandlungen kam mir der Krimi Plot fast ein wenig zu kurz.

Mir gefiel das Auftauchen der historischen Persönlichkeiten, sogar Bismarck, der noch am Anfang seiner Karriere steht, bekommt seinen Auftritt. Die Einordnung der realen Personen und Ereignisse werden durch das ausführliche Nachwort erleichtert. So habe ich aus diesem Kriminalroman viel gelernt.

Die Figuren werden in ihrem geschichtlichen Kontext gezeichnet, die verschiedenen Stände waren noch sehr ausgeprägt und es ist schon ein Unterschied, ob man zum Adel, zu den Gutsbesitzern oder zum Bürgertum gezählt wird.

Auch wenn ich „zu wenig“ Krimi anführte: der Plot war sehr stimmig entwickelt und jeder Entwicklungsschritt bis zur Auflösung sehr logisch.

Dazu hat mich der Sprachstil des Autors überzeugt, der in den Dialogen den Ton der Zeit trifft und sich immer mal auch ein Augenzwinkern erlaubt.

Der Untertitel „von der Heydens erster Fall“ lässt mich schon auf die Fortsetzung hoffen.

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Werkstattgespräch mit Ralph Knobeldsdorf

TEXT: Margarete von Schwarzkopf

Ralph Knobeldsdorf
Ralph Knobeldsdorf
© peterpaullorenz.de

»Ich lege viel Wert auf Genauigkeit und auf Details, vor allem, was die Schauplätze betrifft«

Angefangen hat alles mit der britischen Kultserie DOWNTON ABBEY. Ralph Knobelsdorf, geboren 1967 in Halle/Saale, hat zwar Geschichte mit dem Schwerpunkt Deutschland im 19. Jahrhundert studiert. Doch der Informatikkaufmann, der inzwischen in Erfurt lebt, liebt diese englische Serie, die ihn, wie er sagt, „beeinflusst hat“. „Diese wunderbare Mischung aus historischen Ereignissen, gepaart mit der Geschichte einer Familie, hat mich beeindruckt und inspiriert. Mir schwebte schon lange vor, eine Art Familiensaga zu schreiben. Da ich aber auch Kriminalromane liebe und mich Sherlock Holmes schon früh begeistert hat, verbanden sich bei der Idee für einen eigenen Roman diese beiden Elemente: Familiendramen und Kriminalfälle vor der historischen Kulisse des 19. Jahrhunderts“. Warum er gerade dieses Jahrhundert und die Epoche zwischen 1855 und 1880 gewählt hat, die er in mehreren Fortsetzungen mit den Abenteuern seines fiktiven Helden Wilhelm von der Heyden Revue passieren lassen möchte? „Viele tausend Jahre hat sich die Menschheit eher gemächlich entwickelt. Doch dann plötzlich, um die Mitte des 19. Jahrhunderts, hat es einen gewaltigen Aufschwung gegeben. In der Wissenschaft, der Technik, der Medizin. Für mich eine faszinierende Zeit. Dazu befand sich Deutschland in einem enormen politischen Umschwung. Die Napoleonischen Kriege waren vorüber, die Revolutionen um 1850 vorbei, und in Preußen entwickelte sich die allgemeine bürgerliche Ordnung, aber auch die Polizei als Schutzmacht dieser Ordnung sehr rasch. 1809 wurde die Polizei in Berlin gegründet, ursprünglich sogar nach englischem Vorbild. In der Zeit, in der mein erstes Buch DES KUMMERS NACHT spielt, nämlich im Jahr 1855, gab es 36 Reviere mit Kriminalkommissaren und ihnen zugeordneten Schutzmännern. Es ging meist um Prostitution und um die Überwachung verdächtiger Personen, zu denen zum Beispiel Landstreicher zählten“. Diese Frühzeit der Polizeiarbeit in Berlin hat Knobelsdorf mehr gereizt als einen „modernen“ Krimi zu schreiben. Und auch die Ära zwischen 1900 und 1930 ist nicht „sein Ding“. „Romane über Berlin um 1900 und nach dem Ersten Weltkrieg gibt es inzwischen recht viele“, sagt er. Für ihn war die Anfangszeit der Polizeiarbeit spannender. „Überall herrschte Aufbruchsstimmung und es gab erstaunliche Neuerungen. In Berlin fuhr damals schon eine Pferdebuslinie mit festem Fahrplan, in der Charité trafen sich die besten Mediziner der Zeit, weshalb in einem der nächsten Bände auch Berühmtheiten wie Rudolf Virchow auftreten werden. Die Polizei war gut ausgerüstet, und selbst wenn es die moderne Forensik noch nicht gab, fanden sie andere Mittel und Wege, der Kriminalität weitgehend Herr zu werden. So gab es durch die Initiative von Männern wie Wilhelm Stieber, einem kompetenten Kriminalisten und geschickten Organisator der Polizei, ein recht ausgefeiltes System an Informanten, eigentlich eher schon Spitzeln“.

"Des Kummers Nacht" von Ralph Knobelsdorf

»In Berlin fuhr damals schon eine Pferdebuslinie mit festem Fahrplan, in der Charité trafen sich die besten Mediziner der Zeit«

Wie ihre britischen Kollegen trugen die Kriminalbeamten keine Schusswaffen, sondern nur Schlagstöcke mit sich. Privat durften sie aber eine Waffe besitzen. Zu ihren Aufgaben gehörten damals die Versorgung von Armenkindern, die Überwachung der Insassen in der Stadtvogtei und im Zuchthaus, die Beobachtung der rund viertausend Bettler sowie die Kontrolle der etwa zwölftausend bereits bekannten Ganoven. Berlin war seinerzeit eine rasant wachsende Stadt, da hier die Industrie um 1830 ihre erste Blüte erreichte, und deshalb immer mehr Menschen auf der Suche nach Arbeit in die Stadt strömten. Geradezu der ideale Nährboden für Verbrechertum. Hier beginnt die Geschichte des jungen Wilhelm von der Heyden, der einem alten Adelsgeschlecht entstammt, in dem sich das Vorbild von DOWNTON ABBEY widerspiegelt. Denn die Familienstrukturen von Wilhelms Familie sind komplex, und es gibt noch eine zweite Familie, deren Geschick mit Wilhelms Familie eng verbunden ist. Darüber lastet ein Geheimnis, das, so Knobelsdorf, nach und nach gelüftet werden soll. Viele Irrungen und Wirrungen also, die nicht unbedingt mit Wilhelms Arbeit als Ermittler zu tun haben, aber die der Freude des Autors am Fabulieren entsprechen. „Ich mag Krimis, in denen Nebenhandlungen eine Rolle spielen und bei denen sich nicht alles nur auf den eigentlichen Kriminalfall konzentriert“. Deshalb liebt er die Romane von Elizabeth George, Donna Leon und Andrea Camilleri, in denen es auch immer wieder um familiäre Strukturen und die Entwicklung der Hauptfiguren geht. Der historische Kriminalroman, der natürlich auch den Regeln des Krimis folgen muss in der Hinsicht, dass Konflikte plausibel geklärt werden sollten und der Inhalt stimmig sein muss, bietet zusätzlich den Reiz, fiktive Personen mit realen zu konfrontieren. Es gibt kaum mehr ein Zeitalter, das nicht schon thematisiert wurde und als Bühne für diverse Verbrechen diente – die Antike, das Mittelalter, die frühe Neuzeit. Und wir haben schon Cäsar und Kleopatra, diverse Kaiser und Könige als Mitstreiter in Krimis erlebt. Das 19. Jahrhundert in Preußen aber ist im Vergleich dazu noch eher Brachland, obwohl es in dieser Zeit viele spannende Persönlichkeiten gegeben hat, die Knobelsdorf geschickt in seinen Plot einbaut. „Natürlich ist es eine große Herausforderung, diese realen Personen mit den fiktiven zu vermischen. Man darf sich bei der Darstellung der historischen Figuren keine Phantasie erlauben und plötzlich aus Bismarck zum Beispiel einen Sozialisten machen. Gerade diese Möglichkeit, die Realität mit der Fiktion zu verbinden, ist ein großer Ansporn für mich“. Aber vor allem auch viel Arbeit mit ausführlichen Recherchen im Internet und in Archiven, wobei die Erschwernisse der diversen Lockdowns den Zugang zu Bibliotheken verhindert haben. „Wie gut, dass es inzwischen ausgefeilte digitale Archive gibt, so dass ich auf alte Zeitungsberichte, frühe Fotos und Dokumente zurückgreifen konnte“ sagt Knobelsdorf. „Noch während des Schreibens ging die Recherche ständig weiter. Ich lege viel Wert auf Genauigkeit und auf Details, vor allem, was die Schauplätze betrifft. Denn ich nehme die Leserinnen und Leser mit auf eine Reise durch das Berlin vor gut 180 Jahren und besuche mit ihm den Tiergarten, den Molkenmarkt, die Universität und das Berliner Schloss und die engen Gassen und dunklen Seiten der Stadt“.

Personalakte von Wilhelm von der Heyden
Personalakte von Wilhelm von der Heyden

»Ich nehme die Leser mit auf eine Reise durch das Berlin vor gut 180 Jahren«

Für seinen Wilhelm, der für seine Aufgabe als Ermittler ein sogenanntes eidetisches Gedächtnis (fotografisches Gedächtnis) mitbringt, hat Knobelsdorf kein reales Vorbild. Wilhelm ist eine fiktive Figur, der er in den schon geplanten Fortsetzungen viele Möglichkeiten zur weiteren Entwicklung einräumt, sowohl in beruflicher Hinsicht als auch privat. Berlin wandelt sich, und die Figuren gemeinsam mit der Stadt. Auch für die in DES KUMMERS NACHT geschilderten Kriminalfälle gibt es keine Vorbilder in der Wirklichkeit, wobei ein Ereignis dann doch als eine Art Trigger diente: Der sogenannte Potsdamer Depeschendiebstahl, den auch Bismarck später in seinen GEDANKEN UND ERINNERUNGEN aufgreift. Zwei Kammerdiener des königlichen Generaladjutanten Gerlach hatten über Monate hinweg ihrem Herrn Dokumente entwendet und verkauft. Ein sehr heikler Fall, in den auch Polizeipräsident Hinckeldey verwickelt war. Aber die Täter in DES KUMMERS NACHT finden ein noch wesentlich „überzeugenderes“ Mittel, um sich ihren Zielen zu nähern. Spannungsmomente bezieht Knobelsdorfs Roman natürlich auch aus der Aufklärung von Verbrechen. Aber die Familiengeheimnisse der von der Heydens und Wilhelms Biografie lesen sich ebenfalls packend. Soziale Probleme von damals gleichen manchem, was uns heute wieder umtreibt. Das alte Motto, dass die Zeiten sich ändern, der Mensch sich treu bleibt, trifft auch hier zu. Und doch bringen veränderte Umstände natürlich auch immer neue Verbrechen hervor, denen Knobelsdorf in seiner Reihe nachspüren möchte. Dabei lehnt er Gewaltszenen ab, die nur dem Effekt dienen, und manche Themen vermeidet er. Kindesmord zum Beispiel wird man bei ihm, der selbst Vater von zwei Kindern ist, glücklicherweise nicht finden. An Fällen wird es dem findigen Wilhelm von der Heyden nicht mangeln. Wenn der Autor seinen Plan umsetzt und die Entwicklung Preußens weiterhin als Bühne für Kriminalfälle nutzt, lernen wir nicht nur en passant viel über die deutsche Geschichte, sondern erleben vielleicht im letzten Band, der nach der Entstehung des Deutschen Reichs spielen soll, einen reifen Wilhelm von der Heyden als (fiktiven) Polizeipräsidenten von Berlin. Wir werden es sehen!

Wissenswertes aus dem Berlin der 1850er Jahre

Autor

Ralph Knobelsdorf

Ralph Knobelsdorf - Autor
© peterpaullorenz.de

Ralph Knobelsdorf, Jahrgang 1967, wurde in Löbau/Sachsen geboren. Der Informatikkaufmann studierte in Halle an der Saale Philosophie, Jura und Geschichte mit dem Schwerpunkt Deutschland im 19. Jahrhundert. Nach Tätigkeiten in Werbe- und Internetagenturen arbeitet er gegenwärtig in einem Unternehmen der IT-Branche. Mit Des Kummers Nacht legt er sein Debüt als Autor historischer Kriminalromane vor. Der begeisterte Eishockeyanhänger und bekennende Liebhaber von Downton Abbey lebt mit Frau und …

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