Die Studentin Paula kauft ein gebrauchtes Smartphone, wie schon 19 Prozent der deutschen Bevölkerung vor ihr. Ein Kauf mit weitreichenden Konsequenzen. Der Verkäufer ihres Smartphones wird getötet und ...
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Die Studentin Paula kauft ein gebrauchtes Smartphone, wie schon 19 Prozent der deutschen Bevölkerung vor ihr. Ein Kauf mit weitreichenden Konsequenzen. Der Verkäufer ihres Smartphones wird getötet und sie ist aus Sicht der Polizei eine Mordverdächtige. Doch Paulas Albtraum hat gerade erst begonnen.
82,2 Prozent der Deutschen nutzen ein Smartphone. Dieser Umstand inspirierte Marc Meller zu seinem neuen Thriller. Welche Möglichkeiten eröffnen sich demjenigen, der keine Skrupel hat und Gewinnmaximierung als einziges Ziel anerkennt? Hier ist es ein Versicherungskonzern, der mit Faktor X, einer KI-generierten Spyware, Smartphones bzw. deren Besitzer ausspioniert. Als dem Konzernchef die Sache zu heiß wird, für eine Versicherung ist ihr Ruf schließlich überlebenswichtig, soll Faktor X verschwinden. Dabei treten unerwartet Komplikationen auf, die ein Killerkommando auf den Plan rufen.
Ab sofort sterben Menschen. Paula, Studentin der Molekulargenetik, wird von der Polizei verdächtigt und gerät gleichzeitig ins Visier der Killer. Ab sofort kämpft sie um ihr Leben, im übertragenen wie im konkreten Sinn. Glücklicherweise trifft sie auf Mitstreiter, die sie unterstützen. Doch letztlich muss sie allein entscheiden, wem sie noch vertrauen kann.
Das Thema hat genau meinen Geschmack getroffen. KI und neue Medien liegen derzeit im Trend und ich bin eine leidenschaftliche Krimileserin. Ein neuer, überzeugender Plot kommt mir immer sehr entgegen. Im Nachwort bestätigte sich mein Eindruck, dass dem Autor das Thema Umgang mit neuen Technologien ein Anliegen ist. Dort weist er auch eindrücklich daraufhin, wie einschneidend die Folgen für viele wären, falls eine KI über die Vergabe von Versicherungen bestimmte.
Ich war bereits nach der Leseprobe tief in die Geschichte eingetaucht und wollte unbedingt wissen, wie es mit Paula weitergeht. Die Verknüpfung des Missbrauchs neuer Technologien mit dem Schicksal einer sympathischen Hauptfigur fand ich sehr gelungen. Schockierend fand ich, wie schnell das Leben eines Menschen aus den Fugen geraten kann, ganz ohne eigenes Zutun.
Vielleicht sollten wir in diesem Bereich alle vorsichtiger sein?
Meller schreibt flott und baut schnell Spannung auf. Der Autor hat sehr gut recherchiert, ob Nebensächliches, wie über Eichenfässer in denen Malt Whiskey reift, oder Wichtiges, wie die Fakten, die Informatik oder Epigenetik betreffen. Er gibt dem Leser das nötige Hintergrundwissen. Leider schießt er dabei gelegentlich über das Ziel hinaus, was den Lesefluss etwas behindert.
Paula als Hauptcharakter war mir sehr sympathisch. Ich fand ihre Handlungsweise bis auf einmal, als sie allein die Mafiabar betreten hat, sehr gut nachvollziehbar. Auch ihr Zusammenbruch, nach der Absage Kleimanns, war absolut glaubwürdig. Schließlich wurde ihr sozusagen der Boden unter den Füßen weggezogen. Auch ihre Überlegungen nach dem zweiten Besuch bei Prof. Kleimann und die Auszeit von ihrem Team fand ich logisch.
Ein widersprüchlicher Charakter war Emil für mich. Immer dann, wenn ich beschlossen hatte, ihm zu trauen, passierte etwas, das mich wieder an ihm zweifeln ließ. Wie sich die Folgen bipolarer Störungen äußern, weiß ich nur sehr oberflächlich. Sein selbstloses Handeln im Epilog hat mich aber mit ihm ausgesöhnt.
Eine weitere interessante Protagonistin war Gabriela für mich. Ohne sie entschuldigen zu wollen, kann ich mir ihre Schwierigkeiten beim Erklimmen der Karriereleiter in einem Weltkonzern gut vorstellen. Vermutlich färbt dies auf den Charakter ab. Trotzdem opferte sie täglich Zeit für ihre demente Mutter.
Die übrigen Charaktere blieben etwas blass.
Das Cover hat mir rundum gefallen. Die Farben, die erhabenen Buchstaben, das Frequenzdiagramm und der angedeutete Computercode. Alles schön anzusehen und perfekt zum Thema passend.
Selten ist mir eine Rezension so schwergefallen. Das Thema ist höchst aktuell, die Geschichte hat mich gepackt, sodass ich sie in kurzer Zeit gelesen habe. Die technischen und wissenschaftlichen Erklärungen fand ich durchweg höchst interessant und ich habe viel Neues erfahren. Der Autor hat sehr gut recherchiert, was mir ausgezeichnet gefällt. Paula ist ein sympathischer, authentischer Charakter, ich wollte stets wissen, wie es mit ihr weitergeht. Soweit alles gut.
Aber: Für einen Thriller gibt es zu viele technische und wissenschaftliche Erklärungen und Wiederholungen. Ich habe es nachgeprüft, das Thema Jailbreak bzw. Rooten, wird in der ersten Hälfte des Krimis sechsmal behandelt. Das behindert den Lesefluss unnötig. Viele Verdächtige musste ich einfach von der Liste streichen: Mateusz, Steffen, Ben, Paulas Vater. Welche spannenden Verwicklungen wurden da verschenkt?
Mein Fazit:
Wer sich für neue Technologien und Epigenetik interessiert, für den ist dieser Thriller ein absolutes Muss. Obwohl dies auf mich nur bedingt zutrifft, fand ich die Geschichte trotz einiger Kritikpunkte spannend und unterhaltsam. Besonders pfiffig fand ich die Wahl des Triggers.
Der Autor schöpft sein Potenzial noch nicht zur Gänze aus. Mehr Gewicht auf Charaktere, Logik und spannende Wendungen, ein bisschen weniger Technik, Wissenschaft und Erklärungen. Dann noch Verzicht auf unnötige Wiederholungen und wir haben den perfekten Thriller! Ich werde den Autor im Auge behalten.
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