Christine Drews spricht im Interview über ihren neuen Krimi "Kälter als die Angst" | 28.11.2018
Mit „Kälter als die Angst“ erscheint am 21.12.2018 Ihr inzwischen fünfter Krimi rund um das Ermittlerpaar Charlotte Schneidmann und Peter Käfer. Was macht die beiden zu so einem guten Team?
Charlotte und Käfer ergänzen sich einfach hervorragend. Sie ist eher die Klare, Sachliche, während er auch schon mal emotional reagieren kann. Über die Jahre sind die beiden zu guten Freunden geworden, sie wissen, dass sie sich aufeinander verlassen können. Das Privatleben der beiden Kommissare entwickelt sich über die Bücher hinweg konträr, ergänzt sich aus erzählerischer Sicht aber ebenfalls sehr gut. So wurde Charlotte im Laufe der Reihe z.B. ungewollt schwanger, während Käfer und seine Partnerin große Mühe aufwenden mussten, um den ersehnten Nachwuchs zu bekommen. Es macht Spaß, diesen Figuren im Leben und bei der Arbeit zuzusehen – oder vielmehr sie zu schreiben – da diese so unterschiedlichen Charaktere über die Jahre zu einer Einheit und zu einem unschlagbaren Team zusammengewachsen sind.
Nach einer langen Auszeit kehrt Charlotte Schneidmann wieder in den Polizeidienst zurück. Ihr aktueller Fall beschäftigt sich mit einem Mehrfamilienhaus, in dem vor Jahren ein berüchtigter Mord stattfand. Die Bewohner erhalten nun anonyme Briefe mit Morddrohungen. Wie sind Sie auf die Idee zum neuen Krimi gekommen?
Ich habe jahrelang in einem Mehrfamilienhaus gelebt, das in den 1920er Jahren erbaut wurde. Und immer habe ich mich gefragt, was diese Wände wohl schon alles gesehen haben. Wie viel Verzweiflung und Glück, wie viel Elend womöglich bis hin zu einem Mord haben sich in diesen vier Wänden abgespielt, in denen ich nun ahnungslos abends auf dem Sofa sitze? Das Haus hat immerhin den 2. Weltkrieg überstanden, was mag sich da alles abgespielt haben, wovon heute keiner mehr etwas weiß? Ich fand die Vorstellung spannend, dass auch ein Gebäude eine Vergangenheit hat – und dass diese Vergangenheit von jemandem instrumentalisiert wird, um Angst und Schrecken zu verbreiten.
Charlotte trifft im Zuge der Ermittlungen auf eine alte Bekannte, Katrin Ortrup, die schon in Ihrem ersten Roman „Schattenfreundin“ mitspielte. Damals wurde ihr kleiner Sohn entführt. Warum und in welchem Zusammenhang taucht die Figur hier wieder auf?
Ich brauchte eine Hauptprotagonistin, die neu in dieses besagte Haus mit Vergangenheit einzieht. Und es sollte eine Figur sein, die selbst einen Bruch in ihrer Geschichte hat, die verletzlich, und dadurch vor allen Dingen auch sehr sensibel auf Gefahr reagiert, die diese Drohbriefe ernst nimmt, wenn andere sie vielleicht noch als dummen Jungenstreich abtun. Katrin Ortrup hat in „Schattenfreundin“ das Schlimmste erlebt, was eine Mutter erleben kann und natürlich ist sie dadurch stark sensibilisiert worden. Sie wittert die Gefahr eher als andere. Und ich hatte in „Schattenfreundin“ schon angedeutet, dass ihre Ehe das Drama vielleicht nicht überstehen wird. Jetzt fand ich es reizvoll, diese Figur weiterzuerzählen, darüber zu schreiben, wie sie diesen schweren Schicksalsschlag von damals verarbeitet hat, einen Cut in ihrem Leben setzte und jetzt in ein neues startet.
„Schattenfreundin“ wurde gerade verfilmt. 2019 wird der Film im ZDF zu sehen sein. Wie gefällt Ihnen die Verfilmung?
Sehr gut! Ich konnte den Film auf dem Cologne Film Festival bereits sehen und war restlos begeistert. Natürlich gibt es Änderungen zum Buch, das ist ganz normal und anders geht es auch nicht. Aber es ist ein sehr spannender Film mit tollen Hauptdarstellern geworden.
Was ist es für ein Gefühl, seine Geschichte auf einmal als Film zu sehen?
Ein sehr schönes. Interessant fand ich: obwohl ich die Geschichte besser kenne als jeder andere, habe ich die ganze Zeit im Film mitgefiebert und hätte am Ende fast losgeheult. Das fand ich erstaunlich!
Waren Sie an dem Drehbuch beteiligt? Hatten Sie ein Mitspracherecht?
Nein. Das ist von Seiten der Produzenten aber auch durchaus verständlich. Als Romanautorin hängt man ja an jedem Detail und kann es nicht ertragen, wenn etwas gestrichen wird, während man als Filmproduzent natürlich ganz andere Dinge beachten muss. Um so etwas wie Produktionskosten oder Drehbedingungen muss ich mich als Romanautorin ja nicht kümmern, die andere Seite aber natürlich schon!
Die Krimi-Reihe spielt in Münster. Warum haben Sie sich die nordrhein-westfälische Stadt als Schauplatz Ihrer Geschichten ausgesucht?
Ich bin in Osnabrück geboren und aufgewachsen. Meine Mutter kommt aber aus dem Münsterland, sodass wir dort immer viel Zeit verbracht haben. Somit kenne ich mich dort natürlich gut aus, bin aber nicht so eng mit der Stadt verwurzelt, wie es in Osnabrück der Fall gewesen wäre. Dort zu morden wäre mir viel zu nah an meiner eigenen Geschichte gewesen, das hätte ich mir nicht vorstellen können.
Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?
Ich habe Germanistik und Psychologie studiert, wollte eigentlich Werbetexterin werden. Dann kam in den 1990er Jahren der Boom des Privatfernsehens und ich arbeitete zunächst für „Schreinemakers live“, später dann als Drehbuchautorin für diverse Comedy-Sendungen. Irgendwann wollte ich dann gerne längere Geschichten schreiben, nicht mehr nur in dem engen Korsett arbeiten, das das Fernsehen automatisch vorgibt. So kam ich dann zum Roman.
Wie gehen Sie beim Schreiben Ihrer Krimis vor? Gibt es Rituale?
An erster Stelle steht natürlich immer die Recherche. Ich habe das Glück, dass ein alter Schulfreund von mir als Kommissar arbeitet und ein Studienfreund bei der Gerichtsmedizin in Köln. Die beiden stehen mir bei allen Fragen immer bereitwillig zur Verfügung, wofür ich sehr dankbar bin. Und die Geschichten, die sie erzählen, sind sowieso immer eine Wahnsinns Quelle. Dann schreibe ich den Plot erst mal auf ca. 5-10 Seiten zusammen, um die gesamte Geschichte im Blick zu haben. Danach teile ich die rein kriminalistische Handlung in alle notwendigen Szenen auf, drucke sie aus und hefte sie über meinen Schreibtisch. Erst dann beginnt die richtige Schreibarbeit. Wenn die Krimihandlung fertig ist, kümmere ich mich um das Privatleben meiner Kommissare und füge die entsprechenden Kapitel an den richtigen Stellen ein.
Wussten Sie von Anfang an, wie die Geschichte ausgehen wird oder haben die Figuren ab einem gewissen Zeitpunkt eine Art Eigenleben entwickelt?
Die Figuren fangen irgendwann an zu laufen und entwickeln sich durchaus beim Schreiben weiter. Aber eigentlich steht die Handlung von Anfang an fest. Einzig bei „Tod nach Schulschluss“, dem dritten Teil der Münsterreihe, wurde mir im Laufe des Schreibens klar, dass ein anderer Mörder eigentlich viel besser passen würde, als der, den ich mir zuerst ausgeguckt hatte.
Woran arbeiten Sie zurzeit? Wird es weitere Fälle für das Ermittlerteam Schneidmann und Käfer geben?
Ja! Momentan denke ich gerade über einen weiteren Fall für Charlotte und Käfer nach. Und ich glaube, mir ist da auch was ziemlich Fieses eingefallen…