Interview | 31.10.2013
»Ich bin übrigens Happy-End-Junkie, ohne geht eigentlich gar nicht.«
Lust auf Liebe macht die neue Erotik-Reihe »Shadows of Love«, die ab November jeden Monat als Romanheft und E-Book erscheint. Zum Auftakt erwartet die Leser eine XL-Folge von Erotik-Autorin Inka Loreen Minden. Im Interview spricht sie über ihr Faible für England, Sex und ihren Hang zur Romantik.
Die erste Folge von »Shadows of Love« spielt auf einer Ritterburg. Ist die Geschichte vom adligen Nathan und der bürgerlichen Mia ein erotisches Märchen?
Ja, könnte man so sagen, aber ist nicht jede Liebesgeschichte eine Art Märchen? Die Idee zu dieser Story hatte ich schon vor über sechs Jahren. Ursprünglich sollte sie eine Mischung aus »Die Schöne und das Biest« und einem Krimi werden. Allerdings habe ich einige Dinge geändert, um die Geschichte etwas zeitgenössischer rüberzubringen. Zum Beispiel war der Nathan meiner Urversion durch einen Autounfall entstellt, trug eine Maske und humpelte leicht. Der neue Nathan hat mit seinem Prototyp hingegen nicht mehr viel gemeinsam.
Warum haben Sie gerade dieses Setting ausgesucht?
Ich habe ein Faible für England, Adlige und das 18./19. Jahrhundert. Aber da eine zeitge-nössische Story vorgegeben war, habe ich die Geschichte einfach in unsere Zeit verlegt und ein bisschen von dem historischen Flair einfließen lassen.
Was macht Nathan für Mia so unwiderstehlich?
Nathan ist fürsorglich, geheimnisvoll, attraktiv, charmant, vermögend – was will Frau mehr? Er geht auf Mias Wünsche ein, zeigt ihr, was für eine leidenschaftliche Person in ihr steckt und ist ihr heimlicher Märchenprinz. Sie weiß, dass es nur eine Beziehung auf Zeit ist und ihre besondere Verbindung bald ein Ende haben wird – doch macht das Nathan nicht gerade deshalb unwiderstehlich? Schließlich möchte man immer das Unerreichbare.
Der Earl sucht anfangs nach einer Spielgefährtin, mit der er seine Vorlieben ausleben kann. Sex als Geschäftsbeziehung, kann das funktionieren?
Es kann funktionieren, wenn sich beide Partner darauf einlassen, mit den Rahmenbedingun-gen einverstanden sind und mit dieser etwas anderen Art von Beziehung klarkommen. Ich habe Bekannte, die leben diese Art von Beziehung. Ich selbst könnte das nicht, verurteile diese Form des Miteinanders aber auch nicht – solange alle Parteien damit glücklich sind, ist doch alles in Ordnung.
Ist unverbindlicher Sex ein neues Lebensgefühl moderner Frauen und Männer oder siegt am Ende doch die Liebe?
Ich glaube, insgeheim sehnt sich jeder nach der großen Liebe und nach einem Menschen, dem man sich hingeben kann und von dem man bedingungslos geliebt wird. Ich kann mich auch täuschen, aber da ich eine Romantikerin mit etwas altmodischen Ansichten bin (Treue ist für mich zum Beispiel ganz wichtig), denke ich, dass die Liebe siegt.
Sie schreiben seit Jahren erfolgreich erotische Bücher. Wie kamen Sie zur Erotik?
Ursprünglich wollte ich Jugendbücher schreiben. Als ich 2005 an einer Geschichte über junge Erwachsene arbeitete, knisterte es zwischen den Protagonisten immer heftiger. Das fand ich spannend und hat mir großen Spaß gemacht. Daher habe ich all meine Jugendbuch-Ideen erst einmal links liegen gelassen und mich der Erotik gewidmet. Lange Zeit hat mich das Genre nicht losgelassen, da die Liebe für mich eins der schönsten Themen ist, die es gibt. Primär steht in meinen Storys immer die Beziehung der Hauptfiguren im Vordergrund, wie sie über Hürden zusammenkommen, Hochs und Tiefs erleben – und schließlich in einem Happy End zusammenfinden. Ich bin übrigens Happy-End-Junkie, ohne geht eigentlich gar nicht.
»50 Shades of Grey« hat das Thema Erotik aus der Tabuzone geholt und salonfähig gemacht. Sind Ihre Leser seither aufgeschlossener geworden?
Das kann ich nicht genau sagen, da meine Leser schon immer aufgeschlossen waren, sonst hätten sie meine Bücher wohl auch nicht gekauft. Bereits vor vielen Jahren zählten von der jungen Frau bis zur Oma alle Generationen zu meinen Lesern. Heute traut man sich vielleicht eher offen darüber zu sprechen, weil die Medien auch sehr viel darüber berichtet haben.
Wie hat sich dieser Boom auf Ihre Arbeit ausgewirkt?
Heute wird fast jeder Erotiktitel mit »Shades of Grey« verglichen, als ob davor nie jemand Erotik geschrieben hätte und schon gar keine deutsche Autorin. Mir ist aufgefallen, dass die Leserinnen, die über diesen Titel in das Genre hineinrutschen und glauben, das was dort passiert sei richtiger SM, dann oft schockiert sind, wenn sie plötzlich tatsächlich BDSM, DS (Dominanz und Unterwerfung) oder etwas deftigere Erotik geliefert bekommen. Seitdem be-komme ich sehr viele Anfragen, etwas Ähnliches zu schreiben.
Lesen Sie selbst erotische Literatur oder schauen erotische Filme?
Als ich 2006 anfing, Erotik zu schreiben, habe ich viele Bücher dieses Genres gelesen, um zu sehen, ob ich es denn richtig mache. Mittlerweile, nach über 200 Plots, lese ich kaum noch Erotik, da man sich auch mal mit etwas anderem beschäftigen muss. Fantasy Romance mag ich sehr gern, da prickelt es auch immer heftig. Oder New Adult – diesem Genre möchte ich mich 2014 auch intensiver widmen.
Woher wissen Sie so genau, was Frauen von Männern wollen?
Weiß ich das? (lacht) Ich höre einfach auf mein Herz, mein Gefühl und meine Figuren, die mir ihre Geschichten erzählen. Das alles weist mir den Weg. Natürlich hört man auch auf seinen Verstand und greift auf Allgemeinwissen zurück. Im echten Leben sauge ich wahre Geschichten auf und beobachte mein Umfeld. Ich glaube, da lernt man am meisten.
Was macht Erotik aus?
Erotik ist, wenn die Seiten eines Buches beim Lesen Feuer fangen, es im Magen des Lesers prickelt, ihm heiß wird und er sich wünscht, anstelle der Protagonisten die Geschichte zu erleben. Emotionen spielen in der Erotik eine große Rolle. Der Autor beleuchtet das Innenle-ben der Figuren, erzählt, wie sie sich fühlen, wie sie lieben, leiden und sich ihren Gelüsten hingeben. Ein intensiver Blick kann erotisch sein, eine bestimmte Körperhaltung, eine Geste oder eine angenehme Stimme. Erotik hat unzählige Facetten und soll die Sinnlichkeit des Lesers wecken, sein Herz heftig zum Klopfen bringen und zum Träumen anregen.
Werden Sie von Ihrem Freundeskreis oft als Expertin für Sextipps und Beziehungsfragen herangezogen?
Ich rede mit meinen Freunden selten über meine Arbeit, da tausche ich mich eher mit Kolle-ginnen aus, weil irgendwie immer noch das alte Vorurteil zählt: »Dann brauch‘ ich ja nur deine Bücher zu lesen und weiß, wie es bei euch zuhause abgeht.« oder »Schreibst du über all das, was du selbst erlebt hast?« Natürlich tue ich das. Ich habe mit Gargoyles die Nächte unsicher gemacht, mit Dämonen die Unterwelt besucht und mir mit Hilfe eines Dschinns alle Wünsche erfüllt. Spaß beiseite, einem Krimiautor wirft auch niemand vor, einen Keller voller Leichen zu haben. Aber sobald man über Sex schreibt, scheint alles anders zu sein. Nach Tipps werde ich weniger gefragt, aber ich bekomme viele Mails von Leserinnen, die sich bei mir bedanken. Weil meine Geschichten sie zum Träumen anregen oder wieder Schwung in eine eingestaubte Beziehung gebracht haben. Das erlebe ich sehr oft, sogar eine Nachbarin kam letztens freudestrahlend auf mich zugelaufen und berichtete mir, wie toll es jetzt wieder mit ihrem Mann laufen würde, weil ihr meine Geschichten viele Anregungen geliefert hätten.
Welche drei Wörter dürfen in keinem erotischen Liebesroman fehlen?
Herzklopfen, Prickeln, verrucht (wohl meine Lieblingswörter).
Sind moderne Liebesgeschichten mit einem großen Schuss Erotik das neue Erfolgsrezept?
Eigentlich ist das Rezept »Sex sells« uralt. Außerdem gibt es kein schöneres Thema als die Liebe, oder? Egal, wie sie verpackt ist, sie wird wohl immer der Renner bleiben, weil sich insgeheim doch jeder nach Liebe und leidenschaftlichem Sex sehnt. Und wenn man das alles im wahren Leben nicht haben kann, holt man es sich in seine Gedankenwelt, damit man wenigstens davon träumen kann. Gerade in unserer schnelllebigen Zeit, wo sich alles nur auf die Arbeit konzentriert und es immer schwerer wird, in dieser hektischen Welt einen Partner zu finden – weil auch die Ansprüche immer größer werden, je älter man wird –, greifen bestimmt viele auf Liebesgeschichten zurück. Oder, weil es einfach immer wieder schön ist zu lesen, wie zwei Menschen zueinander finden.
Wird es weitere Folgen von »Shadows of Love« aus Ihrer Feder geben?
Das weiß ich aktuell noch nicht, da ich einen sehr vollen Terminkalender habe. Meine Muse ist in dieser Hinsicht ein Sadist: zu viele Ideen, zu wenig Zeit. Es hat auf jeden Fall großen Spaß gemacht, den ersten Teil der Reihe zu schreiben, und Nathan und Mia sind mir sehr ans Herz gewachsen.