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Michael Horeni

Michael Horeni, geboren 1965, hat in Frankfurt Politologie studiert. Seit 1989 ist er in der Sportredaktion der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung«, seit 2008 als Sport-Korrespondent in Berlin. Wie wenige andere blickt er hinter die Kulissen der deutschen Fußballwelt und ihrer Strippenzieher.

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Interview

Im Interview: Michael Horeni über sein Jugendbuch "Asphaltfieber" | 12.05.2016

Herr Horeni, können Sie die Geschichte, die Ihr neues Jugendbuch „Asphaltfieber“ erzählt, kurz zusammenfassen?Es geht um die eigentlich ganz unwahrscheinliche Freundschaft von Sammy und Dani, die beide aus Berlin kommen, aber doch in unterschiedlichen Welten leben. Sammy schlägt sich mit seiner alle...

Herr Horeni, können Sie die Geschichte, die Ihr neues Jugendbuch „Asphaltfieber“ erzählt, kurz zusammenfassen?
Es geht um die eigentlich ganz unwahrscheinliche Freundschaft von Sammy und Dani, die beide aus Berlin kommen, aber doch in unterschiedlichen Welten leben. Sammy schlägt sich mit seiner alleinerziehenden, schwer angeschlagenen Mutter und zwei kleinen Brüdern im schwierigen Stadtteil Neukölln durch. Dani kennt zwar seinen Vater nicht, wächst aber im Luxus und wohlbehütet im noblen Dahlem auf. Der Fußball führt die Jungs schließlich zusammen, vor allem der Käfig-Fußball und das Käfig-Team „Street Kings“, das um den Berliner Käfig-Cup spielt. Sammy und Dani sind Superkicker, aber auch Rivalen, bis sie erkennen, dass sie sich wunderbar ergänzen: nicht nur im Käfig, sondern auch im richtigen Leben.
Es geht also primär um Käfigfußball… Warum kicken Sammy und Dani nicht auf dem Fußballrasen?
Die Jungs spielen auch in der Berliner Liga in einer „normalen“ Mannschaft, aber der Käfig-Fußball ist etwas ganz Besonderes, vor allem in Berlin hat er große Bedeutung. Da geht es wilder, härter, ruppiger, direkter und schneller zu als auf dem Rasen. Auf dem Asphalt kann sich niemand verstecken. Der Käfig ist damit so etwas wie die Essenz des Fußballs. Auch Weltmeister wie Jérôme Boateng oder Mesut Özil sind durch den Käfig groß und immer besser geworden.
Wie sind Sie bei der Recherche für das Buch vorgegangen? Waren Sie in Berlins „Käfigen“ unterwegs?
Ja, ich habe mir viele Käfige in Berlin angeschaut, vor allem die in der Szene bekannte Plätze mit den besten Kickern. In jedem Viertel, in jedem Kiez gibt es diese Käfige. Jeder hat seine Besonderheit, jeder hat auch seine eigenen, ungeschriebenen Regeln. Straßenfußballer sind in Deutschland ja leider ausgestorben – ihre Nachfolger sind die Kicker aus dem Käfig. Denn da lernen sie Dinge, die sie auf einem normalen Fußballplatz nicht lernen.
Ihr letztes Buch „Die Brüder Boateng – Drei deutsche Karrieren“ handelt vom Leben und vom Fußballspiel der Boateng-Brüder. Die Brüder haben den Grundstein für ihre Fußballprofi-Karriere in einem Fußballkäfig gelegt. Wie sehr hat Sie deren Geschichte für das Buch „Asphaltfieber“ inspiriert?
Mich hat vor allem der Käfig fasziniert, als realer Heimatort für Jugendliche, aber auch als symbolischer Ort. Im Käfig muss sich jeder dem Kampf stellen. Und so ist der Käfig auch Symbol für den Kampf im Leben. Neben der Härte und Wildheit gibt es im Käfig riesige Spielfreude, Kreativität und Freiheit. Das alles macht den Käfig aus. Da können Jungs und auch Mädchen über Stunden alles um sich herum vergessen, ganz egal, wie groß ihre Sorgen und Nöte auch sein mögen. Und es ist ganz egal, wo du herkommst.
Was macht für Sie den großen Unterschied beim Schreiben eines Buches für Erwachsene und für Jugendliche aus? Was fällt Ihnen leichter?
Ich fürchte, junge Leser sind die kritischsten Leser. Wenn sie ein paar Seiten langweilig finden, hat man wenig Chance, dass sie dabeibleiben. Vor allem Jungs lesen ja oft nicht viel, gegenüber Mädchen haben sie im Alter von 15 Jahren mitunter ein Jahr Rückstand in der Lesefähigkeit. Ich wünsche mir, durch so ein Jugendbuch – das über Fußball auch von all den Konflikten, Ängsten, Nöten und den herrlichen Seiten des Großwerdens in einer Großstadt erzählt – vor allem die Jungs auch fürs Lesen zu gewinnen. Das ist definitiv schwerer.
In „Asphaltfieber“ kommen die Spieler alle aus anderen Kulturkreisen. Sammy aus Neukölln und Dani aus Dahlem könnten unterschiedlicher nicht sein und trotzdem werden sie Freunde. Glauben Sie, der Fußball kann in der Realität auch Brücken zwischen unterschiedlichen Kulturen bauen?
Vor allem habe ich seit Jahren selbst Jugendliche zu Hause, und die bringen natürlich auch ihre Freunde mit. Da höre ich natürlich, wie sie sprechen. Auch, wie sie über Fußball reden. Und für die FAZ-Sonntagszeitung habe ich zwei Jugendspieler von Hertha BSC für eine Langzeitreportage fünf Jahre lang begleitet, im Alter von 13 bis 18. Da war ich schon nah dran. Einzelne Slangbegriffe wie „Dicker“ sind dabei gar nicht so wich-tig, es kommt mehr auf den richtigen Sound an.
Die Jungs im Buch sprechen oft in einem sehr jugendlichen Slang miteinander – sie reden sich z.B. mit „Alter …“ und „Dicker …“ an. Haben Sie mit Jugendlichen zusammengesessen oder gar Fußball gespielt, um deren Sprachstil zu lernen?
Vor allem habe ich seit Jahren selbst Jugendliche zu Hause, und die bringen natürlich auch ihre Freunde mit. Da höre ich natürlich, wie sie sprechen. Auch, wie sie über Fußball reden. Und für die FAZ-Sonntagszeitung habe ich zwei Jugendspieler von Hertha BSC für eine Langzeitreportage fünf Jahre lang begleitet, im Alter von 13 bis 18. Da war ich schon nah dran.
Richtet sich Ihr Buch speziell an (Käfig-)Fußballspielende Jugendliche oder ist das Buch auch für Sportmuffel geeignet?
Es ist ein Jugendroman, kein reines Fußballbuch. Wesentliche Themen in „Asphaltfieber“ haben mit Fußball erst einmal nichts zu tun, sondern mit dem Leben: Armut, Vernachlässigung, Vertrauen, Freundschaft, Alkohol, Kriminalität, Chancenlosigkeit, Träume. Aber natürlich werden Mädchen und Jungs, die Fußball mögen, leichter Zugang finden. So soll es ja auch sein, denn diese Geschichte dreht sich eben um Fußball.
Wenn Sie keine Bücher schreiben, sind Sie Sport-Redakteur bei der FAZ. Sind Sie dort auf den Bereich Fußball spezialisiert?
Ja, das ist ganz klar mein Schwerpunkt. Seit dem Jahr 2000 bin ich zuständig für die Berichterstattung über die deutsche Nationalmannschaft, bei Welt- und Europameisterschaft bin ich seit über zwanzig Jahren dabei. Zudem beschäftige ich mich intensiv mit den gesellschaftspolitischen Aspekten des Fußballs und der Nachwuchsarbeit in Deutschland und Europa.
Konnten Sie beim Schreiben Ihres aktuellen Buches von der Arbeit als Sport-Redakteur profitieren?
Durch die Langzeitreportage über die beiden Jugendlichen ist überhaupt erst die Idee für dieses Buch entstanden. Auch die vielen Details über Fußball, die exakten Beschreibungen des Spiels und der Spielverläufe sind untrennbar mit meiner Arbeit als Sportjournalist verbunden. Das hat mir sehr geholfen.
Was empfehlen Sie Jungs und auch Mädchen, die den großen Traum haben Profi-Fußballer/ innen zu werden?
Immer daran glauben und hart an sich arbeiten. Natürlich muss man Talent haben. Aber Fleiß und der Wunsch, immer besser werden zu wollen, sind noch wichtiger.
Und zu guter Letzt: Wir starten bald in die Fußball-EM. Ihr Tipp: Wer wird in diesem Jahr Fußball-Europameister?

Na, wer wohl? Deutschland natürlich. Aber bei Tipps liege ich meistens daneben.

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