Katrin Klewitz - Autor
© Dominik Kappelmeier

Autorin

Katrin Klewitz

Die Kampfchoreografin Katrin Klewitz wurde 1981 in Ingolstadt geboren. Als Jugendliche absolvierte sie in München eine Schauspielausbildung. Mit 24 Jahren ließ sie sich von Bret Yount zur Kampfchoreografin ausbilden. 2008 wurde ihr eine Dozentenstelle für Bühnenkampf und Rollenarbeit an der Hochschule in Karlsruhe geschaffen. Sie entwirft Choreografien für Opern und Theaterstücke und hält Seminare u. a. an der TU München. Zudem ist sie Fahrlehrerin und akkreditierter „Professional Field Guide“.

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Interview

"Erreichen möchte ich die moderne Hausfrau und Mutter genauso wie die junge Anführerin oder die erfahrene Geschäftsfrau." | 04.09.2020

Katrin, Klewitz, Ihr neues Buch heißt „So sehen Siegerinnen aus“ – wie sehen sie denn aus?Rund, schlank, groß oder klein – auf alle Fälle mit einem kecken Lächeln im Gesicht, standhaft. Sie haben freche, blitzende Augen, in denen die Freude an der Herausforderung und einem guten, ehrenvollen Schlag...

Katrin, Klewitz, Ihr neues Buch heißt „So sehen Siegerinnen aus“ – wie sehen sie denn aus?
Rund, schlank, groß oder klein – auf alle Fälle mit einem kecken Lächeln im Gesicht, standhaft. Sie haben freche, blitzende Augen, in denen die Freude an der Herausforderung und einem guten, ehrenvollen Schlagabtausch steht.
Worum geht es im Buch?
Darum, dass ein Konflikt nicht per se etwas Schlechtes ist, sondern erstmal nur eine Grenze aufzeigt. Diese Grenze können wir überschreiten, verteidigen oder auflösen. Es geht um Emotionen, die wir oft als negativ empfinden, wie z.B. Wut, und wie wir diese als Kraft verwenden können, um vorwärts zu kommen. Wie setzen wir uns Ziele und treffen starke Entscheidungen?
Und es geht darum, wie wir mit einem einzigen Schritt oder allein unserer Haltung antworten – anstatt diesem einen gescheiten Satz hinter her zu trauern, der uns mal wieder nicht rechtzeitig eingefallen ist.
Sie sind eine professionelle Kampf-Choreographin – wie kann man sich diesen Beruf vorstellen?
Ich bringe Leuten bei, wie sie sich auf der Bühne mit Schwert, Schild, Rapier, Dolch, Messer oder den bloßen Fäusten eines auf die Rübe hauen. Am Ende darf der Kampf weder Schauspieler noch Publikum gefährden und trotzdem soll alles echt aussehen.
Dafür reicht die reine Technik nicht. Es geht immer auch darum, was hinter dem Kampf steckt. Wie ist es, wenn es um Leben und Tod geht? Warum reagiert der Charakter angriffslustig, aggressiv oder verzweifelt? Welche Waffe wählt er? Wo liegen seine Ängste, wo seine Stärken? Auch diesen teils sehr heftigen und emotionalen Prozess für die Schauspieler betreue und begleite ich.
Und wie steht Ihre Arbeit im Zusammenhang mit dem Thema Ihres Buchs?
Ich habe in meiner Arbeit festgestellt, dass die Muster, die einen Kampf oder Konflikt erst glaubhaft für das Publikum machen, ständig im Alltag zu finden sind. Wir sind nur oft nicht in der Lage, uns das zunutze zu machen. Auf der Bühne erzählen Darsteller manchmal mit nur einer minimalen Geste eine dramatische Wendung. Ich habe diese Erkenntnis einfach umgedreht und im Alltag anwendbar gemacht.
Ein Beispiel: Ich werde provoziert. Der Superheld im Film würde überlegen lächeln und den Provokateur ignorieren. Im Alltag sind wir aber oft überrumpelt, suchen nach Worten – und schleichen am Ende mit dem Kopf zwischen den Schultern davon. Wir könnten uns aber etwas vom Superheld abgucken, es ist uns nur nicht bewusst. Hier setzt mein Buch und mein Training in den Seminaren an.
Was hat Sie selbst stark gemacht?
Das Leben als Kind auf einem Einödhof, die frühe Auseinandersetzung mit dem Tod, Konflikte mit anderen Menschen, der anhaltende Fünfer in Mathe. Projekte im Beruf, bei denen ich dachte: dass schaffe ich ja nie! Der Satz meiner Mutter beim Skifahren, immer nur an die nächste Etappe und nicht den ganzen Berg zu denken. Der freudige Schlagabtausch mit meinem Vater – mit Degen oder Mundwerk. Die Zeit im afrikanischen Busch. Und natürlich Spinat!
Was waren für Sie weibliche Vorbilder in der Jugend?
Aschenbrödel aus dem Märchenfilm „Drei Nüsse für Aschenbrödel“. Die reitet, schießt, jagt und ärgert den Prinzen! Ihre Freunde: ein Pferd, ein Hund und der alte kauzige Knecht. Das kleine Geschenk, über das jeder andere nur schmunzelt, die drei Nüsse, würdigt sie. Und genau aus dieser Kleinigkeit heraus erwächst etwas Magisches, etwas Großes. Sie ist verbunden mit den Wesen um sich herum, verrichtet geringste Arbeiten und hat von Beginn an trotzdem eine königliche Würde. Das hat mir gefallen.
Was sind heute in Ihren Augen inspirierende Beispiele für starke Frauen?
Es gibt so viele tolle Frauen!
Alleinerziehende Mütter, Frauen die ihren Kindern beibringen, stark und autark sein zu dürfen und sich nicht ins Bockshorn jagen lassen. Jane Goodall, Ruth Bader Ginsburg, Katherine G. Johnson, Dorothy Vaughan, … die Liste ist lang. Oder die „Black Mambas“, die gegen Wilderei in Südafrika kämpfen. Sie sind sehr erfolgreich und das ohne Schusswechsel. Stattdessen gehen sie in die Dörfer, um mit den Frauen zu sprechen und über diese Frauen die Männer zu erreichen. Dennoch braucht man ihnen als Wilderer nicht in die Quere zu kommen, sie beherrschen ihr Handwerk.
Zusammengefasst: Eine jede Frau, die aufsteht und versucht ihr Ding zu machen! Und natürlich jeder Mann, der das gleiche tut.
Warum fallen Frauen trotz solcher Vorbilder immer wieder in eine vergleichsweise bescheidene, nachgiebige Haltung zurück?
Wir Frauen verwechseln oft selbstsicheres Auftreten mit einer „Hoppla, jetzt komm ich“- Haltung, die wir ungern einnehmen wollen. Viele von uns haben auch als Mädchen zu oft gehört: „Nimm dich nicht so wichtig! Lass das mal den … machen.“ Jetzt stehen wir daneben, wollen mitspielen, haben aber nie gelernt wie.
Wenn wir dann eine erfolgreiche Frau in unserem Umfeld entdecken, denken wir schnell; „Ja klar, die kann das. Die sieht gut aus, ist selbstsicher. Aber ich, ich kann das eh nicht.“ Was Blödsinn ist, denn die andere Frau denkt sich oft: „Mist, warum kommen denn die anderen Frauen nicht dazu?“ Hier möchte ich gern die Brücke schlagen und Verbindungen schaffen.
Sie unterscheiden im Buch verschiedene Typen von Frauen. Können Sie das ein bisschen erklären?
Konfliktfähigkeit wird oft mit Schlagfertigkeit verwechselt. Die unterschiedlichen Archetypen zeigen auf, dass es auch lautlose Wege gibt, ans Ziel zu kommen und das nicht immer was mit Schlagfertigkeit zu tun hat. Ich möchte auch die leisen Kämpferinnen ansprechen, z. B. den Typ der Kampfelfe, die gar nicht in die offene Konfrontation geht. Sie leitet die Kraft des Gegners um. Oder die Jägerin, die vor allem ihr gutes Gespür und eine ausgeprägte Intuition für sich nutzt.
Welcher Typ sind Sie?
Ich denke mittlerweile, eine Mischung aus allen. In meiner Jugend war ich eher eine unerfahrene Kriegerin. In England während meiner Ausbildung wurde ich zur Knappin: zuhören und die Waffen putzen. Der afrikanische Busch hat mir die Jägerin und Schützin nähergebracht. Die Kampfelfin hat mir in der Regiearbeit oft genützt und sich dort auch entwickelt. Langsam kommt die Ritterin zum tragen. Das ist ein Geschenk für mich, da ich anfangen darf und kann, mich für andere einzusetzen, ohne dass ich dadurch mein Gleichgewicht oder meinen Fokus verliere.
Für wen haben Sie „So sehen Siegerinnen aus“ geschrieben?
Für alle, die sich auf ihre Art und Weise mehr durchsetzen wollen. Es ist für Menschen, die eine Vision haben, aber sich nicht heraus trauen aus alten eingefahrenen Mustern, aus Angst vor möglichen Widerständen und vermeintlichen Verlusten. Mit meinem Buch lassen sich Konflikte und Provokationen als Wachstumsstufen erkennen. Man kann sogar Freude an einer Auseinandersetzung finden!
Was und wen würden Sie gern erreichen?
Ich möchte erreichen, dass die Menschen den Mut haben, aufzustehen für das, was ihnen am Herzen liegt – auch wenn der ein oder andere Konflikt damit verbunden ist. Das Leben findet im Miteinander und manchmal eben auch im Gegeneinander statt, bevor es überhaupt ein Miteinander werden kann. In einer Auseinandersetzung findet man vielleicht sogar einmal seinen besten Freund.
Erreichen möchte ich die moderne Hausfrau und Mutter genauso wie die junge Anführerin oder die erfahrene Geschäftsfrau, die vielleicht wieder etwas mehr Feingefühl sucht. Ein jeder trägt in sich, wohin er möchte. Sich durch das Gestrüpp bis hin zur Erfüllung zu kämpfen, auf diesem Weg möchte ich gerne Begleiter sein. Es fällt einem nichts in den Schoß. Und für etwas einzustehen und immer wieder dafür auch aufzustehen zu müssen, ist etwas sehr Schönes. Es lohnt sich!
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