Tag 11/12: Die Ehefrau

Barbara Follett

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Barbara Follett im Interview

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Welches war der erste Ken-Follett-Roman, den Sie je gelesen haben?

Der erste Roman war „Die Nadel“, und den habe ich gekauft, weil ich Ken auf einer Sitzung der Labour Party kennengelernt hatte, und ich fand ihn so schwierig und so arrogant, dass ich dachte, ich besorge mir besser mal eines seiner Bücher und schaue mir an, wie das ist. Und ich fand es großartig. Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen und gelesen. Und am nächsten Morgen habe ich ihn angerufen und gesagt: „Also, schreiben können Sie.“ Und er hat geantwortet: „Ja ...“ Und ich habe gesagt: „Würden Sie unseren Newsletter für die Labour Party schreiben?“ Meine Frechheit kann ich bis heute nicht fassen. Er hat es aber getan.

Sie haben Ihren Mann in den achtziger Jahren kennengelernt. Haben Sie damals geahnt, wie erfolgreich er mit seinen Büchern werden würde, dass er weltweit ein Superstar unter den Autoren werden würde?

Wissen Sie, darüber habe ich niemals nachgedacht. Ich war politisch so sehr engagiert. Ich war stolz auf ihn, weil er ein so guter Autor und ein so berühmter Autor war, aber was für mich am meisten zählte, war die politische Arbeit, die er zusammen mit mir leistete, und dass er mir dabei half, Reden zu schreiben und Wahlkampagnen zu organisieren. Erst sehr viel später habe ich angefangen, ihn in einem anderen Licht zu sehen, als Schriftsteller.

„Die Säulen der Erde“ war damals noch nicht veröffentlicht worden. Als er seinem Agenten und seinen Verlegern mitteilte, dass er einen Roman über die Erbauung einer Kathedrale im Mittelalter schreiben würde, sträubten sich seine Verleger dagegen und hielten es für riskant, das Genre zu wechseln. Wie verhielt es sich bei Ihnen? Haben Sie gesehen, welches Potential dieses Buch hatte?

Das habe ich in der Tat gesehen, weil ich seinen Enthusiasmus sah, für Kathedralen und für alles, was mit einer Kathedrale und mit der Erbauung einer Kathedrale zu tun hat. Aber seine Verleger waren so dagegen. Sie haben mich allein aufgesucht und gefragt, ob ich ihn davon abbringen könnte, und ich habe gesagt: „Nein, das mache ich nicht“, und dass es mir im Traum nicht einfallen würde, ihn davon abzubringen, weil es meiner Ansicht nach ein großartiges Buch werden würde. Und das wurde es auch.

Die weiblichen Figuren Ihres Mannes sind starke und mächtige Frauen. In Interviews sagt er immer, dass er von solchen Frauen umgeben ist. Wie viel Barbara Follett steckt in seinen Figuren?

So peinlich es auch ist, manchmal zu viel. Ken nimmt sich Scheibchen von real existierenden Menschen und baut daraus dann eine Figur, ich erkenne manchmal riesige Brocken von mir wieder, blamable, unleidliche Brocken von mir, aber ich war ungemein stolz, als er mir „Die Tore der Welt“ gewidmet hat, denn die Figur der Caris ist ein guter Mensch.

Spricht Ken mit Ihnen über seine weiblichen Protagonisten?

Er spricht mit mir über all seine Figuren, im Detail, wie sie aussehen, was sie empfinden würden, wie sie aufeinander reagieren würden und manchmal sage ich dann Dinge wie „Eine Frau würde das niemals sagen“ oder „Eine Frau würde so etwas nie tun“ oder „Eine Frau würde das hier tun“, aber im Großen und Ganzen äußere ich mich zu allen Figuren.

Wenn Ken die ersten Ideen für ein neues Buch hat, spricht er dann sofort mit Ihnen darüber, oder behält er diese Dinge für sich und spricht erst darüber, wenn er seine neue Story gefunden hat?

Es ist fast immer so, dass er von Anfang an mit mir darüber spricht. Und in der Regel schreibt er zu diesem Zeitpunkt am letzten Drittel des Buches davor. Und dann sagt er: „Ich habe überlegt ...“, und ich denke: „Ha, hier kommt das neue Buch“. Und manchmal bekommt er seine Ideen durch ein Bild, manchmal bezieht er sie aus einer Story in den Nachrichten, manchmal aus einer Geschichte, die ein Freund ihm erzählt hat. Ich erinnere mich, dass er mal auf dem La Guardia Airport stand und auf die Wandmalereien gestarrt hat, die fliegenden Vögel, und daraus wurde „Nacht über den Wassern“.

Sind Sie sein erster Leser?

Seit ich nicht mehr im Parlament bin, ja. Als ich noch im Parlament war, war das natürlich nicht möglich, ich hatte dazu einfach nicht die Zeit. Doch jetzt bin ich sein erster Leser und vermutlich die erste Person, mit der er über seine Ideen spricht.

Sie begleiten Ihren Mann auf Recherchereisen. Was war die ausgefallenste Reise, die Sie je unternommen haben?

Also, das war die nach Loch Leven in Schottland, als wir da zum Bootshaus kamen, erklärte man uns: „Sie können nicht auf die Boote, weil das Wetter zu schlecht ist, ein zu starker Wind geht“, und es gelang mir, sie dazu zu bewegen, uns doch auf die Insel zu bringen. Und auf halbem Weg dachte ich: „Das war ein Fehler. Wir werden im Wasser enden, mit einer Fernsehkamera und einem sehr nassen Ehemann“, aber wir sind drüben angekommen. Es hat während der gesamten Reise geregnet, und es hat bei jedem seiner Schlossbesuche geregnet, doch es war ausgesprochen gutes Filmmaterial, und ich fand es großartig, dorthin zu fahren, ich fand es großartig, auf dem Wasser zu sein. Es gibt aber bei jeder unserer Reisen etwas, das irgendwie anders, irgendwie neu ist, und es ist ein gewaltiges Privileg, in Kathedralen hinter die Kulissen schauen zu dürfen und sich beispielsweise die Zeichnungen des Steinmetzes anzuschauen, auf dem Fußboden der Steinmetz-Unterkunft einer gewaltigen Kathedrale wie Winchester.

Was für eine Art von Autor ist Ken zu Hause? Ist er einer, der den ganzen Tag in seinem Buch lebt, oder kann er abschalten, wenn er die Arbeitszimmertür hinter sich schließt?

Ich kenne niemanden, der besser abschalten kann als er, und außerdem darf man ihn jederzeit unterbrechen. Kinder, Hunde, Probleme, das Aufbrühen einer Tasse Tee. Seine erste Stellung hatte er in einer Nachrichtenredaktion, und da muss man in der Lage sein weiterzuarbeiten, nachdem man unterbrochen wurde. Und er kann das ausgesprochen gut. Nur gelegentlich, äußerst selten, kommt er nicht weiter und dann läuft er etwa zehn Minuten die Treppe rauf und runter und schaut in die Ferne und spricht mit niemandem, dann ist das vorbei.

Das Follett Office ist im Laufe der Jahre eine große Firma geworden, Sie sind der CEO. Könnten Sie Ihre Arbeit wohl bitte umreißen?

Ich glaube, der Hauptteil meiner Arbeit besteht daraus sicherzustellen, dass Kens Frontlist – das sind die Bücher, die er gerade geschrieben hat und als nächstes schreiben wird – zu einem guten Preis und zu guten Bedingungen verkauft werden. Und mich des Weiteren um die Backlist zu kümmern und dafür Sorge zu tragen, dass die genutzt und weiterentwickelt wird, vor allem bei der derzeitigen Jagd nach Inhalten, um sie in visuelle Inhalte zu verwandeln, das ist extrem wichtig geworden. Darüber hinaus habe ich mit Hilfe des wundervollen Teams, das ich habe, dafür zu sorgen, dass wir die Werbetrommel für seine Bücher rühren, seine Handelsmarke erhalten und seine Publicity-Touren so gut wie möglich organisieren, damit sie ihm Spaß machen. Sie müssen sich vor Augen halten, dass er den ganzen Tag in einem Zimmer mit Menschen verbringt, über die er komplette Kontrolle hat, und wenn Sie ihn dann plötzlich auf die Straße schubsen, wo Menschen aus Fleisch und Blut sind, über die er keine Kontrolle hat, kann das ein ziemlicher Schock sein.

Ist einer von Kens Romanen Ihr Lieblingsbuch?

„Die Tore der Welt“. Als er mir das gewidmet hat, war ich zutiefst gerührt, weil es unsere Ehe so sehr gut beschreibt.

Ihr Mann hat so viele historische Romane geschrieben. Wenn Sie Gelegenheit hätten, für einen Tag eine Zeitreise zu unternehmen, für welche seiner Kulissen würden Sie sich entscheiden, und was würden Sie hoffen, dort zu erleben?

Nun, der Publicity Manager in mir sagt, ich muss über das aktuelle Buch sprechen, „Das Fundament der Ewigkeit“, und die Wahrheit ist, es ist „Das Fundament der Ewigkeit“. Ich würde liebend gern ins elisabethanische London reisen, ich würde liebend gern Elizabeth I. kennenlernen. Sie war die Frau, der es gelungen ist, Großbritannien besser als jeder der Männer vor ihr zu führen, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht, sie hat die Währung stabilisiert, sie hat die Inflation beseitigt, und das ist etwas, was der Wirtschaftswissenschaftler in mir liebend gern tun würde.

Barbara Follett
© Olivier Favre

Kurzbiografie

Barbara Follett, 1942 in Kingston, Jamaika, geboren, ist eine britische Politikerin (Labour Party), die von 1997 bis 2010 Mitglied des Parlaments (MP) für Stevenage war. Mit Ken Follett ist sie seit 1985 verheiratet, das Paar hat fünf Kinder und sechs Enkelkinder.

Mehr Informationen über Barbara Follett erhalten Sie auf: https://www.barbara-follett.org.uk/home/index.html.

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