Tuomas Oskari - Autor
© Jonne Räsänen

Autor

Tuomas Oskari

Tuomas Oskari, geboren 1980, ist das Pseudonym von Tuomas Niskakangas. Er ist Politik- und Wirtschaftsjournalist bei Finnlands größter überregionaler Tageszeitung und war viele Jahre als Auslandskorrespondent in den USA tätig. Der dystopische Wirtschaftsthriller TAGE VOLLER ZORN ist sein viel beachtetes und preisgekröntes Romandebüt. Von der Literaturkritik seines Landes wurde der Thriller durchweg begeistert aufgenommen und ein Bestseller. Er beschreibt darin auf hochspannende Weise und zugleich sehr fundiert die Gefahren, denen demokratische Gesellschaften aktuell ausgesetzt sind.
Tuomas Oskari lebt und arbeitet in Helsinki.

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Interview

Packender Polit-Thriller aus dem Norden Europas | 16.08.2022

Als Leo Koski am Samstagmorgen aufwacht, bereitet ihm nicht nur sein Kater Kopfschmerzen, sondern auch die attraktive, nackte Frau, die neben ihm im Bett liegt. Sie ist eine der bekanntesten Fernsehjournalistinnen Finnlands, noch dazu verheiratet. Und er Ministerpräsident, der mit ihr die Nacht im S...

Als Leo Koski am Samstagmorgen aufwacht, bereitet ihm nicht nur sein Kater Kopfschmerzen, sondern auch die attraktive, nackte Frau, die neben ihm im Bett liegt. Sie ist eine der bekanntesten Fernsehjournalistinnen Finnlands, noch dazu verheiratet. Und er Ministerpräsident, der mit ihr die Nacht im Schlafzimmer in der oberen Etage seines Amtssitzes verbracht hat. Davon sollte besser niemand erfahren, die Presse würde sich wochenlang das Maul zerreißen und ein Skandal könnte ihn unwiederbringlich jegliches Vertrauen kosten. Aber die Journalistin unbemerkt aus seiner Residenz zu schleusen, ist noch sein kleinstes Problem. Koski weiß nicht, ob er die nächsten 24 Stunden überleben wird: Finnland leidet schwer unter der weltweiten Wirtschaftskrise, seine Regierung hat einen massiven Verlust an Zustimmung erlitten, die Gilde eines konservativen Clubs einflussreicher Wirtschaftsführer, der Koski seinen Aufstieg zu verdanken hat, zieht ihre Unterstützung zurück und die Opposition hat am nächsten Tag eine Großdemonstration geplant, die der größte Massenprotest aller Zeiten auf finnischem Boden zu werden verspricht.

Dies ist das brisante Setting von TAGE VOLLER ZORN. Der packende politische Thriller aus dem Norden Europas stand drei Monate lang in den Top Ten auf der finnischen Bestsellerliste. Das Hörbuch erhielt den „BookBeats Award“, ein Preis, der Neuerscheinungen verliehen wird, die die meiste Zahl der Hörer und die besten Kritiken bekommen haben. Auch die Filmrechte hat sich schon eine finnische Produktionsfirma gesichert.

Wirtschaftsjournalist aus Helsinki

Sechs Jahre lang hat Tuomas Oskari an seinem Debüt geschrieben. Oskari ist der zweite Vorname des finnischen Autors, sein eigentlicher Nachname Niskakangas, so sagt er, sei für Ausländer ein wenig kompliziert, diese Erfahrung habe er während seiner Zeit als Korrespondent in den USA gemacht. Seit seinem Studium an der Helsinki School of Business, die heute Aalto Universität heißt, arbeitet er als Wirtschaftsjournalist für Helsingin Sanomat, der größten Tageszeitung Finnlands. Aus Washington, wo seine Tochter und sein Sohn geboren wurden, berichtete er während Obamas Präsidentschaft, vier Jahre lang von 2010 bis 2014. Seither lebt er mit seiner Familie in Kalasatama, einem neuen Wohngebiet an der Küste in der Nähe des Stadtzentrums von Helsinki. „Als ich ein Kind war”, sagt Oskari, „war dies ein Hafen voller Container, aber jetzt ist es einfach ein wunderschöner Stadtteil. Auf der anderen Seite der Bucht kann ich die älteren Stadtteile sehen, in denen sich der Großteil von TAGE VOLLER ZORN abspielt.”

Das Worst-Case-Szenario

Die Idee, einen Thriller zu schreiben, entstand nach seiner Rückkehr aus Finnland. Während er in den Vereinigten Staaten arbeitete, wurde er ziemlich pessimistisch, was den Zustand der Demokratie und des Kapitalismus anging. „Schon damals machte ich mir Sorgen um die Wirtschaft und dass unsere Lebensweise zunehmend von Schulden und dem Gelddrucken der Zentralbanken abhängig ist. Ich konnte mir gut vorstellen, wie die Wirtschaft durch Finanzkrisen im schlimmsten Fall zusammenbrechen würde. Außerdem war der Populismus in vielen westlichen Ländern bereits auf dem Vormarsch. So begann ich, mir ein Worst-Case-Szenario auszumalen, in dem eine Wirtschaftskrise, die Konzentration von Reichtum und das damit verbundene Gefühl von ökonomischer Ungleichheit in der nahen Zukunft eine Kette von beängstigenden Ereignissen auslösen.“

TAGE VOLLER ZORN spielt 2027, in einem Finnland, in dem das Platzen der Schuldenblase und eine tiefe Rezession der letzten Jahre den nordischen Wohlfahrtsstaat zum Einstürzen bringen. Arbeitslosigkeit und Überalterung der Bevölkerung haben zu sinkenden Steuereinnahmen geführt. In den Städten entstehen erste Slums. Die soziale Sicherheit ist auf Null reduziert, denn gleichzeitig setzt eine massive Kürzung der Arbeitslosenhilfe und anderer Sozialleistungen ein. Die Mittelschicht existiert fast nicht mehr, die Anhäufung von Vermögen durch das reichste Prozent der Bevölkerung hat sich vervielfacht, während die Zahl der Armen exponentiell zugenommen hat. Die Gesellschaft ist tief gespalten, was sich auch in der Parteienlandschaft niederschlägt. Leo Koski ist Premier einer rechts-konservativen Koalitionsregierung und sieht sich gezwungen, noch vor Jahresende bei den Sozialleistungen einen drastischen Kahlschlag vorzunehmen.

Gleichzeitig erlebt Finnland einen rasanten Aufstieg der Linken. Das Linksbündnis wählt an diesem Wochenende eine neue Vorsitzende, Emma Erola, eine junge, charismatische Frau. Auf dem Senatsplatz in der Hauptstadt ist eine große Kundgebung, die Rote Parade, vorbereitet worden, die mit dem Parteitag zusammenfallen soll. Aber reicht es für die Linke aus, einfach die Regierung zu stürzen?

Überraschende Wendungen

In seinem actionreichen Pageturner spinnt Oskari ein Netz von Geheimgesellschaften und politischen Machenschaften, wirtschaftlichen Eliten und gewalttätigen Strippenziehern. Hinter Leo Koski zieht die Gilde unter der Führung eines einflussreichen Lobbyisten der Regierungskoalition die Fäden, hinter Emma Erola steht ein geheimnisvoller Unterstützer, der mit drastischen Maßnahmen den Sturz der Regierung vorbereitet. Oskari versteht es, geschickt falsche Fährten zu legen und die Spannung zu steigern, während in immer neuen, überraschenden Drehs und Wendungen eine Verschwörung aufgedeckt wird, die Tausende von Menschenleben und die Zukunft des Landes kosten könnte.

Oskari hatte TAGE VOLLER ZORN schon geschrieben, als sich der Anschlag auf das Kapitol in Washington ereignete. „Doch während ich an dem Buch arbeitete, wurden die Themen meiner Geschichte noch aktueller. Finnland ist zwar eine der stabilsten Demokratien der Welt und vielleicht eines der am wenigsten wahrscheinlichen Länder, in denen das Szenario meines Buches in der Realität eintreten würde. Aber ich glaube, dass alle westlichen Demokratien mit den gleichen Problemen und Risiken konfrontiert sind, sowohl in der Wirtschaft als auch in der Politik, die unsere Demokratien anfällig für Instabilität machen könnten.“ Das Schreiben habe ihm großen Spaß gemacht. Nicht zuletzt wegen der intellektuellen Herausforderung, denn ein guter Thriller, so der Autor, müsse den Leser austricksen und Geheimnisse auf logische Art und Weise aufdecken. Oskari ist ein Fan von Dan Brown. „Seitdem ich den DA VINCI CODE gelesen habe, gehört der Amerikaner zu meinen Lieblingsautoren, weil er Fakten aus dem wirklichen Leben und Theorien mit Fiktion zu einem rasanten Thriller vermischt.“

Beim Schreiben seines eigenen Buches war es Oskari wichtig, dass die Fakten stimmten, auch damit ihm der Leser die Fiktion glaubt. „In meiner Geschichte steht sehr viel auf dem Spiel. Die Gesellschaft steht am Rande des Zusammenbruchs. Ich wollte nicht, dass der Leser das Gefühl hat, das sei alles nur meine Fantasie. Deshalb beruhen die Szenarien im Buch auf tatsächlichen Bedrohungen über die sich Menschen, die klüger sind als ich, Gedanken gemacht haben. Alle Ökonomen und Wirtschaftstheorien, die ich im Buch erwähne, sind real.“

Intensive Recherche

Jeden der Schauplätze in Helsinki – ob das Haus der Stände, das Regierungspalais oder den Versorgungstunnel unter der Stadtmitte – hat Oskari besucht. Bei seiner intensiven Recherche war es hilfreich, dass er als Journalist gute Kontakte zum Büro des früheren finnischen Premierministers Juha Sipilä hatte. Als der Premier von Oskaris Projekt hörte, gewährte er ihm sogar Zugang zu den Privaträumen in seiner Amtsresidenz, der Jugendstilvilla Kesäranta. Sogar zum Schlafzimmer, in dem der Held Leo Koski des Morgens in seinem Bett erwacht.

Nach dem Erfolg seines Erstlings hat der Autor seinen zweiten Thriller geschrieben, in dem viele Figuren wiederkehren und der im Spätherbst in Finnland erscheinen wird. Diesmal arbeitete er in Vollzeit an seinem Buch, was eine ganz neue Erfahrung für ihn war. „Ich verließ morgens das Haus, um zu schreiben, und kam früh zurück, um die Abende mit meiner Familie zu verbringen und ein normales Leben zu führen. Oder so normal, wie ein Leben sein kann, wenn man nur noch seinen Plot und Morde im Kopf hat.“

Interview

»Die Geschichte hat gezeigt, dass Demokratien zuerst von innen heraus zerfallen« | 05.09.2023

Herr Oskari, wo erwische ich Sie? Ich bin gerade zurück von einer Reise aus den USA und sitze nun in meinem Büro in Merihaka. Es ist ein winziger, schlichter Raum, aber ich habe einen tollen Blick über die Stadt Helsinki. IM STURM DER MACHT spielt im Jahr 2028 in Finnland, wohin Leo Koski, Hauptfigu...

Herr Oskari, wo erwische ich Sie?

Ich bin gerade zurück von einer Reise aus den USA und sitze nun in meinem Büro in Merihaka. Es ist ein winziger, schlichter Raum, aber ich habe einen tollen Blick über die Stadt Helsinki.

IM STURM DER MACHT spielt im Jahr 2028 in Finnland, wohin Leo Koski, Hauptfigur von TAGE VOLLER ZORN, zurückkehrt. Erzählen Sie uns von Ihrem neuen Thriller.

Leo Koski erhält eine Einladung nach Helsinki, um seiner Geliebten, die in ernsthafte Schwierigkeiten geraten ist, zu helfen. Seit Leos Flucht nach Spanien hat sich die politische Lage in Finnland verändert. Die Flüchtlingsströme sind angeschwollen, und Migranten aus Afrika werden in einem »Transitzentrum« auf einem ehemaligen Kreuzfahrtschiff im historischen Zentrum von Helsinki eingesperrt und festgehalten. Finnland steht kurz davor, der faschistischen Koalition beizutreten, die langsam die Europäische Union ablöst, mit Italien an der Spitze. Doch als die finnische Premierministerin ihren italienischen Amtskollegen zur Vertragsunterzeichnung begrüßt, wird sie von der Kugel eines Attentäters aufgehalten. Dieser Mord und die Ermordung des linksorientierten Präsidenten des Obersten Verwaltungsgerichts lösen eine rasante Abfolge von Ereignissen aus, die Leo in ihren Strudel ziehen.
Wie kam Ihnen die Idee zu diesem Setting?

Mein erster Thriller TAGE VOLLER ZORN spielte nach einer globalen Wirtschaftskrise. Die sogenannte Flüchtlingskrise ist eine natürliche Folge einer Wirtschaftskrise. Es gibt viele verschiedene, leidenschaftliche Meinungen zu diesem Thema, und es fiel mir leicht, das reale Konfliktpotential zur Grundlage eines Thrillers zu machen. Persönlich bin ich der Meinung, dass die Probleme der Flüchtlingskrise, die 2015 begann, nie endgültig gelöst wurden.

Das Szenario Ihres Buches ist fast prophetisch. Neben dem Aufschwung postfaschistischer Parteien in Europa ist seit dem 20. Juni auch die rechtspopulistische Partei der Wahren Finnen in der finnischen Regierung als zweitstärkste Kraft vertreten. Wie empfinden Sie die Tatsache, dass Ihre fiktive Wirklichkeit plötzlich real wurde?

Die jüngsten Ereignisse in Finnland spiegeln in vielerlei Hinsicht das Szenario in meinem Buch.Es überrascht mich nicht, dass ultranationalistische Politiker immer mehr Anhänger gewinnen. Es ist eine schwierige Zeit, in der wir uns mit einer Regierungspartei auseinandersetzen müssen, die Verbindungen zur Neonaziszene und rassistische Einstellungen hat.
Die stellvertretende Premierministerin Finnlands, Riikka Purra, propagiert offen rassistische Hetzbotschaften.
Dies besorgt mich. Wir haben es mit den Folgen der Polarisierung der Politik zu tun, die es gemäßigten Konservativen sehr schwer gemacht hat, mit den linken Parteien zusammenzuarbeiten. Daher haben sie die Unterstützung der extrem Rechten gesucht, und jetzt haben wir mit den Folgen zu kämpfen. Die Partei »Wahre Finnen« ist eine Mischung aus ganz unterschiedlichen Menschen: Einige sind vernünftige Konservative. Andere geschickte Populisten. Manche von ihnen sind bösartig und hasserfüllt, und es ist beängstigend zu sehen, wie viel Zustimmung sie bei den Wählern finden. Ich denke, dass die derzeitige Lage in Finnland nur ein kleiner Vorgeschmack auf die Zukunft Europas ist. Ich befürchte, es werden noch schlimmere Dinge auf uns zukommen.
»Finnlands Demokratie«, heißt es in Ihrem Thriller, »ist nur stark, weil sich alle Parteien an sie gebunden fühlen. Wenn aber eine Partei an die Macht käme, die an den Grundfesten der Demokratie rütteln wollte, böte das Grundgesetz keine Möglichkeit, dies zu verhindern.«

Das ist ein Fakt. Kari Kuusiniemi, unser Präsident des Obersten Verwaltungsgerichts in Finnland, hat gewarnt, dass die finnische Verfassung nicht stark genug ist, um die Rechtsstaatlichkeit zu schützen, sobald eine Regierungspartei die Gerichte schwächen möchte. Dies ist eine der Prämissen für mein Buch, auch wenn ich derzeit noch keine unmittelbare Bedrohung für die Demokratie sehe.
IM STURM DER MACHT zeichnet ein düsteres Bild der Zukunft, wenn Sie die Thesen des US-Historikers und Professors Benjamin Carter Hett zitieren. Teilen Sie seine Analyse zum »Tod der Demokratie«?

Die Geschichte hat gezeigt, dass Demokratien zunächst von innen heraus zerfallen. Zuerst fängt man an, Fakten zu verfälschen, dann schwächt man das Justizsystem. Danach beginnt die Nostalgie über die Vergangenheit, nach dem Motto »als noch Ordnung herrschte in der Welt«. So wird der Weg zum Faschismus geebnet. Zum Glück befinden wir uns noch in Phase eins. Unsere demokratischen Institutionen in Westeuropa sind im Allgemeinen recht stark. Als ich meinen Thriller schrieb, habe ich mir ein Worst-Case-Szenario vorgestellt.

Ihr Protagonist Leo Koski trifft auf Sara, die sich in die »Heimatgarde« einschleust, eine rassistische und rechtsextreme Organisation, die mit Unterstützung der Polizei einen Großanschlag plant. Sara studiert Geschichte und vergleicht die Gründe von Hitlers Machtergreifung mit der heutigen Situation.

Ich liebe es, aus der Geschichte zu lernen und Analogien zur Gegenwart zu ziehen. Ich denke, es lassen sich viele Parallelen zwischen dem Aufstieg der Nationalsozialisten und dem Aufstieg der heutigen Rechtspopulisten ziehen: Enttäuschung über die Parlamentspolitiker. Die Auswirkungen der Globalisierung und die dadurch entstehende Unsicherheit. Der technologische Fortschritt und seine Auswirkungen auf die Wirtschaft und das tägliche Leben der Menschen. Die Verzerrung von Fakten und das Ersetzen von Fakten durch Mythen.

Sie trauen sich, komplexe politische Ereignisse kurz und bündig darzustellen.

Sicherlich profitiere ich dabei von meiner Expertise als Politik- und Wirtschaftsjournalist. Ich schreibe seit fünfzehn Jahren für Helsingi Sanomat, die größte Tageszeitung Finnlands.
War Ihr journalistisches Handwerk hilfreich für das Schreiben von Büchern?
Ja, denn ich habe immer versucht, komplizierte Zusammenhänge zu verstehen und sie den Leser:innen so klar wie möglich zu erklären. Es ist für mich selbstverständlich, Fakten zu recherchieren und darauf basierend Artikel zu schreiben. IM STURM DER MACHT beschäftigt sich mit historischen und politischen Ereignissen. Dies bedeutete für mich: Lesen, lesen und nochmals lesen!

In einem Kapitel Ihres Buches streitet sich Sara mit ihrem Professor über Francis Fukuyama, US-Politikwissenschaftler und Direktor des Center for Democracy, Development and the Rule of Law. Wie bewerten Sie persönlich seine Theorie vom »Ende der Geschichte«?

Fukoyama postuliert die Überlegenheit der liberalen Demokratie nach dem Scheitern des Sowjetsystems. Der ideologische Entwicklungsweg der Menschheit, so sein Fazit, hätte mit dem westlichen demokratischen Gesellschaftsmodell seinen Endpunkt erreicht. Ich denke, diese Weltanschauung ist Wunschdenken. Menschen glauben allzu oft, dass etwas, was in den letzten zwanzig oder dreißig Jahren als wahr gegolten hat, für immer Bestand haben wird. In meinen beiden Büchern versuche ich, meine Leser:innen zum Nachdenken über jetzt bevorstehende Risiken anzuregen, über die wir uns in den letzten Jahrzehnten keine Sorgen gemacht haben.
In unserem letzten Interview, in dem es um Ihr Debut TAGE VOLLER ZORN ging, haben Sie mir erzählt, dass Sie hart am Plot gearbeitet hätten, da es ihr Ziel war, Leser und Leserinnen zu fesseln und zugleich zum Nachdenken anzuregen.

Niemand liest einen Thriller in erster Linie, um etwas über Politik oder Geschichte zu lernen. Ich musste einen ganz neuen Beruf erlernen. Als Thrillerautor wollte ich Spannung und Unterhaltung erzeugen. Ich bin ein Fan des Spannungs-Genres, wobei es mir als Leser besonders großen Spaß macht, wenn ich bei der Lektüre etwas Neues erfahre.

In Ihren Büchern setzen Sie geschickt falsche Spuren und steigern die Spannung durch überraschende Wendungen. Wie entwickelten Sie Plots?

Bei TAGE VOLLER ZORN hatte ich eine klare Vorstellung davon, wie die Geschichte beginnt. Beim Schreiben von IM STURM DER MACHT habe ich mich zunächst auf das Ende konzentriert. Ich wollte die Leser:innen überraschen und schockieren, aber auf logische Weise. Also habe ich einen Großteil vom Ende her geschrieben und mich bis zum Anfang vorgearbeitet.

In Ihrem Buch lernen wir auch die wunderschöne Stadt Helsinki kennen…

Das ist der Fun-Part beim Schreiben: vorher die Orte zu recherchieren! Um mir die Arbeit eines Scharfschützen vorzustellen, bin ich zum Glockenturm einer Kathedrale gegangen.

Sie meinen die russisch-orthodoxe Uspenski-Kathedrale, deren zwiebelförmige, vergoldete Kuppeln an den Roten Platz in Moskau erinnern?

Ja, sie steht neben einem Kanal auf einem hohen Felsen und wurde zu einer Zeit gebaut, als Finnland zum russischen Zarenreich gehörte. Auch andere Schauplätze habe ich besucht: Einen privaten Flughafenterminal, um beschreiben zu können, wie ein Milliardär in seinem Privatjet fliegt, oder ein Kreuzfahrtschiff, wo in IM STURM DER MACHT die Flüchtlinge eingesperrt werden. Allerdings bin ich nicht wie mein Attentäter unter Eis getaucht! Das wäre mir dann doch zu gefährlich gewesen.
Im Nachwort danken Sie Unterstützern, die zum Entstehen des Buches beigetragen haben, sowie »den wichtigsten Menschen, auf deren Beistand ich mich sowohl beim Schreiben als auch sonst immer verlassen kann.« Um wen handelt es sich?

Das ist meine Familie: Meine Frau Liisa, meine Tochter Stella und mein Sohn Rasmus. Sie sind meine große Stütze.

Während Ihres Sommerurlaubs mit der Familie haben Sie für Ihren nächsten Thriller recherchiert. Könnten Sie uns schon verraten, worum es gehen wird?
Ich will nur so viel dazu sagen: Es wird ein 24-Stunden-Thriller, in dem soziale und politische Spannungen explodieren werden. Ich habe von 2010 bis 2014 als US-Korrespondent in Washington DC gearbeitet und ein ganz besonderes Interesse für dieses Land. Der Populismus und die Konfrontation in Amerika unterscheiden sich nicht wesentlich von denen in anderen Ländern, sie könnten aber Auswirkungen auf die ganze Welt und die globale Sicherheit haben.
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